Von Sandro Danilo Spadini
Als vergangenen Sonntag die Gewinner der prestigeträchtigen BAFTA-Awards bekannt gegeben wurden, gab es einen grossen Triumphator. Entgegen landläufiger Erwartung war es indes nicht James
Camerons «Avatar», der von der British Academy of Film and Television Arts mit sechs Auszeichnungen auf den Thron gehievt wurde. Vielmehr schwang das Kriegsdrama «The Hurt Locker» von Camerons
Ex-Gattin Kathryn Bigelow obenaus – unter anderen mit den Preisen in den Kategorien «Bester Film» und «Beste Regie». Die Multimillionenproduktion «Avatar» musste sich derweil mit zwei mickrigen
technischen Awards begnügen.
Verbände verschmähen «Avatar»
Die BAFTA-Ergebnisse sind nicht der erste Indikator, der darauf hindeutet, dass es am nächsten Sonntag womöglich doch nicht zur grossen «Avatar»-Nacht kommen wird. Blickt man etwa auf die von den
Oscars abzuschliessende bisherige Awards-Saison, heisst der Favorit eindeutig «The Hurt Locker». Zwar konnte Cameron bei den von der Hollywood-Auslandpresse vergebenen Golden Globes noch kräftig
abräumen und sich wie damals bei «Titanic» fühlen wie der «King of the World»; doch bei allen anderen massgebenden und eben richtungweisenden Ehrungen hatte Bigelow die Nase vorn. So verschmähten
die Verbände der Produzenten, der Drehbuchautoren, der Regisseure und der Kritiker allesamt den gefühlten Top-Favoriten «Avatar» und gaben stattdessen dem – Award-technisch eigentlich ungünstig –
bereits im Sommer angelaufenen Kriegsdrama ihre gewichtige Stimme. Fast scheint es so, als kehre die noch unlängst von den «Avatar»-Traumeinspielergebnissen beherrschte Stimmung im entscheidenden
Moment zugunsten von Bigelow. Bei den Buchmachern gilt die 58-Jährige ohnehin schon länger als Kandidatin Nummer eins für den Regie-Preis; und seit Neustem geht sie mit «The Hurt Locker» auch in
der Hauptkategorie (leicht) favorisiert ins Wettrennen.
Konzessionsentscheidung möglich
Ein Stimmungsumschwung im letzten Moment: Das erinnert stark an die Situation vor der Oscar-Verleihung 2006. Schon sehr früh war damals das Schwulendrama «Brokeback Mountain» als sicherer Sieger
gehandelt worden, umso mehr nach dem vorangegangenen Triumph bei den Golden Globes. Am Abend der Verleihung sprach dann aber auf einmal alles nur vom Ensemblefilm «Crash» – der schliesslich
prompt auch das Rennen in der Hauptkategorie für sich entschied. Für «Brokeback Mountain»-Regisseur Ang Lee gab es damals immerhin den Regie-Preis, den zweitwichtigsten Award also. Gut möglich,
dass die Academy sich auch dieses Jahr zu einer solchen «Konzessionsentscheidung» durchringt: «Bester Film» für «Avatar», «Beste Regie» für Bigelow. Wie auch immer es kommen mag, immerhin
scheinen sich alle einig zu sein, dass der diesjährige Hauptgewinner nur «Avatar» oder «The Hurt Locker» heissen kann.
Sieg bei erster Nominierung?
Ungleich grösser ist das Favoritenfeld in den Hauptdarsteller-Kategorien. Gerade bei den Frauen ist eine Prognose in diesem Jahr schwieriger denn je. Realistische Chancen müssen gleich vier der
fünf Nominierten eingeräumt werden – einzig die 2007 siegreiche Britin Helen Mirren kann den Spickzettel für die Siegesrede getrost zu Hause lassen. Leicht zu favorisieren sind dabei die
Golden-Globe-Gewinnerinnen Meryl Streep und Sandra Bullock; für Letztere wäre es wie für die beiden übrigen Konkurrentinnen – die als «Dark Horses» ins Rennen gehenden Nachwuchsdarstellerinnen
Carey Mulligan und Gabourey Sidibe – ein Sieg bei der Nominierungspremiere. Gewinnen beim ersten Versuch – das könnte auch bei den Männern passieren. Wohl sehen nicht nur die Buchmacher den schon
zum fünften Mal vorgeschlagenen, aber noch Oscar-losen Jeff Bridges derzeit knapp vorne; doch auch Nominierungsneuling Colin Firth hat nicht erst seit seinem BAFTA-Sieg intakte Chancen. Kaum
etwas auszurichten haben dürften gegen die beiden in der Branche ausserordentlich beliebten Routiniers derweil die Mitbewerber George Clooney, Jeremy Renner und Morgan Freeman.
