Wie konnte das nur passieren?

Die Razzies zeigen es seit 1981 Jahr für Jahr: Es gibt so viele verschiedene Arten, auf die ein Film von seinen Machern verhunzt werden kann. Er kann billig sein, wenn es am eigenen Anspruch mangelt. Stümperhaft, wenn das Talent nicht ausreicht. Dumm, wenn Reife und Charakter zu wünschen übrig lassen. Formelhaft, wenn die Faulheit über die Kreativität siegt. Traurig, wenn die besten Jahre offenkundig vorbei sind. Oder prätentiös, wenn das Ego noch grösser ist als das Können. Erst recht schlimm wird es vor allem dann, wenn man sich von dem Film auch noch einiges (oder wenigstens ein bisschen was) erwartet hat. So wie von diesen 21 Desastern aus dem gerade vergangenen Jahrzehnt.

 

 

 

 

 

«Last Christmas» (2019)


Unter den Weihnachtsbaum gewünscht hatte man sich ein neues «Love Actually»; bekommen hat man dann ein Plastikprodukt von erschütterndem Dilettantismus auf sämtlichen Ebenen: unehrlich, unnatürlich, unsexy, unromantisch, uncharmant, uninteressant und vor allem erbärmlich unlustig. Kaum zu glauben, dass bei diesem Sparwitzschmaus mit Paul Feig der Regisseur von Zwerchfellzerfetzern wie «Bridesmaids» und «The Heat» das Zepter geschwungen und die Grande Dame Emma Thompson das Drehbuch verbrochen hat. Kostprobe gefällig? «Er ist Veganer und arbeitet jetzt bei Burger King. Er muss hin- und hergerissen sein.» Ein Trost nur, dass George Michael, auf dessen Songs der Film leitmotivisch Bezug nimmt, das nicht mehr miterleben musste. 

 

 


«The Last Face» (2016)


Sean Penn ist ein Mann grosser Emotionen. Grosser Worte. Grosser Gesten. Und oft genug auch grosser Taten. Zwei Hauptdarsteller-Oscars darf er sein Eigen nennen – und obendrauf auf vier hochklassige Regiearbeiten zurückblicken, bei denen er sich stetig und schliesslich bis zum Meisterwerk «Into the Wild» zu steigern vermochte. Entsprechend gespannt durfte man sein, als sich Penn nach fast einem Jahrzehnt Pause wieder auf den Regiestuhl setzte und dieses Entwicklungshilfe-Drama verwirklichte – notabene mit Charlize Theron und Javier Bardem in den Hauptrollen. Herausgekommen ist dann aber ein Desaster monumentalen Ausmasses, das geradezu amateurhaft inszeniert war. Ja es schien fast, als habe Penn alles verlernt – oder schlicht den Boden unter den Füssen verloren, derweil er sich in prätentiöser Selbstgefälligkeit, Selbstgerechtigkeit und Selbstüberschätzung suhlte. Als eitle Romanze, der das Leid der Menschen in Afrika nur als Kulisse dient, ist dieses Machwerk auch ethisch eine Katastrophe.

 

 


«Skin Traffik» (2015)


Ein Film mit Mickey Rourke, Eric Roberts, Michael Madsen und Jeff Fahey – was kann da schon schiefgehen? Natürlich eine ganze Menge, haben diese Haudegen ihre beste Zeit doch schon sehr lange bis sehr, sehr lange hinter sich. Und trotzdem hat man sich hiervon ein bisschen kernige Gaudi versprochen. Was uns Regisseur, Schreiberling, Kameramann, Cutter, Stuntkoordinator, Musiksupervisor und Nebendarsteller Ara Paiaya stattdessen abliefert, ist ein Actionreisser von solch grottesker Stümperhaftigkeit gerade auch in Sachen Regie, Story, Kamera, Schnitt, Stunts, Musik und Schauspiel, dass man richtig Mitleid bekommt mit Rourke und Co. Den sichtlich ausser Form geratenen Kerlen scheint es allerdings aufrichtig scheissegal, was sie hier tun – in einem Film, der so billig und kunstfrei, so dilettantisch und ungelenk ausschaut wie eine der schlechteren «Motel»-Folgen.

