Mein Name sei Bourne, Jason Bourne

Alles bleibt anders: Unter neuem Regisseur knüpft Teil zwei von Robert Ludlums «Bourne»-Trilogie zwar am Vorgänger an, widersetzt sich aber noch konsequenter den modernen Genreformeln.

 

von Sandro Danilo Spadini

Das war ja vorauszusehen: Rund zwei Jahre nachdem mit der Spionageroman-Verfilmung «The Bourne Identity» ein durchaus unerwartet grosser Haufen Geld verdient wurde, kehrt deren Titelheld in Person von Matt Damon auf die Leinwand zurück. Umso folgerichtiger ist die Weitererzählung der Geschichte um die unter Amnesie leidende Ex-CIA-Killermaschine Jason Bourne, als nach dem Erfolg des ersten Teils noch zwei weitere «Bourne»-Romane aus der Feder von Thriller-Spezialist Robert Ludlum der kinematografischen Auswertung harrten. Nun wird solcherlei aber im Allgemeinen mit gemischten Gefühlen entgegengesehen, zumal in der Kinogeschichte nur wenige Sequels aktenkundig sind, die Zeugnis von künstlerischem Sinn und Zweck eines derartigen Unterfangens ablegen. Überdies wurden schon zu oft Serien auf Filmen begründet, die es erst gar nicht verdient hätten, die Lichtspielhäuser dieser Welt heimzusuchen.

Gefühl von Kälte

Anders ist dies im Falle von «Bourne», hat sich doch Teil eins nicht nur als veritabler Kassenschlager entpuppt, sondern auch jene Menschen beglückt oder zumindest befriedigt, die mit dem Verfassen von Zeilen der vorliegenden Art ihre Brötchen verdienen. Zwar hatte Regisseur Doug Liman das Genre nicht gerade neu erfunden, doch hob sich sein Stil wohltuend vom Krawumm-Einerlei moderner Actionfilme ab. Die Nachricht, dass Liman für die Fortsetzung nicht zur Verfügung stehen wird, wurde somit als schlechtes Zeichen gewertet. Bei der Regelung seiner Nachfolge gelang den Produzenten (u. a. Liman selbst) dann aber ein so überraschender wie Befürchtungen entkräftender Coup: Mit dem Briten Paul Greengrass gibt ein Mann sein Big-Budget-Debüt, der vor zwei Jahren mit dem preisgekrönten dokumentarischen Nordirland-Drama «Bloody Sunday» abseits des Mainstreams für Aufsehen sorgte. Seinen Dok-Stil bringt Greengrass in abgeschwächter Form auch in das «Bourne»-Projekt ein. Grobkörnige, ausgewaschene Bilder, Wackelkamera, auffällige Schnitt- und Lichttechnik verleihen seinem Film eine zusätzliche Prise Realismus und formale Qualitäten, die wohl zeitgeistig, in diesem Genre aber selten anzutreffen sind. Vor allem aber strahlt «The Bourne Supremacy» ein die emotionale Befindlichkeit des Titelhelden widerspiegelndes Gefühl von Kälte aus, das in der an die Zeit des Kalten Krieges gemahnenden Darstellung der höchst unwirtlich wirkenden Hauptschauplätze Berlin und Moskau seinen stärksten Ausdruck findet.

Ohne Gepolter

Leicht anachronistisch mutet auch das sonstige Gebaren des Films an. Statt sich an immer spektakuläreren Actionsequenzen, technischen Spielereien und kraftmeierischem Gepolter zu ergötzen, wird hier ernsthaft versucht, inmitten eines hektischen Gewirrs von handwerklich solide bis furios inszenierten Verfolgungsjagden eine handfeste Geschichte zu erzählen. Viel mehr als an Actionthriller heutigen Zuschnitts erinnert wie schon der Vorgänger denn auch Teil zwei an die Genreklassiker aus den Siebzigern. Mit der Besetzung von Milchbart Damon hatte man ohnedies bereits einen atypischen Weg eingeschlagen, auf dem unter der Leitung von Greengrass noch konsequenter vorangeschritten wird: Jason Bourne ist kein Superheld, der in der Luft Pirouetten schlägt und währenddessen eine halbe Armee umnietet, sondern ein verletzter und verletzlicher Antiheld, den mit James Bond ausser dem Beruf nur die Alliteration verbindet. Dass Greengrass an der Psychologisierung seines auf buchstäblicher Identitätssuche umherirrenden Protagonisten scheitert, sollte eingedenk der Tatsache, dass wir es hier mit einem auf Unterhaltung ausgerichteten Agentenfilm zu tun haben, nicht allzu schwer gewichtet werden. Mit mehr Recht lässt sich dem Film schon vorwerfen, dass er seine Geheimnisse zu früh preisgibt. Folglich ist ein gewisses Spannungsmanko nicht von der Hand zu weisen, das auch dadurch nicht kompensiert werden kann, dass nebst den identisch besetzten Figuren des ersten Teils (u. a. Franka Potente, Brian Cox und Julia Stiles) auch einige neue interessante Gesichter eingeführt werden. Gleichwohl hat Greengrass seine Sache gewiss gut gemacht: Ihm ist ein Sequel geglückt, bei dem Wiedersehen Freude macht, und ein Agententhriller, der wieder ausschliesslich Film und nicht filmähnliches Videospiel ist.