Österreichische Favoriten
In anderen Kategorien scheint die Sache sonnenklar. So wäre etwa alles andere als ein Sieg des Wieners Christoph Waltz und der Afroamerikanerin Mo’Nique bei den Nebendarsteller(innen) eine
Sensation. Und noch ein zweiter Österreicher wäre nicht zu knapp enttäuscht, ginge er kommenden Sonntag ohne Goldmännchen nach Hause: Die (für Deutschland antretende) Regie-Ikone Michael Haneke
gilt mit «Das weisse Band» als haushoher Favorit für den Ausland-Oscar. Indes: In keiner anderen Kategorie hat die Academy in den letzten Jahren überraschendere (und unsinnigere) Entscheide
getroffen als hier.
Getreu dem Motto «Vor den Oscars ist nach den Oscars» setzt die Spekulation über die kommenden Goldmännchen-Abräumer jeweils schon Anfang Jahr ein. Als Parameter dient bei diesem sogenannten Oscar-Buzz mangels Alternativen der Blick in die Pipelines der Filmstudios. Wo grosse Namen vor und vor allem hinter der Kamera, wo spektakuläre Vorlagenstoffe und hohe Budgets gefunden werden, sieht man naturgemäss Oscar-Weihen am Horizont aufziehen. Nicht selten erweisen sich diese frühreifen Prognosen freilich als so treffsicher wie die Jahresvorschauen der Aktien-Analysten. Besonders weit daneben lagen die Oscar-Buzzer gerade dieses Jahr. Den designierten Oberabräumer «Avatar» hatte man gemeinhin wohl ebenso auf der Liste wie etwa Jason Reitmans «Up in the Air». Als Top-Favoriten wurden indes drei Filme gehandelt, die nun in den Nominierungslisten der wichtigen Kategorien durch Abwesenheit glänzen. Aus verständlichen Gründen zuallererst genannt wurde noch bis in den Spätherbst hinein «The Lovely Bones». Verständlich deshalb, weil bei diesem Fantasy-Streifen «Lord of the Rings»-Regisseur Peter Jackson den Tätschmeister gab, die Vorlage von Alice Sebold ein Millionenbestseller war und ein selbstbewusstes 65-Millionen-Dollar-Budget für deren Adaption aufgeworfen wurde. Als die US-Kritiker dann bei der Premiere im Dezember für die pompös angekündigte Produktion nicht viel mehr als ein müdes Achselzucken übrig hatten, war das Oscar-Schicksal von «The Lovely Bones» freilich ebenso bereits besiegelt wie jenes des nur eine Woche darauf veröffentlichten Musicals «Nine». Das von «Chicago»-Regisseur Rob Marshall vom gleichnamigen Broadway-Stück adaptierte und von Fellinis «Otto e mezzo» inspirierte Prestigeprojekt brachte es nach lauen Kritiken zwar immerhin auf vier Oscar-Nominierungen – in den wirklich wichtigen Kategorien hat es trotz einer mit sechs Oscar-Gewinnern bestückten Besetzung gleichwohl komplett abgeschmiert. Trotz recht erbaulicher US-Rezensionen ganz aussen vor blieb derweil das postapokalyptische Drama «The Road». Gleich wie die anderen beiden grossen Oscar-Verlierer ist die Verfilmung des Pulitzer-prämierten Buchs von Cormac McCarthy («No Country for Old Men») überdies auch ein kommerzieller Flop –auch damit hat man im Frühjahr nicht gerechnet.
