XXL-Engel ausser Rand und Band

Wilder, lauter, schriller: In Teil zwei der Actionkomödie «Charlie’s Angels» packt Regisseur McG überall noch eine Schippe drauf, bleibt damit aber trotzdem ein gutes Stück hinter dem Vorgänger zurück.

 

von Sandro Danilo Spadini

Wann immer Hollywood sich eine Fortsetzung einer erfolgreichen Kinoproduktion vornimmt, muss das Ergebnis noch eine Spur spektakulärer ausfallen. Die Produktionskosten steigen, der Werbeaufwand wird vervielfacht, das Personal aufgestockt. Die uramerikanische Losung «Size matters» scheint hier noch verstärkt Gültigkeit zu besitzen. Die Zahl der wirklich gelungenen Sequels hält sich freilich in überschaubaren Grenzen, was die Studiobosse angesichts der Schwemme von Fortsetzungen, die da derzeit und in den nächsten Monaten in die Kinos kommen oder in Produktion gehen, offenbar nicht davon abhält, ad nauseam dasselbe neu und meist mit zu viel von allem gewürzt zu servieren und jeden noch so schalen Hit, der sich irgendwie anbietet, auf diese Weise bis zum letzten Tropfen auszupressen.

Erfolgreicher Vorgänger

Dass die bezaubernden Engel von Charlie in eine zweite Runde gehen würden, stand schon unmittelbar nach Drehschluss des ersten Teils und mit ungleich forscherer Bestimmtheit nach dem darauf folgenden, für alle Beteiligten höchst erfreulichen Kassensturz ausser Frage. Immerhin gehört «Charlie’s Angels» damit nebst «Mission: Impossible» zu einer der nur wenigen Kinoversionen von TV-Serien aus den 60er-und 70er-Jahren, denen ein solches Schicksal vergönnt war. Mit einem Einspielergebnis von 40 Millionen Dollar alleine am ersten Wochenende war der Weg der XXL-Engel in die Champions League des Kinos schon von Anfang an vorgezeichnet, derweil für andere munter, letztlich aber zu ungelenk auf der Welle des Serien-Revivals surfende Produktionen wie «The Saint», «The Avengers» oder «The Mod Squad» bereits in der Qualifikationsphase das Aus kam. Der überwältigende Erfolg von «Charlie’s Angels» kam indes nicht von ungefähr: Mit seinen drei sexy Power-Girls, wilder Action inklusive Kampfszenen im «Matrix»-Stil und einem ohrenbetäubenden Soundtrack heizte der ehemalige Videoclip-Regisseur McG seinem vornehmlich jugendlichen Publikum ordentlich ein und kam der Forderung der Fun-Generation nach einem unbeschwerten Fun-Movie in für einen Debütanten unerhört leichtfüssiger Manier, mit einem steten Augenzwinkern und trockenem Humor souverän nach.

Schwächer, aber nicht wirklich schwach

In «Charlie’s Angel: Full Throttle» wollte McG nun aber zu viel. Was vom Charme des 70er-Jahre-Originals noch übrig geblieben war, wurde zugunsten von noch wilderer Action, noch sexieren Outfits, noch lauterer Musik, noch schnelleren Schnitten und noch schrilleren Eskapaden radikal weggefegt, weggesprengt und wegkatapultiert. McG legte überall noch eine Schippe drauf, baute auch das komödiantische Element – erfolgreich – weiter aus und holte zudem eine halbe Armada von Gaststars (u.a. Demi Moore, John Cleese und Justin Theroux) zu sich, Cameron Diaz, Drew Barrymore und Lucy Liu ins Boot. Unter der ganzen Last aber ächzt der Mythos der Engel gewaltig, und sie krächzen schliesslich in ziemlich schiefer Tonlage eine bei Weitem nicht mehr so runde Melodie, der zwar noch dieselben Motive wie dem Vorgänger zugrunde liegen, die mit noch härterem Beat und allerlei zumeist recht albernem Schnickschnack angereichert jedoch nichts weiter als eine dieser mehr oder minder überflüssigen Remixes abgibt, die sich auf B-Seiten halt so zu finden pflegen. Der Zauber des Neuen – und neu war Teil eins zumindest auf formaler Ebene – ist weitestgehend verflogen, der Spass ist bis zu einem gewissen Grad bereits ausgereizt. Personelle oder konzeptionelle Neuerungen wie der Einbau der nicht uninteressanten Figur von Demi Moore als gefallener Engel und das Ausleuchten des persönlichen Hintergrunds der drei Hauptakteurinnen erweisen sich nicht als die erhofften Reizpunkte und verpuffen in dem ganzen Wirrwarr mehr oder minder wirkungslos. Und trotzdem wäre es ein wenig schade, würden uns diese drei zauberhaften Wesen nach bloss zwei Abenteuern schon wieder verlassen, zumal jetzt, da sie etwas schärfere Konturen erhalten haben. Denn als Trio infernale, als Engel ausser Rand und Band überzeugt das Team Diaz-Barrymore-Liu noch immer und gewinnt «Charlie’s Angels: Full Throttle» so doch noch einen gewissen Reiz ab.