 

 


«New Year's Eve» (2011)


Silvester am Times Square in New York – das klingt gewiss verlockend. Und dann noch diese All-Star-Gästeliste von Robert De Niro bis Hilary Swank – da hätte man sich fast drauf freuen können. Weil Regieroutinier Garry Marshall («Pretty Woman») kurz zuvor aber schon die ähnlich, nein, ganz genau gleich gelagerte Schmonzette «Valentine’s Day» gedreht hatte, ging man mit einer gesunden Portion Skepsis an diese Sache heran. Und tatsächlich war seine Silvestersause dann noch schaler als sein Valentinstagsschmus. Und was seine Stars da ablieferten, war bisweilen richtiggehend holprig, hölzern, holterdipolter. Das durfte einerseits sicherlich dem pathetischen Skript zugeschrieben werden, das ausuferndes Chargieren geradezu herausforderte. Andererseits dachte man sich angesichts all der Top-Stars und der entsprechend ausufernden Saläre vielleicht auch einfach: «Wurscht, passt, gibts halt nur ein Take pro Szene.» Garry Marshall war darob die Feierlaune freilich noch längst nicht vergangen. Ein paar Jahre später zelebrierte er in «Mother’s Day» auch noch den Muttertag. Mit Jennifer Aniston und Julia Roberts zwar. Aber wieder ohne Inspiration.

 

 


«Exposed» (2016)


Das Genre des religiösen Thrillers ist ein rutschiges Terrain. Da sind schon ganz andere Kaliber ausgerutscht als ein Gee Malik Linton, dessen komplette Regie-Vita vor diesem Flop aus einem einzigen Kurzfilm bestand, den er 15 Jahre zuvor gedreht hatte. Aber wer weiss, was aus diesem unerträglich matten und stinklangweiligen Schlechte-Laune-Film geworden wäre, hätten die Produzenten im Schneideraum nicht das Kommando übernommen und aus einem surrealen zweisprachigen Drama über Pädophilie und Gewalt gegenüber Frauen eine dröge Keanu-Reeves-Studie gemacht. Aber hey, sie hatten damals bei der Sitzung, als sie grünes Licht für das Projekt gaben, halt wohl mit ihren Handys gespielt und einfach nicht mitbekommen, dass es sich hierbei nicht, wir betonen: nicht um einen kommunen Cop-Thriller mit Starvehikel-Potenzial handelte. Vielleicht also wäre hier mehr dringelegen, hätte Linton, der seinen Namen schliesslich zurückzog und durch ein Pseudonym ersetzte, seinen kreativen Willen gekriegt. Sich das vorzustellen, fällt freilich sehr schwer.

 

 


«Olympus Has Fallen» (2013)


Das Weisse Haus wird von nordkoreanischen Terroristen attackiert: Wären wir damals in den Achtzigern oder auch noch den Neunzigern gewesen, wir hätten bei einer solchen Ausgangslage mit übelstem Patritotenpathos, grausligsten Machomätzchen und dreistesten Drehbuchdummheiten gerechnet. Es waren aber die gesitteten Obama-Jahre, und da dachte man halt schon, dass ein zwar nicht eben zimperlicher, aber gewiss nicht ganz unfähiger Regisseur wie Antoine Fuqua hier etwas halbwegs Schlaues zustande bringen würde. Dass der mimisch herausgeforderte Recke Gerard Butler die Hauptrolle spielte, machte dann aber doch ein bisschen stutzig. Und tatsächlich: Beim Versuch, das Weisse Haus solo von den Schuften zurückzuerobern, liess der den nordkoreanischen Ober-Schikaneur dann auch wissen, dass er ihm ein Messer ins Hirn jagen werde, derweil die ausser Rand und Band geratene Oscar-Preisträgerin Melissa Leo durch den West Wing geschleift wurde und bellte: «Ich habe meine Treue auf die Flagge der Vereinigten Staaten von Amerika geschworen.» Also ein solches Ausmass an übelstem Patritotenpathos, grausligsten Machomätzchen und dreistesten Drehbuchdummheiten hatte man wirklich länger nicht gesehen. Komisch. Und durchaus anachronistisch.

 

 


«Tusk» (2014)


Es gab eine Zeit, da galt Kevin Smith als einer der coolsten und spassigsten Independent-Vögel Hollywoods. Dieser dicke bärtige Typ mit der Baseball-Kappe hatte schliesslich «Clerks», «Chasing Amy» und «Dogma» gedreht. In den letzten 20 Jahren jedoch hat Smith «Jersey Girl», «Cop Out» und «Yoga Hosers» zusammengepfuscht und sich vornehmlich als infantiler Blödelbär hervorgetan. Dass diese Horrorkomödie hier zu einer derart unerquicklichen Angelegenheit geraten würde, kam also nicht aus heiterem Himmel. Aber irgendwie schien es einem dann doch, dass die Figuren hier sogar für Smith-Verhältnisse unerträglich dämlich und unsympathisch seien. Überraschend war einfach, dass Johnny Depp offenbar wirklich nichts Gescheiteres zu tun hatte, als sich hier zum Affen zu machen.