Die Oscar-Verleihung 1935 mochte Claudette Colbert nicht besuchen, weil sie sich sicher war, dass sie gegen Bette Davis in der Kategorie «Beste Hauptdarstellerin» verlieren würde. Freilich wurde ihr für ihre Leistung in «It Happened One Night» gleichwohl der Oscar zugesprochen. Colbert wurde sodann von einem Bahnhof herzitiert, um sich die Trophäe abzuholen.
Früher war es ohnehin gang und gäbe, dass die Stars der Oscar-Zeremonie fernblieben. Wurde ihnen dann ein Preis zugesprochen, musste ein Kollege im Namen des Geehrten den Preis akzeptieren. Dabei
ergaben sich bisweilen seltsam illustre Kombinationen – so etwa 1953, als John Wayne jenen Oscar entgegennahm, der Gary Cooper für «High Noon» zugesprochen
wurde.
Auch die notorische Diva Joan Crawford war nicht präsent, als ihr 1946 der Oscar für ihre Rolle in «Mildred Pierce» zugesprochen wurde. Sie hatte vorgegeben, krank zu sein, und
verfolgte die Zeremonie zu Hause am Radio. Als sie hörte, dass sie gewonnen hatte, bestellte sie kurzerhand die Presse in ihr Schlafgemach und akzeptierte dort den Oscar.
Die Schauspielerin Alice Brady bekam den ihr 1938 zugesprochenen Nebendarstellerinnen-Oscar derweil gar nie zu Gesicht: Eine Hochstaplerin war an der Verleihung auf die Bühne
gegangen und hatte ihren Goldjungen entgegengenommen. Dieser kam nie wieder zum Vorschein. Noch bevor die Academy eine Kopie anfertigen konnte, starb Brady an Krebs.
Katharine Hepburn, die mit vier Oscar-Gewinnen noch immer den alleinigen Rekord bei den Schauspielern hält, hat nur einmal eine Oscar-Veranstaltung besucht: 1974, um die
Präsentation für die Vergabe des Ehren-Oscars an ihren Freund Lawrence Weingarten zu machen.
Den ersten ihrer vier Oscars erhielt Katharine Hepburn 1933, den letzten 48 Jahre später, 1981 für «On Golden Pond». Noch mehr gefreut haben dürfte sich an diesem Abend freilich
ihr Co-Star in letzterem Film: Henry Fonda hatte stattliche 41 Jahre gewartet, bis er ein zweites Mal nominiert wurde – und gewann die Trophäe anders als beim ersten Mal dann
sogar.
An der Verleihung von 1969 gab es in der Kategorie «Beste Hauptdarstellerin» gleich zwei Gewinnerinnen: Katharine Hepburn für «The Lion in Winter» und Barbra
Streisand für «Funny Girl». Die beiden hatten exakt gleich viele Stimmen erhalten.
Barry Fitzgerald war 1945 für seine Darstellung in «Going My Way» sowohl in der Haupt- als auch in der Nebendarsteller-Kategorie nominiert. In Letzterer gewann er sogar.
Spencer Tracy und Tom Hanks sind die beiden einzigen Darsteller, die den Oscar in der Kategorie «Bester Hauptdarsteller» zweimal in Folge gewinnen konnten.
Die Schauspielerin mit den meisten Nominierungen ist Meryl Streep. Sie wurde heuer zum 16. Mal vorgeschlagen; gewonnen hat sie bislang zweimal. Bei den Männern ist Jack
Nicholson Nominierungs-Rekordhalter. Von den 12 Mal, die er vorgeschlagen war, konnte er 3 Mal gewinnen, was ihn auch zum Rekordsieger bei den Männern macht.
Vor zwei Jahren gingen sämtliche vier Darstellerpreise an Europäer: an den Iren Daniel Day-Lewis, die Französin Marion Cotillard, den Spanier Javier
Bardem und die Schottin Tilda Swinton. Es war dies freilich nicht das erste Mal, dass die Europäer konsequent abräumten. Bereits 1965 wanderten alle vier
Darstellerpreise auf den Alten Kontinent, namentlich an die drei Briten Rex Harrison, Julie Andrews und Peter Ustinov sowie an die
russischstämmige Französin Lila Kedrova.
