Eine Lüge hier, ein Trick da – aber immer mit Stil

Die Regisseure von «Crazy, Stupid, Love» stellen Will Smith mit dem so spassigen wie spannenden Schelmenstück «Focus» das ideale Vehikel bereit – und eine bezaubernde Partnerin an die Seite.

 

von Sandro Danilo Spadini

Wenn im richtigen Leben stets die Falschen gewinnen, dann gibt es zum Glück immer noch Hollywood. In der Traumfabrik werden alternative Welten erschaffen, die uns Zuflucht gewähren vor den bitteren Realitäten da draussen. Hier fühlen wir uns wohl. Hier versteht man uns. Und hier lachen wir uns ins eben noch geballte Fäustchen, wenn der Spiess umgedreht wird und unsere Stellvertreter die reichen Tyrannen aufs Kreuz legen. Wir dürfen jene Genugtuung geniessen, die uns sonst so oft verwehrt wird. Wir erhalten den Glauben an die Gerechtigkeit zurück. Und wir haben dabei nicht selten einen Heidenspass. Herrlich war es doch, wie der fiese Börsenmogul in «Tower Heist» von den Angestellten eine Lektion erteilt bekam. Geradezu genial sah es aus, wie der zynische Versicherungsmagnat in «Now You See Me» von diesen Zauberern reingelegt wurde. Und auch wenn die drei Knilche aus «Horrible Bosses 2» jetzt nicht leuchtende Vorbilder und Identifikationsfiguren waren, so blieb es doch eine (Schaden-)Freude, zu sehen, wie der arrogante Investor am Schluss durch die Finger schaute.

Charmanter Schlagabtausch

Im Schelmenstück «Focus» von Glenn Ficarra und John Requa («Crazy, Stupid, Love») fällt die Identifikation mit dem Helden nun nicht leichter: weil dieser in der übermenschlich coolen Person von Will Smith daherkommt, der uns alle wie Tölpel und Trampel aussehen lässt. Viel eher sollten wir zunächst sogar mit den Opfern fühlen. Zumal es kommune Leute sind, die Nicky und seine Spiessgesellen da am Superbowl in New Orleans reihum ausnehmen. Am Ende wird es die Rekordsumme von 1,2 Millionen Dollar sein, die man den Touristen buchstäblich aus den Taschen gezogen hat. Jess (Margot Robbie) ist entsprechend beeindruckt. Ihr ist Nicky in New York begegnet – als sie ihn mit einer schludrigen Nummer zu linken versuchte. Nicky hat ihr dann eine freundliche Lektion erteilt und eingebläut: «Amateure gehen drauf.» Jess hat das wohl beherzigt und zeigt sich als «Praktikantin» jetzt wiss- und lernbegierig; zudem sind da ja noch andere Qualitäten, die Nicky schon beim rhetorisch furiosen Geplänkel in der Auftaktszene aufgefallen sein müssten. Und hat er es nicht bemerkt, dann wissen doch wir sehr wohl, wo ein solch charmanter Schlagabtausch zwischen attraktiven Menschen gerne hinführt. Einstweilen jedoch kommt es zur Trennung, einem Sprung drei Jahre voraus und den Vorbereitungen zum obligaten letzten Coup. Dieser soll in Buenos Aires im Formel-1-Milieu ablaufen. Es gibt hier nun zur Befriedigung unserer brachialeren Instinkte doch noch den reichen Widerling (Rodrigo Santoro), der im Fokus der Gauner steht; es gibt dessen Beschützer (Gerald McRaney), der richtig fuchsig werden kann, wenn er um das Wohl seines Bosses bangt; und es gibt in mondänem Ambiente und bei stetem Sonnenschein selbstverständlich das Wiedersehen mit einer gewissen Blondine, die in der Zwischenzeit offenbar eine Menge dazugelernt hat.

Attraktives Traumpaar

Spassig und spannend ist das, farbenfroh und stimmungsvoll, prickelnd und pfiffig – kurzum: eine Wohltat in dieser trüben (Kino-)Zeit. Und das nicht nur für uns, sondern auch für den Superstar Will Smith, der sonst eher in grösseren Dimensionen denkt; nach einigen Flops hat der mittlerweile jedoch seinen Nimbus als sicherer Kassenmagnet verloren und muss nach acht Jahren ohne Hit froh sein um diesen Schwank im groovigen «Ocean’s Eleven»-Stil. Umso erquicklicher ist das für den ewig jugendlichen Schlawiner, als ihm in Margot Robbie («The Wolf of Wall Street») eine Newcomerin von bezauberndem Naturell zur Seite steht. Wenn die 24-jährige Australierin weiter so strahlt, steht sie fraglos vor einer grossen Karriere – vor allem wenn sie auch in Zukunft dermassen perfekt mit ihren Partnern harmoniert. Die Chemie zwischen ihr und Smith überspielt jedenfalls locker den kleinen Durchhänger in der zweiten Hälfte und dass das Ganze allen Tricks zum Trotz ein wenig absehbar und nicht immer mit der Logik im Bunde ist. Smith und Robbie scheinen ebenfalls Gefallen aneinander zu haben: In der Comicadaption «Suicide Squad» sehen sie sich schon bald wieder. Das ist dann wieder mehr Smiths Kragenweite. Aber ob wir da wieder so viel Augenfutter und Seelenbalsam bekommen, ist doch fraglich.