Auf die feine englische Art

Ein von Shootingstar Keira Knightley angeführtes Ensemble sorgt in Joe Wrights unspektakulär traditioneller Adaption von Jane Austens «Pride & Prejudice» für gute Laune und beste Unterhaltung.

 

von Sandro Danilo Spadini

Zugegeben: Eine weitere Jane-Austen-Verfilmung ist vielleicht nicht gerade das, worauf man mit glühender Sehnsucht gewartet hat. Schliesslich wurde ja das Œuvre der 1817 nur 41-jährig verstorbenen Engländerin Mitte Neunziger mit den Kino-Adaptionen von «Persuasion», «Emma», «Sense and Sensibility» und «Mansfield Park» praktisch en bloc zu Zelluloid gebracht. Indes: Wiewohl von einem feministischen Standpunkt aus betrachtet nicht mehr ganz zeitgemäss, erwiesen sich die jeweils recht traditionsbewussten kinematografischen Behandlungen dieser sich durch hohes Sozialbewusstsein, scharfe Beobachtungsgabe und schiere Formvollendung auszeichnenden Güter der britischen Hochkultur auch in den modernen Lichtspielhäusern noch als Garanten für gediegene Unterhaltung – für Amüsement, dem jegliche Frivolität fremd ist, das aber Lustspiel im besten Sinne des Wortes bietet: lustvoll und spielerisch. Und deshalb ist es nur folgerichtig und statthaft, wenn nun – kurz nach Gurinder Chadhas Bollywood-Variation «Bride & Prejudice» – wieder in heiterem Ton und geschliffenen Wortes drauflosgeworben, -geschmeichelt, -gekuppelt, -gewitzelt und -gefoppt wird – wenn sich nun also abermals Austens heiratswillige Heldinnen auf der Leinwand tummeln, umgarnt von galanten Oberklasse-Junggesellen, welche die soziale Sicherheit verheissende Partie abgeben.

Dezent und stilsicher

Just auf der Insel drohte Kinoneuling Joe Wright mit seiner Version von «Pride & Prejudice» indes ein schwerer Stand, erfreut sich dort doch die 1995 als TV-Miniserie gezeigte Adaption des Stoffes unvermindert höchster Beliebtheit. Nicht umsonst quasselt etwa Bridget Jones in ihren – im Übrigen überdeutlich an Austens Werk angelehnten – Tagebüchern unaufhörlich von Colin Firths damaliger Verkörperung des Mr. Darcy, und nicht zufällig trägt ihr im Kino von ebendiesem Colin Firth gespielter Verehrer denselben Namen. Sich auf keine Wagnisse einlassend, jeglichen Modernisierungsverlockungen widerstehend und gleichzeitig den Gefahren der Langatmigkeit trotzend, hat es Wright letztlich aber wohl sogar Bridget Jones recht gemacht. In dezenter, stil- und timingsicherer Regie ist ihm eine äusserst lebendige Umsetzung geglückt, die sich freilich auf eine ausgezeichnete Bearbeitung durch Drehbuchautorin Deborah Moggach stützen darf. Dergestalt gibt er die hübsch dekorierte Bühne frei für seine durchweg sympathischen Darsteller, die einen zum Dank dafür dann auch mit der Wucht ihrer geballten Kompetenz fast erschlagen.

Bestens besetzt

Nebst einigen alten Schlachtrössern verlustieren sich vor allem unverbrauchte Gesichter in diesem prächtigen Ensemble. Angeführt wird es von der erst 20-jährigen Keira Knightley («Bend It Like Beckham»), die mit ihrem gleichsam rustikalen Charme der gewitzten Elizabeth Bennet inmitten all der komödiantischen Liebesirrungen zu Bodenhaftung verhilft. Dass Knightley Flanken schlägt wie David Beckham, ist längst bekannt; dass sie anders als dieser auch ein Spiel bestimmen kann, bedurfte aber noch des nun in bravouröser Manier erbrachten Nachweises. Als Objekt der Begierde steht ihr Newcomer Matthew MacFayden – bekannt aus der soliden BBC-Agentenserie «Spooks» – kerzengerade gegenüber. Er spielt den nur scheinbar dünkelhaft-arroganten Mr. Darcy so verklemmt verhalten, mimisch minimalistisch, wie dies von der Vorlage verlangt wird. Rückschlüsse auf sein Talent lässt das zwar nicht zwingend zu, und Colin Firth, die unerreichbare Idealbesetzung für diese nicht allzu dankbare Rolle, ist irgendwie auch stets präsent; immerhin wird so aber Elizabeths anfängliche Reserviertheit gegenüber Darcy verständlich. Top aufgestellt ist die mit einer stattlichen Anzahl von grösseren Sprechrollen bestückte Working-Title-Produktion ferner in der zweiten Reihe, wo die unverwüstliche und unvermeidliche Judi Dench kurz auftritt und Donald Sutherland als Elizabeths gut- und gleichmütiger Vater der Fels in der amourösen Brandung ist. Derweil besticht Rosamunde Pike als älteste der fünf Bennet-Schwestern mit Anmut, Simon Woods als deren «love interest» Mr. Bingley mit Herzlichkeit und Tom Hollander als ungeliebter Cousin Collins mit Witz. Einzig Brenda Blethyn als Elizabeths umtriebige Mutter fällt ein klitzekleines bisschen ab – sie hat man schon mindestens einmal zu oft in der Rolle der jovialen Hysterikerin gesehen. Doch so ein mickriges Härchen in der wohl nicht scharfen, noch weniger aber faden Suppe vermag den Genuss mitnichten zu mindern.