Neben den USA stellt – wenig überraschend – das Vereinigte Königreich klar die meisten Darsteller, die zu Oscar-Ehren gekommen sind: 45 an der Zahl. Es folgen Australien (7),
Frankreich (5), Kanada (4), Irland, Italien, Puerto Rico (je 3), Spanien, Österreich, Deutschland (je 2), Japan, Griechenland, Kambodscha, Schweden, Südafrika, Mexiko, Bahamas und die Schweiz (je
1).
Der Schweizer Maximilian Schell war dreimal für den Oscar nominiert. Für seine Rolle in «Judgement at Nuremberg» erhielt er ihn gleich beim ersten Versuch im Jahre 1961.
Nie einen Oscar gewinnen konnten Charlie Chaplin (nie nominiert), Orson Welles (eine Nominierung), Stanley Kubrick (4) und Alfred
Hitchcock (5).
Auch bei den Darstellern gibt es prominente Leute, denen die Academy nie die Ehre erwiesen hat: etwa Greta Garbo (viermal nominiert), Cary Grant (zweimal
nominiert) oder Marilyn Monroe (nie nominiert).
Peter O’Toole war 8 Mal nominiert, musste aber jedes Mal mit leeren Händen nach Hause gehen. Richard Burton ging es nur unwesentlich besser: 7 Mal vorgeschlagen,
nie gewonnen. Bei den Damen halten diesen Rekord Deborah Kerr und Thelma Ritter mit jeweils 6 ungekrönt gebliebenen Nominierungen. Ritter war dabei übrigens
jedes Mal in der Nebendarstellerinnen-Kategorie nominiert.
Unfassbare 15 Mal mit leeren Händen nach Hause ging der Songschreiber Randy Newman. Im Jahr 2001, bei der 16. Nominierung, kam dann die Erlösung.
Nominiert waren auch schon Personen, die gar nie existierten. So etwa ein gewisser Roderick Jaynes 1997 für den Schnitt von «Fargo» oder ein Donald Kaufman fünf Jahre später für das Drehbuch zu
«Adaptation». Roderick Jaynes ist das Pseudonym, das die Coen-Brüder benutzen, wenn sie ihre Filme auch schneiden; Donald Kaufman ist das fiktive Alter Ego von Stardrehbuchautor
Charlie Kaufman, der selbst ebenfalls für das «Adaptation»-Skript nominiert war. Diese Art von Kuriosum geht auf die Politik der Academy zurück, dass jeder, der offiziell in den Credits
aufgelistet ist, auch nominiert werden kann – ob es sich dabei um eine richtige Person oder eben nur ein Pseudonym handelt.
Bette Davis (von 1938 bis 1942) und Greer Garson (von 1941 bis 1945) waren jeweils 5 Mal in Folge als beste Hauptdarstellerinnen nominiert.
Der Australier Peter Finch war der erste Schauspieler, dem die Auszeichnung postum zugesprochen wurde (für «Network», 1976). Sein Landsmann Heath Ledger, der
letztes Jahr für «The Dark Knight» gewann, ist der einzige andere Schauspieler, der nach seinem Tod einen Oscar gewann.
Italienisch ist Trumpf: Mit Sophia Loren, Roberto Begnini und Robert De Niro (in «The Godfather II») konnten gleich drei Darsteller einen Oscar
für eine italienischsprachige Rolle gewinnen. Benicio Del Toro und Penélope Cruz sprachen in ihren prämierten Rollen spanisch, Marion Cotillard
französisch.
Im Jahr 2001 gewannen mit Denzel Washington und Halle Berry zwei afroamerikanische Stars in den Darsteller-Hauptkategorien. Von den 40 im abgelaufenen Jahrzehnt
verliehenen Darstellerpreisen gingen deren 7 an dunkelhäutige Akteure und Aktricen.
Bis zum Jahr 1943 wurden in der Hauptkategorie «Bester Film» nicht wie später fünf, sondern gleich zehn Filme nominiert – eine Tradition, die heuer wieder aufgenommen wird.
