von Sandro Danilo Spadini
Hollywoods Faszination mit den Unterweltfiguren von einst ist so legendär wie ungebrochen. Auch Jahrzehnte nach der Blütezeit des Film noir ist aus ihr daher noch manches Meisterwerk erwachsen:
Curtis Hansons «L.A. Confidential» und Brian De Palmas «The Untouchables» etwa oder die von Martin Scorsese produzierte TV-Serie «Boardwalk Empire», in der die geballte Gangsterprominenz von
Lucky Luciano über Meyer Lansky und Arnold Rothstein bis Al Capone rumlümmelt. Und wo der grosse Wurf ausblieb, da bot sich meist – wie in Barry Levinsons «Bugsy» – wenigstens was fürs Auge. Zu
letzterer Kategorie gehört nun auch der Kracher «Gangster Squad», der von wahren Ereignissen «inspiriert» ist und zum Subgenre des «L.A. noir» zählt. Man schreibt das Jahr 1949: Die
Stadt der Engel ist ein Höllenloch, und ihr Herrscher heisst Mickey Cohen (Sean Penn). Cohen, ein Ex-Boxer mit Wurzeln in der jüdischen Mafia von New York, hat sie alle im Sack: Politiker,
Richter, Polizisten. Der oberste Ordnungshüter der Stadt, LAPD-Chief Parker (Nick Nolte), hat sich indes in den Dickkopf gesetzt, Ostküsten-Mafiatypen seines Schlages Paroli zu bieten. Und in dem
konfliktfreudigen Sergeant John O’Mara (Josh Brolin) hat er hierfür den idealen Verbündeten: Für diesen Kriegshelden gibts nämlich nichts Wichtigeres als Pflicht und Ehre und nichts Widerlicheres
als Lug und Trug.
Aus Sicht der Cops
Entsprechend unzimperlich verfahren O’Mara und Kollege Wooters (Ryan Gosling), als sie mit ihrem Team von schrägen Spezialisten (u.a. Michael Peña und Robert Patrick) gegen Cohens Mannen zu Felde
ziehen. Und auch recht unzimperlich zeigt sich Regisseur Ruben Fleischer bei der Schilderung dessen. Mit Fleischer geht hier freilich kein Spezialist zu Werke; seinen Ruf hat er sich vielmehr im
komödiantischen Fach geholt, etwa mit der Satire «Zombieland». Und das sieht man. Zwar scheint er sich ausserhalb seiner Komfortzone durchaus zu amüsieren; doch was er hier mit so viel Schmackes
auf die Leinwand klatscht, wirkt wenig zusammenhängend. Zum kleineren Teil mag das daran liegen, dass man nach dem Amoklauf von Aurora eine schiesswütige Schlüsselszene in einem Kino wieder
entfernte und umfangreiche Nachdrehs vornahm. Vor allem aber entwickelt sich der vermeintliche Karriereknick zum Rohrkrepierer, weil Fleischer das Augenmerk fehlt für diese Aufgabe. Allzu sehr
stellt er Stil über Substanz, indem er zu lustvoll zu extreme Gewaltexzesse zelebriert, einer ungesunden Vorliebe für Zeitlupen und Glänzendes frönt und darüber Elementares vergisst: ein
historisches Interesse etwa oder kritische Einwände zu dem von den Cops angewandten Faustrecht, insbesondere aber die Figurenzeichnung und einen rechten Spannungsaufbau. Dem Finale nähert sich
der Film, der trotz erkennbarem Willen zum Kult kaum Erinnerungswürdiges zurücklässt, denn auch mehr kriechend als im Steigerungslauf; und wenn es dann wirklich hart auf hart geht, muss man
feststellen, dass es Fleischer zuvor versäumt hat, einem seine Figuren näherzubringen. Sie bleiben wie der ganze Rest zu comichaft; und gerade wegen dieses Mangels an Ernsthaftigkeit lassen die
finalen Verwerfungen ziemlich kalt.
Protzen und prahlen
Deplatziert sind hier freilich nicht nur Fleischer und Emma Stone, die so wenig als Femme-fatale-Gangsterliebchen wie zur «Jungfrau in Nöten» taugt. Gar nicht in seinem Element ist auch
Fernseh-Drehbuchautor Will Beall («Castle»). Sein Skript tut jedenfalls nichts, um diese elementaren Mankos zu beheben. Wohl versteht Beall es, den einen oder anderen zündenden Gag zu platzieren.
Letztlich aber hat er kaum mehr als Bonmots und Merksprüchen aneinandergereiht, was den Darstellern auch peinliche Momente einbrockt. «Gangster Squad» ist halt protzig-prahlerisches Filmemachen,
wo alle zeigen wollen, wie pfiffig sie sind: der Regisseur, der Drehbuchautor, die Requisiteure, die Kostüm- und die Produktionsdesigner und auch die Mimen. Viele von ihnen machen dabei vieles
richtig, weshalb eine gewisse Güte also gewährleistet ist. Doch wenn die beiden Teamleader sich verzetteln, ist vieles auch für die Katz. Da kann Sean Penn alias Mickey Cohen so viel rumtoben,
wie er will.