Nicole im Zuckerbäckerparadies

Auch Nicole Kidman und Bette Midler vermögen das auf eine seichte Geschlechterkampf-Komödie reduzierte Remake des satirischen Horrorklassikers «The Stepford Wives» nicht zu retten.

 

von Sandro Danilo Spadini

Haben Sie auch die Nase voll von diesen emanzipierten Karrierefrauen, von diesen intellektuellen Feministinnen, die Büro und Bücherei Heim und Herd vorziehen? Sind Sie auch dieser Frauen überdrüssig, die besser, klüger und erfolgreicher sind als Sie? Ja? Dann nichts wie auf nach Stepford, Connecticut! Hier ist die (Männer-)Welt noch in Ordnung. Hier sind die Frauen noch das schwächere Geschlecht, frei von den Flausen des Feminismus, devot und dienstfertig gegenüber ihren Herren und Gebietern. Allesamt sind sie blond, adrett und genügsam, gut gebaut, gut gekleidet, gut in der Küche und gut im Bett. Was will Mann mehr? Alles perfekt, aber doch irgendwie seltsam, nicht wahr? Dass in diesem von der örtlichen Obertussi (Glenn Close) als Familienparadies gepriesenen Zuckerbäcker-Kaff etwas faul ist, schwant auch der eben gerade gefeuerten Fernsehfrau Joanna (Nicole Kidman), die mit ihrem Mann (Matthew Broderick) vom hektischen Manhattan ins malerische Idyll gezogen ist. Einzig die gar nicht maulfaule Schriftstellerin Bobbie (Bette Midler) und der schwule Stararchitekt Roger (Roger Bart) scheinen in Stepford noch normal zu ticken und sich ob des ganzen Friedens, der ganzen Freude und der ganzen Eierkuchen zu wundern. Auch sie wittern ein Komplott des mächtigen Männervereins, ein Komplott freilich, dessen wahre Ausmasse noch ungeahnt tiefe Abgründe hervorbringen werden.

Gescheitertes Grossprojekt

Frank Oz hat mit «The Stepford Wives» einen Kulthit aus dem Jahre 1975 als bunte Mainstream-Komödie neu aufgelegt und dabei über ein hochkarätiges Staraufgebot und ein 90-Millionen-Dollar-Budget verfügen dürfen. Die Voraussetzungen für ein Gelingen dieses Remakes waren also nicht schlecht. Aber: Der Regisseur von solch putzigen Filmchen wie «In & Out» oder «Bowfinger» als Rezyklierer eines satirischen Horrorklassikers – kann so etwas gut gehen? Nun ja, im Prinzip schon, durchaus, theoretisch möglich ist das sehr wohl, nur in diesem speziellen Fall ist das halt nicht so. Um den Ursachen für das einigermassen krasse Scheitern auf den Grund zu gehen, lässt sich wie so oft auch hier trefflich eine Analogie zur Welt des Fussballs heranziehen. Wie uns just die Europameisterschaft vor Augen geführt hat, ist das Ganze bisweilen mehr als die Summe seiner Einzelteile. Auf den Fall von «The Stepford Wives» übersetzt heisst dies: Das «Rohmaterial» ist hier vorzüglich, doch leider wissen Oz und Drehbuchautor Paul Rudnick nicht allzu viel damit anzufangen. Gerade Letzterer scheint das ein oder andere Mal geschwänzt zu haben, als in der Filmakademie der logische Handlungsaufbau einer Geschichte besprochen wurde.

Verschenkte Einzelkönner

Eine weitere Lehre aus der EM war, dass tolle Einzelkönner noch lange kein tolles Spiel garantieren. Auch dies trifft auf «The Stepford Wives» zu. Denn: Die im dramatischen Fach weitaus besser aufgehobene Nicole Kidman spielt hier sozusagen auf der falschen Position, wohingegen die komödiantischen Tricks und Kniffe von Bette Midler, die zum zirka hundertsten Mal die burschikose Powerfrau spielt, hinlänglich bekannt sind, was ihr Spiel völlig durchschaubar macht. Matthew Broderick wiederum spielt gänzlich uninspiriert, Glenn Close hat ihren Zenit überschritten, Christopher Walken (als Präsident des Männervereins) wirkt nach dem Mitwirken in unzähligen grauenhaften Filmen überspielt, und Roger Bart schliesslich – als überkandidelte Tunte eine einzige Plage – fehlt schlicht das Talent. Zudem soll es mit dem so wichtigen Teamgeist nicht gerade zum Besten gestanden haben. Immer wieder machten Gerüchte über Streitereien am Set die Runde. Als hilfloser Übungsleiter erwies sich dabei Frank Oz mit einer modifizierten Otto-Rehhagel-Taktik, d.h.: ebenso unattraktiv, aber eben weit weniger erfolgreich. Krampfhaft versucht «The Stepford Wives» skurril und schwarzhumorig zu sein, ist stattdessen aber nur seicht und weichgespült. Trotz einer flüssig erzählten ersten halben Stunde mit vernünftiger Gag-Quote bleibt das satirische und sozialkritische Potenzial so letztlich ungenutzt. Dass nach ersten desaströs verlaufenen Testvorführungen nochmals nachgedreht werden musste, passt da ganz gut ins Bild. Dumm nur, dass Oz auch in der Verlängerung kein Treffer mehr glücken wollte.