Wiedersehen macht Freude: Mehr als ein Drittel aller je nominierten Schauspieler und Schauspielerinnen wurde mindestens zweimal für den Oscar vorgeschlagen.
Die Redgraves – eine illustre Familie: Vater Michael brachte es auf eine Oscar-Nominierung, die ältere Tochter Vanessa auf sechs, deren Ex-Ehemann Tony Richardson auf eine als
Regisseur und die jüngere Tochter Lynn auf zwei Nominierungen. Vanessa und Lynn waren 1967 sogar gleichzeitig und in derselben Kategorie nominiert – ein Kunststück, das daneben nur noch einem
anderen Schwesternpaar gelang: Olivia de Havilland und Joan Fontaine im Jahr 1942.
Dass Marlon Brando 1973 seinen Oscar für «The Godfather» aus Protest gegen die Diskriminierung der amerikanischen Ureinwohner nicht akzeptierte, ist bekannt. Vorgemacht hatte es
ihm zwei Jahre zuvor George C. Scott. Er akzeptierte seinen Oscar für «Patton» nicht, weil er sich nicht als Konkurrent seiner Kollegen verstand. Zitat: «Das Leben ist kein
Wettrennen.»
US-Talkerin Oprah Winfrey kann nicht nur quatschen und zuhören, sondern auch schauspielern – was ihr 1986 sogar eine Oscar-Nominierung einbrachte (für «The Color Purple»).
Im Jahr 1998 waren Clate Blanchett und Judi Dench für die Darstellung derselben historischen Figur für den Oscar nominiert: Beide spielten Königin Elisabeth II.
Dench gewann in der Kategorie «Beste Nebendarstellerin», Blanchett – auch dies ein singuläres Kuriosum – wurde neun Jahre später ein zweites Mal für ihre Darstellung derselben Figur nominiert.
Marlon Brando und Robert De Niro haben sogar beide den Oscar für die Darstellung derselben Figur gewonnen, und das innerhalb von nur zwei Jahren. Brando gewann ihn 1973 für den ersten, De Niro 1975 für den zweiten «Paten». Beide spielten sie Don Vito Corleone.
Grosses Schauspielerkino: Gleich achtmal waren jeweils fünf Darsteller aus demselben Film für einen Oscar nominiert, namentlich bei Mrs. Miniver (1942), All About Eve (1950), From Here to Eternity (1953), On the Waterfront (1954), Peyton Place (1957), Bonnie and Clyde (1967), The Godfather II (1974) und Network (1976).
Noch nie gingen alle vier Oscars aus den Darstellerkategorien an denselben Film. Jeweils drei aus vier gewannen «A Streetcar Named Desire» (1951) mit den Siegern Vivien Leigh,
Karl Malden und Kim Hunter sowie «Network» (1976) mit Peter Finch, Faye Dunaway und Beatrice Straight.
Eine solche Häufung von nominierten Mimen aus demselben Film ist mittlerweile selten geworden. Im Vorjahr aber schaffte es das Drama «Doubt», gleich vier seiner Ensemblemitglieder in den
Darstellerkategorien unterzubringen: Meryl Streep, Philip Seymour Hoffman, Amy Adams und Viola Davis.
Von den laut dem American Film Institute (AFI) zehn besten Filmen aller Zeiten erhielten nur sechs auch den Oscar in der Hauptkategorie. Nicht erhalten hat ihn pikanterweise die
Nummer eins des AFI: «Citizen Kane» von Orson Welles wurde 1941 von John Fords «How Green Was My Valley» geschlagen. Gar nicht nominiert in der Hauptkategorie war die Nummer zehn des AFI,
«Singin‘ in the Rain».
Jeweils einen Oscar gab es demgegenüber für jene beiden Rollen, die das AFI zum grössten Helden und dem grössten Bösewicht der Filmgeschichte gewählt hat, für Gregory Pecks
Atticus Finch in «To Kill a Mockingbird» und Anthony Hopkins‘ Hannibal Lecter in «The Silence of the Lambs».
