Knapp am Ziel vorbeigeschossen

Nun ist er also endlich da, der neue Polanski. Für den Horrorthriller «The Ninth Gate» hat sich das lange Warten jedoch nur bedingt gelohnt, zumal das Comeback trotz formaler Brillanz und exzellentem Hauptdarsteller an einem völlig unbefriedigendem Finale letztlich scheitert.

 

von Sandro Danilo Spadini

Nein, nein, Roman Polanski hat persönlich mit Hexerei nichts am Hut. Immer wieder wurde kolportiert, der gebürtige Pole hege eine Faszination für Schwarze Magie, waren Filme wie «Tanz der Vampire» (1967) und vor allem «Rosemaries Baby» (1968) doch sehr dem Okkulten verhaftet. In unzähligen Interviews wurde Polanski mit dieser angeblichen Obsession konfrontiert, und immerzu stritt er jegliches Interesse ab. Mit seinem neuen Film «The Ninth Gate» wendet sich Polanski nun jedoch abermals dem Horrorgenre zu. Johnny Depp spielt den reichlich unsympathischen Einzelgänger Dean Corso, dessen Arbeit darin besteht, für seine wohlhabenden Auftraggeber bibliophile Raritäten aufzuspüren. Zu seiner Klientel gehört auch der bekannte Dämonologe Boris Balkan (Frank Langella), welcher stolzer Besitzer des legendären satanischen Handbuches «Die neun Pforten ins Reich der Schatten» ist. Doch unglücklicherweise zweifelt Balkan an der Authentizität des raren Werkes und so beauftragt er Corso, seine Ausgabe mit den beiden einzigen anderen Exemplaren auf der Welt zu vergleichen. Angelockt von einem überaus grosszügigen Check sagt der Bücherjäger zu, und so nimmt ein unheilvoller Trip quer durch Europa seinen Lauf...

Handwerklich bestechend

Bereits der äusserst stimmige Vorspann lässt hoffen, dass Polanski mit «The Ninth Gate» an seine alten Klassiker anknüpft. Für gut neunzig Prozent des Films erfüllt sich diese Hoffnung auch, denn der Altmeister hat von seinem handwerklichen Können nichts eingebüsst. In «The Ninth Gate» wird ein wahres Feuerwerk von grandiosen, geradezu bombastischen Einstellungen gezündet. Oftmals gelingt es Polanski sowohl die düstere Stimmung als auch den schieren Nervenkitzel seiner früheren Filme zu erzeugen. Für den Soundtrack von Wojciech Kilar gibt es ebenfalls Pluspunkte und mit Johnny Depp wird der Film zudem von einem grossartigen Hauptdarsteller getragen. «The Ninth Gate» wäre ganz grosses Kino geworden, würde Polanski im entscheidenden Moment nicht patzen.

 

Schwache Auflösung

 

Dort, wo ein ähnlich gelagerter Film wie «The Sixth Sense» sich die Krone aufsetzt, versagt «The Ninth Gate» auf ganzer Linie: beim Finale. Sind während des gesamten Films lediglich der mitunter etwas deplazierte Humor sowie die Fehlbesetzung von Emmanuelle Seigner als Corsos «Schutzengel» zu bemängeln, so gerät das Ende des Films zu einem wahren Fiasko. Polanski überspannt vor allem auch in der Bildersprache den Bogen ganz entschieden und schliesst dann mit einer gänzlich unbefriedigenden Auflösung. Was übrigbleibt, ist das Gefühl, dass hier eine grosse Chance verpasst wurde sowie das Bedauern, dass durch die letzte Viertelstunde ein an sich hervorragender Film zerstört wurde. Welcher Teufel Polanski da wohl geritten haben mag?