 

 


«London Fields» (2018)


Dass aus Bestsellern nicht zwingend filmische Meisterwerke entstehen, haben wir inzwischen schon auch begriffen. Dass aber so was wie das hier rauskommen kann, ist dann doch ein dickes Ding. 30 Jahre hat es gedauert, bis jemand es für opportun befunden hat, das schwarzhumorige Mörderrätsel von Martin Amis zu verfilmen. Am Ende war es dann ein gewisser Matthew Cullen – zuvor ausschliesslich als Musik-Videoclips-Regisseur für Acts wie Katy Perry oder Adele unterwegs –, der sich zutraute, den labyrinthischen Roman auf die Leinwand zu bringen. Herausgekommen ist ein trashiges Chaos von einem Neo-Noir, das neben einem akzeptablen Billy Bob Thornton und einem bizarr-comichaft chargierenden Jim Sturgess immerhin optisch auffällt: durch eine gewisse nicht abzustreitende Ästhetik und durch Amber Heard als attraktive und fast ausreichend charismatische Femme fatale.    

 

 


«Only God Forgives» (2013)


Nach «Drive» lag die Filmwelt Nicolas Winding Refn zu Füssen; und gemessen daran, was der Däne im Anschluss noch auf die Leinwand geschmiert hat, konnte er diese zügellose Zuneigung nicht wirklich produktiv verarbeiten. Ob es einfach Übermut und Hybris waren, die ihn zu einem Machwerk wie diesem verleitet haben, sei mal dahingestellt. Aber der inkohärente «Drive»-Nachfolger ist einfach ein von Grund auf unsympathisches Werk: Dass Refn hier Stil ein paar Stufen über Substanz stellt, liesse sich eingedenk der sicher nicht unaufregenden Neon-Ästhetik ja noch weglächeln; dass er Gewalt und Degeneration bis zum ekligst-exzessiven Äussersten zelebriert, könnte man noch als irgendwie intellektuell-künstlerisch motiviert und nicht für den drögen Durchschnittskinofan gedacht rechtfertigen; aber dass er Ryan Gosling in einem Platzhalter für eine Figur verschwendet und schlicht monströs langweilt, das geht ja nun gar nicht. Eine «cineastische Darmentleerung» hat das jemand genannt. Harsch und grauslich zwar, aber treffender gehts wirklich nicht.

 

 


«Third Person» (2013)


2004 war Paul Haggis für das Drehbuch zu Clint Eastwoods «Million Dollar Baby» für den Oscar nominiert, im Jahr darauf gewann das von ihm auch inszenierte Drama «Crash» recht überraschend sogar den Goldjungen. Und auf einmal, im Alter von bereits über 50 Jahren, war der zuvor jahrelang mit eher dünnen Stricken hantierende Kanadier ein Hollywood-Hotshot vor dem Herrn. Es folgten weitere Zusammenarbeiten mit Eastwood, Skripts zu zwei James-Bond-Filmen sowie zwei tipptoppe Regiearbeiten. Und dann kam dieses sehr seltsame romantische Drama, das im «Crash»-Stil drei miteinander verknüpfte Geschichten in Paris, New York und Rom erzählt. Oder sollte man sagen: zu erzählen versucht? Abgedroschen, langatmig und unglaubwürdig sind einige Adjektive, die sich hier für die Beschreibung des Skripts aufdrängen. Fast so schlimm ist allerdings, dass der Film trotz einem halben Dutzend Stars recht mies gespielt ist und richtiggehend billig ausschaut.

