13 Tage zwischen Hoffen und Bangen

So spannend kann Geschichte sein: Regisseur Roger Donaldson schildert in seinem neuen Film «Thirteen Days» die heissen 13 Tage im Oktober 1962, als im Zuge der Kubakrise der Welt ein nuklearer Krieg drohte.

 

von Sandro Danilo Spadini

Es ist immer eine etwas verzwickte Sache, wenn sich Hollywood an einen historischen Stoff heranwagt – Oliver Stone kann ein Lied davon singen. Heftige Schelte fing sich der Meisterregisseur für Filme wie «JFK» (1991) und «Nixon» (1995) ein. Gewagte Spekulationen, mangelnde Faktentreue und historische Ungenauigkeiten wurden Stone damals seitens der Zeter und Mordio schreienden Expertenschaft vorgeworfen. Doch so berechtigt diese Einwände auch sein mochten, die Historiker verkannten in ihrer Entrüstung ein gewichtiges Kriterium: Oliver Stone arbeitet fürs Kino und nicht etwa fürs Schulfernsehen. Wie sagte doch jüngst Literaturkritiker-Papst Marcel Reich-Ranicki bei der Besprechung des auf historischen Grundlagen basierenden Buches «Der Besuch des Leibarztes» von Per Olov Enquist: Die historische Genauigkeit interessiere ihn überhaupt nicht, schliesslich stehe vorne auf dem Deckel das Wort Roman drauf.

Dialoglastig und faktentreu

Da diese Absolution quasi von höchster Stelle kommt, sei es denn auch Regisseur Roger Donaldson verziehen, dass er in seinem neuen Film «Thirteen Days» der Kubakrise von 1962 bisweilen eine kräftige Portion Hollywood tauglicher Dramatik beifügt und in seiner Schilderung der Ereignisse dieser hochgradig kritischen 13 Tage Präsident John F. Kennedy abermals als eine einem Heiligen gleiche Lichtgestalt abbildet. Zusätzliche Legitimität erfährt diese Art der Inszenierung durch die Tatsache, dass sich Donaldson in seinem aussergewöhnlich dialoglastigen Film sehr wohl an die Fakten hält und dem Zuschauer  einiges an Konzentration abverlangt.  Hauptfigur von «Thirteen Days» ist der umtriebige Kennedy-Berater Kenny O’Donnell (Kevin Costner). Nachdem ein amerikanisches Aufklärungsflugzeug auf Kuba sowjetische Atomraketen entdeckt hat, ist es seine Aufgabe, Präsident Kennedy (brillant: Bruce Greenwood) und seinem Bruder Bobby (Steven Culp) beim Versuch, eine Eskalation zu verhindern, zur Seite zu stehen. Es beginnen die gefährlichsten Tage des Kalten Krieges, wo ein falscher Schritt das Ausbrechen des dritten Weltkrieges bedeuten würde. Die Gefahr einer nuklearen Auseinandersetzung wird zusätzlich dadurch verstärkt, dass in der amerikanischen Regierung einige militärische Betonköpfe eine diplomatischen Einigung ablehnen und eine Invasion auf Kuba forcieren. Obwohl es allgemein bekannt ist, dass es nicht dazu gekommen ist, entwickelt «Thirteen Days» ein nicht geringes Spannungspotenzial und gewährt hoch interessante Einblicke in die Abläufe der Weltpolitik.
 
Lichtblick für Costner

Durch das Einfügen von grobkörnigem dokumentarischem Material und zahlreichen Übergängen in Schwarz-Weiss-Sequenzen erinnert «Thirteen Days» nicht bloss wegen seines Hauptdarstellers und der Figur Kennedy mitunter an Stones «JFK», obschon Donaldson insgesamt freilich eine ungleich traditionellere Bildsprache verwendet. Für Kevin Costner indes bedeutet «Thirteen Days» mal wieder ein Lichtblick in seiner zuletzt äusserst tristen kinematografischen Vita. «Thirteen Days» ist – Interesse an der Materie vorausgesetzt – ein mitreissender Politthriller, der zwar nicht ganz auf massentaugliche Dramatisierungen verzichtet, aber dennoch respektvoll mit der Geschichte umgeht.