Das rote Hollywood und die schwarze Liste

Der politaffine Komödienspezialist Jay Roach erzählt im Biopic «Trumbo» eine merk- und denkwürdige Geschichte im Schatten von Hollywoods goldener Ära. Er erzählt sie aber leider nicht sehr spannend.

 

von Sandro Danilo Spadini

Am 10. Mai 1993 kam der Goldmann doch noch an seinem Bestimmungsort an. Nach 40 langen Jahren. Dalton Trumbo war freilich nicht mehr zugegen, um seinen rechtmässig erschriebenen Oscar für «Roman Holiday» anzunehmen; er war da schon 17 Jahre tot. Und als die Gilde der Drehbuchautoren weitere 18 Jahre später auch noch anerkannte, dass er es war, der den Gregory-Peck/Audrey-Hepburn-Klassiker geschrieben hatte, da war auch seine Witwe schon verstorben. Glaubt man nun Jay Roachs Biopic «Trumbo», dann hätte das der Edelfeder mit dem Zwirbelschnauz aber allenfalls ein Lächeln entlockt. Gespielt vom Oscar-nominierten Bryan Cranston («Breaking Bad»), kommt dieser Dalton Trumbo nämlich als einer daher, der selbst im Auge der grössten Unbill noch Ruhe und Schalk bewahrt; und es waren da der Unbilden sowieso schlicht zu viele in seinem Leben, um sich einen Kopf zu machen über Staubfänger und Papiertiger.

Von der Edelfeder zur Schreib-Maschine

Dass damit der Gerechtigkeit Genüge getan wurde, das hingegen hätte Trumbo sehr wohl geschätzt. Denn seit je hat er sich in Hollywood genau dafür engagiert, für die Arbeiter gekämpft, die Studiobossen provoziert, Demos organisiert, Flugblätter verteilt, Diskussionen geführt und sich so beim Präsidenten der «Motion Picture Alliance for the Preservation of American Ideals» als «Swimmingpool-Sowjet» eingeprägt. Gleichwohl avanciert er zum bestbezahlten Drehbuchautor der Nachkriegszeit, schreibt Filme für Spencer Tracy und Ginger Rogers und unterzeichnet noch 1947 einen Dreijahresvertrag. Gleich darauf indes muss er als Mitglied der Kommunistischen Partei vor dem House Un-American Activities Committee antraben; als er dort die Aussage verweigert, werden er und seine Kollegen von den «Hollywood Ten» abgeurteilt. Elf Monate sitzt Trumbo in Kentucky ein, und auch danach ist er nicht frei. Belegt mit einem Berufsverbot, verdingt er sich als Ghostwriter und Skriptdoktor für B-Movies und wird zu einem Whiskey kippenden, Kette rauchenden, Benzos poppenden Akkordschreiber: zu einer Schreib-Maschine. In diese Zeit freilich fallen auch die Drehbücher zu «Roman Holiday», das er einem Strohmann zuschreibt, und «The Brave One», für das er unter Pseudonym ebenfalls den Oscar gewinnt. Erst Ende der Fünfziger, als er für Kirk Douglas (aber hallo: Dean O’Gorman) «Spartacus» und für Otto Preminger (o je: Christian Berkel) «Exodus» adaptiert, kommt er runter von der schwarzen Liste.

Regie ohne Schmiss, Skript ohne Pfiff

Es hat in «Trumbo» mithin einiges drin, was den Hollywood-Nostalgiker erquicken müsste. Es treten da auch noch Edward G. Robinson (Michael Stuhlbarg) als treuloser Feigling und John Wayne (David James Elliott) als tumber Widerling auf, derweil der FBI-Informant Ronald Reagan wie JFK in Archivaufnahmen erscheint. Helen Mirren geht zudem als Klatschreporter-Hexe auf Kommunistenjagd, was natürlich attraktiv anzuschauen ist. Trotzdem ist das selten erhellend und bringt kaum Licht in die Schatten von Hollywoods goldener Ära. Dies nicht, weil die Paranoia der «vielen wütenden und ignoranten Menschen» verharmlost würde, die die selbst ernannte grossartigste Nation der Welt auf einen profanen Tyrannenstaat schrumpfen liess. Vielmehr mangelt es dem trotzig beschwingten Film nebst der Tiefe auch am heiligen Ernst oder dann halt am satirischen Punch ab. Dabei hat Komödienspezialist Jay Roach («Austin Powers) hinlänglich nachgewiesen, dass er es auch mit dem Politischen und dessen Abstrusitäten kann: in den Fernsehfilmen «Recount» (über die US-Wahlen 2008) und «Game Change» (über Sarah Palin) ebenso wie im Schwank «The Campaign»; dass das Subtile nicht so seins ist und er lieber auf Nummer sicher und simpel geht, liess sich aber schon da nicht leugnen. Letztlich fehlt seiner Regie auch der Schmiss und dem Drehbuch von TV-Schreiber John McNamara der Pfiff – ihm hätte ein Skriptdoktor à la Trumbo gutgetan. Also sorgt Bryan Cranston für den einsamen Höhepunkt. Aber mit seinem ins Karikaturhafte kippenden Spiel macht er sich die ohnehin verzwickte Sache, uns einen Unbekannten aus der Vergangenheit näherzubringen, auch nicht leichter. Zu wohlmeinendem Beiwerk geraten so die privaten Dramen, zu emotionalem Leerlauf die sich häufenden Familienszenen. Aber immerhin wissen wir jetzt, wer Dalton Trumbo war und was man ihm angetan hat.