 

 


«The Cold Light of Day» (2012)


Anstelle dieser Schnarchtablette von einem Thriller könnte man auch einen Film wie «Extraction» nennen. Oder einen wie «Marauders». Oder eben auch irgendeine andere der rund zwei Dutzend betont ambitionslosen Belanglosigkeiten aus dem Action-Fach, die Bruce Willis in den letzten zehn Jahren nebst raren Glanzlichtern wie «Looper» oder «Motherless Brooklyn» einfach nicht müde geworden ist zu drehen. Im Gegensatz zu den meisten anderen Bruchlandungen gäbe es hier mit Henry Cavill und Sigourney Weaver wenigstens noch zwei prominente Co-Stars; aber das macht es nur noch enttäuschender, dass der französische TV-Regisseur Mabrouk El Mechri offenbar keinerlei Interesse daran hat, auch nur einen Millimeter von den maximal ausgelutschten Genreformeln abzuweichen, und es nicht einmal im Ansatz versteht, so etwas wie Spannung zu erzeugen. Oder Neugier für die Figuren aus dem vergilbten Kino-Katalog, die Willis und Weaver mit einem Desinteresse spielen, das an Verachtung grenzt. Willis hat momentan übrigens nicht weniger als sechs Projekte in der Pipeline, die der Veröffentlichung harren. In einem spielen immerhin auch Emile Hirsch und Megan Fox mit. Der prominenteste Mitstreiter der restlichen Streifen ist Til Schweiger.

 

 


«Aloha» (2015)


Er hatte die Ober-Charismatiker Bradley Cooper, John Krasinski, Rachel McAdams und Emma Stone in den Haupt- und Alec Baldwin und Bill Murray in den Nebenrollen am Start, durfte auf Hawaii drehen und hätte nach vier Jahren Kinopause ausreichend ausgeruht und entsprechend tatendurstig sein müssen. Aber irgendwie hat es Regisseur und Drehbuchautor Cameron Crowe («Almost Famous», «Jerry Maguire») trotzdem geschafft, diese Komödie gewaltig in den Sand zu setzen. Regelrecht unfertig wirkt dieser Film, als ob auf die Arbeit im Schneideraum verzichtet worden sei; und die Stars agieren bisweilen derart unsynchron, dass man sich fragt, ob sie überhaupt am selben Set waren. Jedenfalls scheint es, als ob sich Crowe jeweils mit dem ersten Take zufriedengegeben hat. So nach dem Motto: Wenn wir das so stehen lassen, schaffen wir es noch pünktlich an die Strandbar.

 

 


«The Counselor» (2013)


Ridley Scott verfilmt Cormac McCarthy; Michael Fassbender, Javier Bardem und Brad Pitt treten auf – und wider jede Wahrscheinlichkeit ist dieser Drogenthriller eine brutal langfädige und obendrein noch überaus geschwätzige Angelegenheit. Für eine halbwegs passable Figurenzeichnung blieb trotz zweier weitestgehend handlungsfreier Kinostunden keine Zeit; dafür haben es die Gewaltdarstellungen in sich. Und nein, Cameron Diaz und Penélope Cruz helfen auch nicht wirklich.

 

 


«Fifty Shades of Grey» (2015)


Nun gut, einen «Ultimo tango a Parigi» durfte man vielleicht nicht gerade erwarten, als die Erotikbestseller-Sensation ihren unvermeidlichen Weg ins Kino fand. Da aber mit Sam Taylor-Johnson hier jene Frau die Regiepeitsche schwang, die mit dem flotten John-Lennon-Biopic «Nowhere Boy» ein paar Jahre zuvor gröber hatte aufhorchen lassen, keimte leise Hoffnung auf etwas einigermassen Knisterndes auf. Dieser mut-, saft- und kraftlose Softcore-Sadomaso-Schmarren kam dann freilich derart unerotisch und aseptisch heraus, dass sogar die allernotorischsten Tiefstapler ihre Erwartungen unterboten sahen. Der vermeintliche Schocker des Jahres hatte das Skandalpotenzial eines Werbespots für ein Erektionsstörungspräparat; und die Chemie zwischen den Stars Jamie Dornan und Dakota Johnson war jetzt auch nicht eben ein Muntermacher. Immerhin sagt dieser Rohrkrepierer sehr viel darüber aus, was sich Hollywood im 21. Jahrhundert so unter Erotik vorstellt.

 

 


«Collateral Beauty» (2016)


Will Smith! Keira Knightley! Edward Norton! Kate Winslet! Helen Mirren! Und dazu der Regisseur von «The Devil Wears Prada» und «Hope Springs»: Nein, es konnte wirklich nicht damit gerechnet werden, dass uns hier ein Drama aufgetischt würde, das derart schamlos sentimental, offensichtlich manipulativ und plump gekünstelt ist. Und eine implodierende Esoterikbombe, die uns nach qualvollen anderthalb Stunden dann auch noch ein Finale zumutet, dessen Twist so absurd ist, dass man sich grad nochmals und erst recht verarscht fühlt.

