Von Sandro Danilo Spadini
Nun hat es also doch noch geklappt für Martin Scorsese. Im 66. Lebensjahr, nach rund zwei Dutzend Filmen in dreieinhalb Dekaden und fünf ungekrönt gebliebenen Nominierungen ist der grösste
lebende Regisseur vorgestern zu den längst überfälligen Ehren gekommen. Der Oscar für «The Departed» wird sein immenses Ansehen zwar nicht mehren – zum einen, weil dies gar nicht möglich ist, zum
anderen, weil ein Martin Scorsese derlei Bestätigung ebenso wenig nötig hat wie die von der Academy zeitlebens nie gebührend berücksichtigten Charlie Chaplin, Alfred Hitchcock, Orson Welles oder
Stanley Kubrick. Doch die Filmbranche war dem Italoamerikaner, der in den Siebzigern mit anderen innovativen Köpfen das zuvor verkrustete Hollywood revolutionierte, diese Form der öffentlichen
Anerkennung einfach schuldig. Dass ihm die innig erhoffte goldene Statue ausgerechnet von seinen einstigen und mittlerweile weit angepassteren Revoluzzer-Kollegen Francis Ford Coppola, Steven
Spielberg und George Lucas überreicht wurde, hat dem Ganzen dann noch den passenden Rahmen gegeben. Die Auszeichnungen vom Sonntag sind freilich nicht als Konzessionsentscheidungen zu sehen, mit
denen die Academy vielfach Verpasstes nachholen wollte; in einem im Vergleich zu den Vorjahren eher mässigen Wettbewerb war der Gangsterthriller «The Departed» schlicht die beste Wahl. Recht
ungewöhnlich ist diese Wahl indes trotzdem – zumal es reine Genrefilme bei den Oscars traditionsgemäss schwer haben und nur ausnahmsweise, wie zuletzt vor 16 Jahren «The Silence of the Lambs»,
zum Zuge kommen. Nun war aber bekannt, dass der Golden-Globe-Gewinner «Babel» in den USA nicht ganz so sehr geschätzt wird wie andernorts; dass «Little Miss Sunshine» zwar ein sehr netter Film,
aber wie das sperrige Kriegsdrama «Letter From Iwo Jima» nicht wirklich Oscar-Material ist; dass «The Queen» bei aller Klasse primär von seiner brillanten Hauptdarstellerin lebt; und dass mit
«United 93» der wohl «wertvollste» Film von 2006 gar nicht erst nominiert war. Auch angesichts dieser Alternativen hat die Academy das einzig Richtige getan und einen ob der wiederholten
Missachtung beinahe schon verzagten Künstler geehrt, der dies wie keiner vor ihm in der 79-jährigen Oscar-Geschichte verdient hat.