Anthony Hopkins gewann 1991 für seine Rolle als Hannibal Lecter den Oscar in der Kategorie «Bester Hauptdarsteller» – und dies, obwohl er nur gerade für 24 Minuten und 17
Sekunden auf der Leinwand zu sehen ist.
John Ford ist der einzige Regisseur, der viermal den Oscar erhielt. Der dreifache Gewinner William Wyler hält derweil den einsamen Rekord bei den Nominierungen:
Nicht weniger als zwölfmal war der «Ben Hur»-Regisseur vorgeschlagen. Bei jenen Regisseuren, die noch unter uns weilen, führen Steven Spielberg, Martin Scorsese
und Woody Allen mit je sechs Nominierungen.
Ebenfalls mit grossem Abstand führt der gebürtige Deutsche William Wyler die Liste jener Regisseure an, welche ihre Darsteller zu Oscar-Ehren führten. Gleich 14 Mal konnte im
Schauspielerlager eines Wyler-Films gejubelt werden. Der andere grosse Liebling der Mimen war Elia Kazan: 9 Mal hat ein Mitglied eines seiner Ensembles einen Goldjungen
einheimsen dürfen. Wer heutzutage als Schauspieler oder Schauspielerin einen Oscar gewinnen möchte, hält sich am besten an Woody Allen; seiner kundigen Anleitung haben auch schon
6 seiner Schützlinge einen Oscar zu verdanken. Klappen könnte es auch mit Clint Eastwood und Martin Scorsese, bei denen in dieser Statistik die hoch respektable
Zahl 5 zu Buche steht. Keine gute Adresse ist diesbezüglich derweil Steven Spielberg; er hat noch nie einem seiner Stars zu Oscar-Glück verholfen. Immerhin findet sich Spielberg
dabei in guter Gesellschaft: Alfred Hitchcock ist dies auch nur einmal gelungen – 1941 bei Joan Fontaine in «Suspicion».
Kathryn Bigelow ist erst die vierte Regisseurin, die für den Oscar nominiert wurde. Keine ihrer drei Vorgängerinnen – Lina Wertmüller (1976), Jane
Campion (1993) und Sofia Coppola (2003) – konnte den Preis gewinnen.
Noch nie war ein Schweizer für den Regie-Oscar nominiert; Marc Forsters «Finding Neverland» schaffte es aber immerhin in die Kategorie «Bester Film». Im Vergleich mit Nachbar
Österreich schauen wir da ziemlich alt aus: Billy Wilder wurde achtmal nominiert und konnte zweimal gewinnen; Landsmann Fred Zinnemann steht mit zwei Siegen bei
sieben Nominierungen nur unwesentlich schlechter da; und Otto Preminger und Josef von Sternberg kommen immerhin auch noch auf zwei Nominierungen.
Kevin Costner, Mel Gibson und Robert Redford sind gemeinhin zwar eher als Schauspieler bekannt; ihren Oscar holten sie aber auf dem Regiestuhl.
Laurence Olivier und Roberto Begnini sind derweil die beiden einzigen Künstler, die sich als Regisseur selbst zum Gewinn des Hauptdarsteller-Preises
«dirigierten».
Unter den bislang 60 ausgezeichneten Regisseuren finden sich bloss 18 Nichtamerikaner, davon alleine 8 Briten. Nie gewonnen, aber immerhin nominiert waren etwa Federico Fellini
(4 Nominierungen), Ernst Lubitsch (3), Ingmar Bergman (3), Akira Kurosawa (1), Michelangelo Antonioni (1) oder François
Truffaut (1).
Den «Best Foreign Language Film»-Oscar, gemeinhin schlicht «Ausland-Oscar» genannt, hat bislang Italien am öftesten gewonnen. 10 Mal ging die Trophäe auf den Stiefel. Die meisten
Nominierungen verzeichnet Frankreich: 34 Mal vorgeschlagen, 9 Mal gewonnen. Bislang konnten 21 Länder den seit 1947 vergebenen Preis gewinnen. Die Schweiz kam bei 5 Nominierungen (alle zwischen
1970 und 1990) 2 Mal zu Ehren: 1984 mit «La Diagonale du fou» von Richard Dembo und 1990 mit «Reise der Hoffnung» von Xavier Koller.