 

 


«All I See Is You» (2016)


Was waren wir doch stolz, als «unser» Mark Forster damals Anfang der Nullerjahre mit dem Drama «Monster's Ball» Hollywood aufmischte. Und auch danach brachte der Davoser ja noch einiges zuwege. Der Bruch kam mit dem Bond-Film «Quantum of Solace», dem fraglos blassesten Beitrag der Daniel-Craig-Ära, der Tiefpunkt mit dem verknorzten und verirrten Entwicklungshilfe-Actiondrama – was für ein Genre! – «Machine Gun Preacher». Nach dem moderaten Erfolg mit dem Zombiefilm «World War Z» schien Forster freilich wieder auf günstigere Pfade zurückgefunden zu haben. Und insofern war es sicher nicht verkehrt, wenn man vorsichtig optimistisch dem Blindendrama «All I See Is You» entgegenblickte; die Prämisse war schliesslich spannend genug. Es wurden da dann auch tatsächlich einige interessante Fragen aufgeworfen. Aber falls diese beantwortet wurden, hat man das einfach nicht mitgekriegt – weil man aus Verdruss über die von Blake Lively und Jason Clarke mit Leichenbittermiene vorgetragenen bleiernen Krisengespräche innerlich schon weggezappt hat oder ob der unerträglichen Trägheit dieses thrillbefreiten Thrillers weggedöst ist. 

 

 


«Arsenal» (2017)


Das ist ein Nicolas-Cage-Film, und entsprechend darf man da natürlich mit Fug einwenden: selber schuld, wer sich etwas davon versprochen hat. «The Nic» ist schliesslich der Mann, der in der abgelaufenen Dekade sage und schreibe drei Dutzend Streifen von zuallermeist lamentabler Qualität abgespult hat, ein halbes allein im letzten Jahr. Aber so schlampig und pampig, so abstrus und abgeschmackt der kommune Nicolas-Cage-Film der Neuzeit auch sein mag: Es besteht immer die Möglichkeit, dass der Oscar-Preisträger von 1996 den Psycho auspackt und wie von Sinnen seinem markenzeichenhaften Overacting frönt – oder «Mega-Acting», wie Cage es selbst nennt, der seinen exaltierten Schauspielstil auch schon als eine Eigenerfindung namens «Nouveau Shamanic» bezeichnete und mit dem deutschen Expressionismus in Verbindung brachte. Item, Cage halt. Aber eben: Ein Cage-Film kann auch heute noch durchaus Spass bereiten, wenn auch meist in einem eher trashigen Sinne; und wer ihn hier vorab gesehen hatte – mit Perücke, Sonnenbrille und Schnäuzer –, kalkulierte halt schon ganz fest mit einem Ausreisser nach oben. Leider ist es aber so, dass es auch Filme gibt, die selbst dann zu grottig sind, wenn Cage so ausschaut wie hier, in einem undefinierbaren Südstaaten(?)-Dialekt drauflosbrabbelt und komplett durchdreht. Filme solcher Qualität sind just die Sache eines gewissen Steven C. Miller. Dessen «Stärke» besteht darin, im Akkord Actionthriller zu fabrizieren, die keinen Funken Originalität bergen, nichts zu sagen und keine Geschichte zu erzählen haben, ihre unverständlicherweise recht oft prominenten Darsteller sich selbst überlassen und all diese Defizite bisweilen mit kranken, sadistischen Gewaltexzessen zu übertünchen versuchen. Insofern ist dieses cineastische Abfallprodukt immerhin das: der quintessenzielle Steven-C.-Miller-Film.

