Und immer wieder Ärger mit Harry

Jack Nicholson und Diane Keaton lassen in der gar lang geratenen romantischen Komödie «Something’s Gotta Give» zwar die Fetzen fliegen, ein Gag-Feuerwerk vermögen sie jedoch nicht zu zünden.

 

von Sandro Danilo Spadini

Harry (Jack Nicholson) ist ein notorischer Schwerenöter: zwar schon 63-jährig, aber nach wie vor brennend interessiert am weiblichen Geschlecht. Solange die Damen hübsch und unter 30 sind, legt er sich mächtig ins Zeug, ist witzig und charmant – und vor allem erfolgreich. Harry kriegt sie alle und wird sie alle auch wieder ganz schnell los, sobald sein waches Auge ein neues Objekt der Begierde gesichtet hat. Seine neuste Eroberung Marin (Amanda Peet) entspricht ganz dem Profil: jung, hübsch und schwer beeindruckt ob seinem Charisma. Einzig der mit nicht unerheblichen körperlichen Anstrengungen einhergehende krönende Abschluss dieses Jagdzugs ist Harry bislang verwehrt geblieben; auf dem lauschigen Anwesen von Marins als Theaterautorin überaus erfolgreich wirkender Mutter Erica (Diane Keaton) soll die Beute aber endlich erlegt werden. Doch noch bevor Harry zur Tat schreiten kann, funken zunächst einmal Erica und deren Schwester Zoe (Frances McDormand) und anschliessend auch noch der böse Herzkasper dazwischen. Gänzlich unbefriedigt, aber in höchst ungesunder Weise erregt, muss sich Harry notfallmässig in ärztliche Obhut begeben, was den Auftritt des letzten Protagonisten dieses Liebesreigens einleitet: Julian (fehlbesetzt: Keanu Reeves) ist nicht nur ein pflichtbewusster Arzt, sondern auch ein grosser Fan von Erica, wobei sich sein Fantum freilich nicht bloss auf deren Arbeit beschränkt. Nun ist aber Julian mit seinem Interesse nicht ganz allein: Auch unser guter alter Harry hat, seinen Prinzipien untreu werdend, sein sonnenbebrilltes Auge auf die in Liebesdingen in letzter Zeit zu kurz gekommene spröde Erica geworfen. Und wer macht das Rennen? Dumme Frage! Harry natürlich – vorläufig einmal...

Pulver schnell verschossen

«Something’s Gotta Give» nennt sich diese in ihren besten Momenten an Woody Allen erinnernde, viel öfter aber bloss altbacken wirkende und das Zwerchfell in unangebrachter Entspanntheit belassende Beziehungskomödie, die Diane Keaton wohl nicht zuletzt mangels Konkurrenz und gleichsam traditionsgemäss den Golden Globe und eine Oscar-Nominierung eingebracht hat. Geschrieben und inszeniert wurde der vermeintliche Heidenspass von Nancy Meyers, die vor rund drei Jahren mit «What Women Want» einen veritablen Kassenerfolg verbuchen konnte. Ganze 128 mässig spektakulär gefüllte Minuten Zeit lässt sich Meyers für Harrys und Ericas Hindernislauf zum Liebesglück. Dank der beiden sich in gewohnt guter, wenngleich nicht überragender Form präsentierenden Schlüsselspieler vermag das Ganze über gewisse, aber nicht allzu weite Strecken leidlich zu unterhalten, doch insbesondere in der zweiten Halbzeit, nach dem Seitenwechsel sozusagen, fehlt es der Partie auf dem zunehmend ausgemergelten Terrain an Pep. Gar schnell hat Meyers ihr Pulver verschossen, zieht das Spiel unnötig in die Breite (und eben in die Länge), verzettelt sich in wenig aussichtsreichen Aktionen und vergisst darob, den einfachen und insbesondere den finalen Pass zu spielen. Und wenn dem Drehbuch wieder einmal gar nichts mehr einfällt, muss Mister Nicholson für einen billigen Lacher halt mal seinen entblössten 66-jährigen Allerwertesten ins Bild halten. Was für ein Brüller!

Champagner in Pappbechern

Eine derart schillernde Besetzung für eine solch durchschnittliche und alles in allem belanglose Produktion – da wird wieder einmal Champagner aus Pappbechern getrunken. Das Problem von «Something’s Gotta Give» liegt hauptsächlich in der Konzeption. Hätte Meyers unter Beibehaltung der Gag-Quote die solide erste Hälfte, welche mit dem Zueinanderfinden von Harry und Erica einen ersten und völlig hinreichenden Höhepunkt erreicht, etwas ausgebaut, wäre wohl eine durchaus runde Sache entstanden. Doch stattdessen müssen in der zweiten Hälfte unplausible Irrungen und unwitzige Wirrungen und weitere Auftritte des schrecklichen Keanu Reeves hingenommen werden. Dass es letztlich in einer grauenhaften, vom unmotivierten Ausnahmekameramann Michael Ballhaus ungewohnt nachlässig eingefangenen Schlussszene in Paris völlig sinnloserweise doch noch ratzfatz geht, ist dann aber nur noch begrüssenswert: endlich Schlusspfiff!