von Sandro Danilo Spadini
Champions League. Manchester United trifft im heimischen Old Trafford, dem «Theatre of Dreams», auf den belgischen Spitzenklub Anderlecht. Paul Scholes ist da. Ryan Giggs ist da. Und er natürlich
auch. Er, das ist David Beckham, unbestrittener Star von ManU, Held von Millionen von Fussballfans, Schwarm von ebenso vielen weiblichen Teenagern, Ehemann von «Posh Spice» Victoria Adams. Und
nicht zu vergessen: der Mann, der mit viel Effet und unglaublicher Präzision die wohl besten Flanken der Welt von der rechten Seite zu schlagen im Stande ist. Zu einer eben solchen Flanke setzt
Beckham nun an. Millimetergenau und butterweich landet sie auf dem Kopf von Jess Bhamra. 1:0 für ManU.
Fussball und Indien
Jess Bhamra? Noch nie gehört? Kein Wunder, schliesslich ist das die Eröffnungsszene der Komödie «Bend it like Beckham». Dass diese Szene im «Theatre of Dreams» spielt, ist kein Zufall, denn wir
befinden uns im Traum von Jess Bhamra, einem Traum, wie ihn so ähnlich schon jeder Fussballfan geträumt hat. Nichts Aussergewöhnliches also, wäre da nicht dies: Jess ist ein 18-jähriges Mädchen,
deren Familie zudem aus Indien stammt, einem Land, das nicht gerade berühmt ist für seine Fussballkultur. Jess‘ Eltern haben denn auch überhaupt kein Verständnis für das Hobby ihrer Tochter. Als
diese auch noch einem Verein beitritt, verschärft sich die Situation dramatisch. Familientradition vs. Fussball lautet das Duell. Dagegen war das Spiel gegen Anderlecht ein Kinderspiel.
Stilsicher und spielerisch
Billy Elliott wollte lieber tanzen als boxen, Jess Bhamra möchte lieber Fussball spielen als Anwältin werden. Die Ausgangslage von «Bend it like Beckham» (der Titel spielt auf die «Biegung» von Beckhams Flanken und Freistössen an) ist nicht
übertrieben originell, doch was Regisseurin Gurinder Chadha daraus macht, ist von einem absolut bezaubernden Charme erfüllt. Stilsicher pflegt Chadha sowohl in der wunderbaren Schilderung des
indischen Milieus als auch hinsichtlich des Themas Damenfussball den spielerischen Umgang mit Vorurteilen und Klischees, verzückt immer wieder mit trockenem, hintersinnigem Humor und bringt ihren
teils recht extravaganten und kauzigen Protagonisten so viel Wärme und Verständnis entgegen, wie das selten ein Filmemacher in letzter Zeit getan hat. Letzteres ist auch der Grund, weshalb «Bend
it like Beckham» nicht bloss erstklassig unterhält, sondern bisweilen auch ans Herz geht. Egal wie überzeichnet die Figuren zum Teil auch sein mögen, egal wie verrückt sie sind und egal wie weit
sie in ihrem Denken und Handeln danebenliegen mögen, am Ende des Films hat man sie alle lieb gewonnen. Auch die erfrischend unverbrauchten Darsteller, allen voran die überaus sympathische
Hauptdarstellerin Parminder Nagra, machen «Bend it like Beckham» – zusammen mit «About a Boy» – zum schönsten und charmantesten Feelgood-Movie dieses Jahres, zu einem Film so treffsicher wie die
Freistösse von Flankengott Beckham.