 

 


«Hangman» (2017)


Ein Thriller über einen Serienmörder, der seine Taten auf dem Kinderspiel Hangman aufbaut – das gab es schon Anfang der Nullerjahre mal, und der Film war trotz «Twin Peaks»-Star Mädchen Amick alles andere als ein Leckerbissen. Dass es hier besser werden würde, stand zwar nicht unbedingt zu erwarten; schliesslich führte mit Johnny Martin ein Mann Regie, der zuvor einen Nic-Cage-Rachethriller ab Stange (siehe oben) zusammengeschustert und ansonsten vorwiegend als Stuntkoordinator gewirkt hatte. Aber andererseits: Es spielte hier halt Al Pacino mit. Und wenn Al Pacino mitspielt, kann die Sache so schlecht ja nicht sein, oder? Weit gefehlt, ja maximal weit sogar! Natürlich ist das Hauptproblem hier, dass dieser Thriller ein reichlich plumper und gänzlich kunstloser Abklatsch von «Se7en» ist, es mit dem Morden gewaltig über- und mit der Logik höllisch untertreibt. Aber tragischerweise ist tatsächlich auch Pacino definitiv nicht unschuldig am krachenden Scheitern dieses Projekts: Sein Spiel wirkt bisweilen so deplatziert, als sei er nicht ganz bei der Sache, und nicht selten derart schrill, als glaubte er, dem Film die fehlende Klasse reinhämmern zu können.

 

 


«The 15:17 to Paris» (2018)


Gleich zwei Denkfehler hat sich der grosse Clint Eastwood bei diesem Flop geleistet: Einerseits meinte er einen ganzen Spielfilm füllen zu können mit einer vielleicht eine Minute dauernden Heldentat: der mutigen Überwältigung eines Terroristen, durch die drei amerikanische Touristen ein Attentat auf einen TGV verhindert hatten. Andererseits fand er es noch smart, diese jungen Männer sich selbst spielen zu lassen. Das Ergebnis war dann, dass sich drei bemitleidenswerte Laiendarsteller durch ein unfertiges und mit absolut uninteressanten Rückblenden gestrecktes Skript über den Europa-Urlaub dreier US-Touristen stümpern mussten. Klar, Eastwood wollte diesen All-American-Boys salutieren, ihrem Glauben an die Freiheit, an Gott und die patriotischen Werte huldigen. Aber ein Meister mit seiner immensen Erfahrung hätte es doch wirklich besser wissen müssen.

 

 


«You Were Never Really Here» (2017)


Dieses Drama über einen traumatisierten Kriegsveteranen auf Rachefeldzug hat zwar nicht wenige Bewunderer, vor allem unter renommierten Filmkritikern. Aber das vermag auch nicht zu übertünchen, dass der vierte Film der schottischen Regisseurin Lynne Ramsay («We Need to Talk About Kevin») bei aller gelegentlichen rauen und düsteren optischen Pracht eine grauenhaft langfädige, weitestgehend handlungsfreie, bisweilen unerträglich prätentiöse und letztendlich unendlich deprimierende Angelegenheit ist. Immerhin aber wird man hier Zeuge davon, wie Joaquin Phoenix schon mal für seinen Joker-Auftritt probt in einem (Kunst-)Film, der sich wohl ebenfalls «Taxi Driver» zum Vorbild genommen hat.  

 

 

 

 «Dark Crimes» (2016)


Eine halbe Ewigkeit schlummerte dieser auf einem «New Yorker»-Artikel basierende Thriller im Giftschrank. Als ihn dann Mitte 2018 eine breitere Öffentlichkeit endlich zu Gesicht bekam – zuvor lief der Film für eine einzige Woche in Kolumbien, Italien und Ungarn sowie für ganze zwei Wochen in Portugal –, war dann auch sonnenklar, weshalb. Dieser vom griechischen Regisseur Alexandros Avrans im polnischen Krakau gedrehte Schund schaut nicht nur sackhässlich aus, ist nicht nur brutal langweilig und höchst problematisch in Bezug auf die Darstellung missbrauchter Frauen; er hat mit dem vollbärtigen Jim Carey auch einen komplett unpassenden und untauglichen Hauptdarsteller, der mit seinem polnischen Akzent für eine gewisse unfreiwillige Komik sorgt. Auf der Website Rotten Tomatoes kommt der Rohrkrepierer basierend auf 35 Filmkritiken auf das legendäre Score von... 0 Prozent.

 


«The Monuments Men» (2014)


Doch, auch George Clooney macht ab und zu mal etwas falsch. Zum Beispiel diese barock-schnarchige Historien-Tragikomödie um eine Truppe Tausendsassas, die im Zweiten Weltkrieg Kulturgüter vor den Nazi in Sicherheit bringen sollen. 70 Millionen Dollar hat dieser vermeintliche Spass gekostet; Matt Damon ist dabei, Bill Murray ist dabei, Cate Blanchett ist dabei, John Goodman, Jean Dujardin und Hugh Bonneville sind dabei – und natürlich auch Clooney selbst, der es sich nicht hat nehmen lassen, die Hauptrolle zu übernehmen. Doch all die noblen Absichten und charismatischen Stars können letztlich nichts ausrichten gegen eine Inszenierung, die man wohlwollend als nostalgisch bezeichnen kann, besser aber verstaubt schimpfen muss.

