Spiel mir das Lied vom Tor

Der erste Teil der angestrebten Fussballtrilogie «Goal!» ist ein formelhaftes Sportmärchen, das dank authentischer Spielszenen und sympathischer Darsteller den hohen Ambitionen gerecht wird.

 

von Sandro Danilo Spadini

«Fussball ist Unterhaltung, und die Unterhaltungsindustrie kommt am Fussball nicht vorbei», konstatiert FIFA-Präsident Sepp Blatter mit Bezug auf die von seinem Verband «ideell, technisch und logistisch» unterstützte Fussballtrilogie «Goal!» ganz richtig im Editorial des «FIFA Magazine». Was Blatter im Weiteren aber verschweigt: Vor allem ihm, dem Walliser Visionär, ist es zu verdanken, dass nun das erste Drittel der von Drehbuchautor und Produzent Mike Jefferies als «ultimative Hymne des Fussballs» gepriesenen 100-Millionen-Dollar-Produktion vorliegt. Er war es nämlich, der laut Jefferies als Erster im Verband «sofort die Tragweite» des ausschliesslich mit Sponsorengeldern finanzierten Projekts erkannt und die Machern von aller Anfang an ermutigt habe.

Steiniger Aufstieg

Was dieser ambitiösen Kooperation entsprungen ist, kann sich denn auch durchaus sehen lassen: Teil eins erzählt die zwar klischee-, formel- und märchenhafte, gleichzeitig aber einigermassen erfolgreich um Realismus bemühte Tellerwäschergeschichte des Ballzauberers Santiago Munez (Kuno Becker), der einst als zehnjähriger Steppke mit seiner Familie illegal von Mexiko in die USA eingewandert war. In einem unschmucken Barrio von Los Angeles pflegt Santiago derart filigran dem Ball hinterherzujagen, dass er die Aufmerksamkeit eines ausrangierten englischen Talentspähers (Stephen Dillane) erregt. Durch dessen Vermittlung landet er schliesslich im St. James’ Park, der pompösen Fussballkathedrale im Nordosten Englands, wo im Schnitt 52'000 fanatische Anhänger des Traditionsklubs Newcastle United ihr Team nach vorne peitschen. Unter den Augen des deutlich nach Arsenals Arsène Wenger modellierten Klubmanagers (Marcel Iures) kann Santiago zunächst freilich nicht überzeugen, darf sich einstweilen aber wenigstens über das Reserveteam für höhere Aufgaben empfehlen. Support sowie weniger sachdienliche Ablenkung kommt während dieser von zahlreichen Rückschlägen geprägten Probezeit ausgerechnet von der gar lebenslustigen Diva Gavin (Alessandro Nivola), Newcastles millionenschwerem Neueinkauf, der gerade selbst unten durch muss. Wo das alles hinführen wird, muss und auch soll, ist uns unterdessen längst klar: Pass Gavin, Tor Santiago.

Packende Spielszenen

Die Story von «Goal!» ist natürlich schon etwas einfach gestrickt. Dass der Film nicht mit der Kantigkeit einer Blutgrätsche eines kahlköpfigen britischen Abwehrrecken daherkommen wird, war aber zu erwarten. Kritische Töne – etwa zur fortschreitenden Kommerzialisierung – werden folglich kaum angestimmt. Viel lieber wird ein wenig auf die Tränendrüse gedrückt und ein eingängiges wie romantisierendes Loblied auf Tugenden wie Ehrgeiz, Fairness und Solidarität sowie auf die Völker verbindende Kraft des Fussballs gesungen. Eingedenk dessen, dass mit «Goal!» eine breites, auch US-amerikanisches, Publikum erreicht werden soll, ist das aber okay. Oliver Stones brillante Football-Abrechnung «Any Given Sunday» diente jedenfalls nur bezüglich Action auf dem Platz als Vorbild und Inspirationsquelle. Stones diesbezügliche Tipps hat der für Michael Winterbottom eingesprungene Engländer Danny Cannon («C.S.I.») indes tauglich umgesetzt: Ihm ist der wohl erste Film über den zeitgenössischen Fussball geglückt, dessen – freilich nur die Rahmenhandlung bildende und am Computer zusammengestückelte – Spielszenen nicht ausschauen wie das müde Gekicke einer fusskranken Altherrenmannschaft. Gewiss ist das alles noch steigerungsfähig, und die Grossaufnahmen während der Spiele sind auch recht gewöhnungsbedürftig, dank schneller Schnitte und brodelnder Stadionatmosphäre wird aber das Pulsierende und Faszinierende bisweilen doch ziemlich dynamisch und authentisch vermittelt. Mit dem sympathischen mexikanischen TV-Star Kuno Becker hat man überdies einen kleinen Rastelli verpflichten können, derweil der formstarke Alessandro Nivola immerhin das Posen der Grossen perfekt draufhat. Da sich auch Newcastles Klubführung höchst kooperativ zeigte, kommen zudem United-Cracks wie Alan Shearer oder Kieron Dyer ebenso zu ihren Auftritten wie die quasi obligaten Real-Madrid-Superstars Zinédine Zidane, Raùl und David Beckham, die jedoch nur «in Zivil» zu sehen sind; mit Letzteren wird Santiago dann im vom Spanier Jaume Collet-Serra («House of Wax») zu inszenierenden zweiten Teil – die Dreharbeiten haben gerade begonnen – auf dem Platz stehen, wenn er seinen Transfer zu Real vollzieht und nach dem Champions-League-Titel greift. Die Teilnahme an der Weltmeisterschaft soll schliesslich den Abschluss der Trilogie bilden.