Getrübte Wiedersehensfreude

Trotz drei erneut glänzend aufgelegter Hauptdarsteller bleibt «Bridget Jones: The Edge of Reason» hinter den Erwartungen zurück und kann weder der Buchvorlage noch dem Vorgängerfilm das Wasser reichen.

 

von Sandro Danilo Spadini

58,5 kg (schlittere mitten auf der Fettspur); Lover: 1 (hurra!); Sex: 3-mal (hurra!); Kalorien: 2100; davon durch Sex wieder verbrannt: 600; macht unterm Strick magere 1500 Kalorien (hervorragend). Mit diesem grosso modo euphorischen Eintrag beginnt «Bridget Jones: The Edge of Reason», Helen Fieldings bereits 1999 erschienene Fortsetzung des Bestsellers «Bridget Jones’s Diary», die unmittelbar an den Schluss des ersten Teils anknüpft. Alles in Butter also bei Bridget: Der Mann der Träume zappelt im Netz, zuckt im Bett und liefert obendrein noch wertvolle Dienste beim verzweifelten Kampf gegen die Fettpölsterchen. Hurra! Nun wäre Bridget aber nicht Bridget und der Roman wohl nicht halb so witzig, wenn diese von wohliger und lange ersehnter Zweisamkeit zeugende Momentaufnahme zum Dauerzustand würde. Misstrauen, Missverständnisse und vor allem die arttypische Tollpatschigkeit der Bridget Jones wissen schon sehr bald zu verhindern, dass unsere Heldin einem sorgenlosen Lenz mit ihrem etwas lockerer gewordenen und nur noch teilweise, ähm, steifen Schatz Mark Darcy entgegensehen darf. Und deshalb ist schon bald wieder Schluss mit «Hurra!», werden die Ratgeberbücher wieder hervorgeholt, die Chardonnay-Flaschen im Dutzend gekillt, die Zigaretten in Bürstenbinder-Manier gepafft und gemeinsam mit den nicht minder hysterischen Freundinnen Klagelieder angestimmt.

Neue Regisseurin

Dass sich das amüsante Treiben im Hause Jones über kurz oder lang auch wieder im Kino abspielen wird, war eingedenk des Erfolgs der ersten Verfilmung absehbar und die Aussicht darauf potenziell wunderbar. Genährt wurden die freudigen Erwartungen umso mehr, als die komplette Darstellercrew ihr Jawort zum Mitwirken an der Fortsetzung gab. Zum zweiten Mal schlüpft somit Renée Zellweger in die Rolle der beliebten wie beleibten Mittdreissigerin Bridget Jones, flankiert von den Herren Colin Firth als urbritisch zugeknöpftem Menschenrechtsanwalt Mark Darcy und Hugh Grant als unberechenbarem Schlawiner Daniel Cleaver, Bridgets Ex aus Teil eins. Ausgetauscht wurde indes die Regisseurin: Statt Sharon Maguire schwingt dieses Mal Beeban Kidron das Zepter. Ob es einzig an diesem Personalwechsel lag, dass das zweite Kinoabenteuer der Bridget Jones nicht annähernd so unterhaltsam herausgekommen ist wie der erste Streich, ist zwar fraglich. Zweifel an dieser Personalentscheidung bleiben aber gleichwohl: «Never change a winning team», heisst es in der Welt des Fussballs, und aus dieser kommen ja bekanntlich viele unschätzbare Weisheiten fürs praktische Leben. Und irgendjemand muss schliesslich schuld sein, dass auf der Leinwand nicht gelingen will, was Helen Fielding auf dem Papier locker geschafft hat: das Niveau des Erstlings zu erreichen oder gar noch zu übertreffen.

Durchschnittlich unterhaltsam

Eine unweise Entscheidung war es jedenfalls, sich im Gegensatz zu Teil eins nur noch sehr vage an die Vorlage zu halten. Bloss das Gerüst der Handlung wurde im von Richard Curtis («Notting Hill») mitverfassten Drehbuch übernommen; viele wiederkehrende Motive des Romans wurden zugunsten neu eingeführter und selten die gewünschte Wirkung erzielender «Running Gags» ebenso ausgespart wie die das Buch in hohem Masse bestimmende Thematik des Grossstädter-Singledaseins und der damit für Bridget verbundenen Qualen. Die Konzentration gilt überdies fast ausschliesslich den drei Protagonisten, wobei Grants Figur, die im Buch kaum erwähnt wird, einer massiven Aufwertung bedurfte – was grundsätzlich zu begrüssen ist, zumal Grant bei seinen (immer noch zu kurzen) Auftritten einmal mehr allen die Show stiehlt. Auf der Strecke blieben so aber die skurrilen Nebenfiguren, die bei Fielding, aber auch bei Maguire eine tragende und die Gagquote nach oben treibende Rolle spielten, hier aber, arg marginalisiert, zu besseren Pappkameraden verkommen. Der in all seiner neurotischen Verrücktheit so lieb und vertraut gewordene Bridget-Jones-Mikrokosmos will dergestalt auf der Leinwand nicht so recht zum Leben erwachen, was auch an einer gewissen «Amerikanisierung» des Humors liegt. Und Identifikationspotenzial bietet diese grotesk überzeichnete, noch chaotischer, noch tollpatschiger gewordene Bridget auch kaum mehr – insbesondere nicht für Frauen, die gegenüber feministischem Gedankengut aufgeschlossen sind. Fazit: 0 kg Tiefgang (macht ja eigentlich nix); Klassedarsteller: 3 (hurra!); Klassegags: nicht so viele (hmpf!); Spieldauer: 108 Minuten; davon durch Hugh Grant zum puren Vergnügen gemacht: ca. 38 Minuten; macht unterm Strich ca. 70 Minuten durchschnittlich unterhaltsames Klamaukkino (na ja).