 

 


«Wish I Was Here» (2014)


Das gibts halt auch: dass einer nur einen guten Film in sich hat. Bei Zach Braff hiess dieser «Garden State» (2004): ein Wunderwerk und Herzensprojekt, in dem der «Scrubs»-Star für Regie und Drehbuch verantwortlich zeichnete und natürlich auch die Hauptrolle übernahm. Geschlagene zehn Jahre später kam dann – nach einer erfolgreichen Kickstarter-Kampagne – endlich der Nachfolger; und wieder roch es nach Herzblut, denn erneut hiess der Regisseur, der Drehbuchautor und der Hauptdarsteller Zach Braff – wobei er das Skript mit seinem Bruder geschrieben hatte. Von der charmanten Klasse des Erstlings war dieses klischeeüberladene und timingschwache Familiendrama dann aber trotz eines netten Soundtracks und ein paar interessanten Co-Stars derart weit entfernt, dass sich drei Jahre später die Enttäuschung über Braffs altbackene Gaunerkomödie «Going in Style» in Grenzen hielt.

 

 


«The Snowman» (2017)


Es werden im Hollywood von heute ja sowieso schon viel zu wenige Krimis verfilmt. Und dann schafft man es doch tatsächlich, eine Jo-Nesbø-Adaption derart in den Sand zu setzen. Zugegeben, es ist dies vielleicht nicht unbedingt das spannendste Buch aus der Harry-Hole-Reihe – aber was der zuvor doch so kompetente Regisseur Tomas Alfredson («Tinker Tailor Soldier Spy») und seine Drehbuchautoren hier abliefern, erstickt die Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen mit dem kaputten Cop des Osloer Dezernats für Gewaltverbrechen im Keim. Dass dieser Thriller so führungslos, ja so unfertig wirkt, wird aber auch an der chaotischen Produktion gelegen haben. Alfredson machte nach den desaströsen Kritiken jedenfalls einen irrsinnig gehetzten Zeitplan für das Fiasko verantwortlich und geltend, dass 10 bis 15 Prozent des Skripts gar nicht erst verfilmt worden seien. Das könnte erklären, warum die Handlung des Films, den ursprünglich Martin Scorsese inszenieren sollte, nahezu null Sinn macht.

 

 


«Magic in the Moonlight» (2014)


Es ist derzeit ja gerade schwer in, auf Woody Allen herumzuhacken. Dass er hier auch noch auftaucht, hat aber nichts damit zu tun – sondern schlicht mit der gähnenden Langweile, die Allen uns hier vorgesetzt hat. Freilich war damals die Erwartungshaltung an ihn auch gerade wieder einmal leicht erhöht, hatte er doch zuvor mit «Blue Jasmine» einen seiner besten Film überhaupt abgeliefert und hier mit Emma Stone und Colin Firth ein Star-Duo am Start, dem es sehr wohl zuzutrauen war, diesem auf wohlbekannten Allen-Pfaden wankenden Schwank um schwindelnde Magier einen gewissen Charme einzuhauchen. Aber sosehr sich die beiden auch mühen und so prächtig die Aufnahmen an der Côte d’Azur auch funkeln – hier zündet der Funken einfach nicht. Und dass Allen dieser Lappalie dann auch noch den mindestens so mühsamen «Irrational Man» folgen liess, war dann auch nicht eben erbaulich.

 


«The Fanatic» (2019)


Die Frage, ob John Travolta glaubwürdig einen Autisten spielen kann, wurde in diesem dilettantischen und mehrfach Razzie-nominierten Thrillerdrama mit einem beherzten Nein beantwortet. Als fanatischer Filmfan, der seinem Idol nachstellt, erreicht der bei der Rollenwahl zuletzt Nicolas-Cage-mässig unwählerische Travolta einen neuen Tiefpunkt und macht den doppelten Hattrick an desaströsen Filmen komplett: sechs am Stück. Es muss aber auch die Frage erlaubt sein, was sich Regisseur Fred Durst bei der ganzen Sache eigentlich überlegt hat. Elf Jahre hat er sich Zeit gelassen nach seinem letzten Film – und dann so was?