Sie mögen die Tiere und lieben die Menschen

Regisseur Cameron Crowe meldet sich nach sechs Jahren mit einem allzu freundlichen Familienfilm zurück. «We Bought a Zoo» hat in Matt Damon aber ein felsenfestes Fundament.

 

von Sandro Danilo Spadini

Ob Killerbienen, Kriegsfürsten oder Hurrikane: Benjamin Mee (Matt Damon) ist noch nie einem Abenteuer aus dem Weg gegangen. Doch nichts habe ihn auf das hier vorbereitet, verkündet aus dem Off sein Teenagersohn Dylan am Anfang von Mees verfilmten Memoiren. Was er damit meint: das Grossziehen seiner selbst und von Schwesterchen Rosie, das Benjamin nach dem Tod seiner Frau nun alleine obliegt. Nicht dass der Reporter und Geschichtenerzähler komplett untalentiert wäre in diesen Dingen; doch erschweren ihm allerlei äussere Umstände die Sache gehörig: Dylans Eskapaden etwa, die in einem Schulausschluss gipfeln; oder die feierfreudigen Nachbarn, die Rosie die halbe Nacht wachhalten; und auch die zudringlichen Mütter, die ihn mit selbst gemachter Lasagne zudecken. «Alles neu», beschliesst Benjamin endlich eines Tages: «Wir wollen alles neu», sagt er zum Immobilienmakler. Der hat dann aber einige Mühe, etwas Passendes zu präsentieren – bis er nicht mehr weiterweiss und sich mit Benjamin auf den Weg macht zu einem Ort, den er als «einzigartig» bezeichnet. «Perfekt», findet Benjamin, worauf der Makler das Wort «kompliziert» einwirft – um schliesslich zu gestehen: «Es ist ein Zoo.»

Die Sonne scheint

Jawohl, einen (geschlossenen) Zoo hat Benjamin Mee für sich und seine Kinder gekauft. Im richtigen Leben heisst dieser Dartmoor Zoological Park und befindet sich in Englands Südwesten; für die Filmversion seiner fabelhaften Geschichte hat man ihn in Rosemoore Wildlife Park umgetauft und nach Kalifornien verlegt. Just von dort stammt mit Cameron Crowe auch der Regisseur von «We Bought a Zoo». Für ihn ist es ein halbes Comeback: Sechs Jahre währte die Funkstille nach dem Flop «Elizabethtown» – und sogar doppelt so lange ist es her seit «Almost Famous» und dem letzten Mal, dass Crowe richtig auf Touren kam. Einen Hit hat der Musikfan trotz Soundtrack von Sigur-Rós-Sänger Jónsi nun wieder nicht fabriziert: Zu ambitionslos ist dieser Familienfilm, zu harmlos und zu formelhaft. Und zu nett, was nebst dem Timing, dem Masshalten und der Erzählökonomie generell ein Problem von Crowe ist: Böse Menschen existieren in seiner Welt nicht, und es scheint stets die Sonne. So auch hier, wo es angesichts der tragischen Vorgeschichte doch auch dunkle Momente geben müsste, es aber meist so aufdringlich heiter hergeht wie in einer Bonbonwerbung. Über Trauerarbeit wird – wie schon in «Elizabethtown» – wohl geredet; geleistet aber wird sie kaum. Und so sympathisch es auch ist, dass Crowe seine Figuren mag: Ein Schuss Zynismus (und Realismus) würde seinen Filmen grundsätzlich guttun – und sei es bloss, um das Publikum zwischendurch aufzuschrecken. Dessen Interesse bis zum nie infrage gestellten Total-Happy-End aufrechtzuerhalten, ist nämlich auch hier die Krux. Denn ernste Bedrohungen gibt es in dieser Ode an das Gemeinschaftsgefühl keine – bei allem Kampf um die Wiedereröffnung des Tierparks gegen Geldsorgen und den lästigen Zooinspektor (John Michael Higgins).

Menschlich und optimistisch

Was «We Bought a Zoo» deshalb nötig hätte, wären Zückerchen etwa in Form von knusprigem Augenfutter, knackigem Witz oder knuddeligen (Neben-) Figuren. Doch optisch bietet der Film trotz der schönen Tiere wenig; der Humor ist exklusiv für den mit zu wenig Leinwandpräsenz ausgestatteten Thomas Haden Church als Benjamins Bruder reserviert; und die Benjamin zunächst mit Skepsis begegnende  Zoobelegschaft wird zwar von Scarlett Johansson an- und als Kuriositätenkabinett eingeführt – Scarlett Johansson geht aber definitiv nicht als Vollblut-Zoowärterin durch, und das Potenzial ihrer Mitstreiter verschleudert der besonders im Mittelteil dahinplätschernde Film durch eine blasse Besetzung und eine flache Figurenzeichnung. Als Fels in der nicht so hohen Brandung verbleibt Matt Damon. Er war von Anfang an Crowes Wunschspieler und macht einen prima Job – gerade auch im Zusammenspiel mit den Kindern. Eher ihm als Crowe ist es denn auch zu verdanken, dass man bisweilen trotzdem mitgerissen wird von der ehrlichen Menschlichkeit und dem tief empfundenen Optimismus dieses so freundlichen Films.