von Sandro Danilo Spadini
Die schauspielerische Vita der Sandra Bullock liest sich bislang wenig spektakulär. Filme wie «Das Netz», «Gestohlene Herzen» oder «Auf die stürmische Art» lassen den Cineasten nicht gerade mit
der Zunge schnalzen. Mit «28 Days» soll sich das
nun jedoch ändern. Eine Korrektur ihres Images, welches offenbar auch für sie selbst allzu sehr mit dem des «Mädchens von nebenan» konnotiert ist, liegt Bullock schon seit geraumer Zeit am
Herzen, was sie mit der Gründung ihrer eigenen Produktionsfirma untermauert hat. Mit ambitionierten, kleineren Projekten möchte Bullock zeigen, dass auch abseits Hollywood gute Filme gemacht
werden. Ein Unterfangen, welches trotz der mässigen Qualität der bis dato produzierten Streifen Hochachtung verdient.
Überzeugende Bullock
Auch wenn sich mit ihrer Rolle in Betty Thomas‘ «28 Days» nicht zwingend ein Wechsel ins Charakterfach ausmachen lässt, verdient Bullocks Darstellung der Alkoholikerin Gwen einigen Respekt. Ihre
Leistung also in allen Ehren kann dem Film per se kein allzu gutes Zeugnis ausgestellt werden. Es ist kein Geheimnis, dass Suchtdramen in Hollywood derzeit keine Hochkonjunktur haben, und so ist
es denn Betty Thomas, ihres Zeichens auch bekannt für leichte Kost («Dr. Doolittle»), äusserst schwer gefallen, sich ernsthaft mit dem Thema Alkoholismus auseinanderzusetzen. Vielmehr wird der
28tägige Entzug, welchem sich das Partygirl Gwen auf gerichtliche Anordnung hin unterziehen muss, etwas gar heiter dargestellt. Wirkt der Humor in dem in toto recht gelungenen ersten Teil noch
erfrischend, so erscheint er im zweiten Teil bisweilen als reichlich deplaziert und trägt dazu bei, dass der ursprünglich ernste Charakter des Films gänzlich auf der Strecke bleibt. Zwar ist das
Fehlen des mahnenden Zeigefingers absolut positiv zu beurteilen, doch die teils grobschlächtigen Albernheiten vermitteln den Eindruck, dass Betty Thomas eigentlich lieber eine Komödie drehen
wollte. Dass der Film schliesslich nicht vollends abstürzt, ist in erster Linie der sehr guten Besetzung zu verdanken, welcher auch die Independant-Ikone Steve Buscemi angehört. Es ist wie immer
ein Vergnügen ihm zuzuschauen, doch verliert selbst er in der lausigen Synchronfassung an Charisma.
Mangel an Konsequenz
Im ersten Teil formal überzeugend, scheint Betty Thomas auch in dieser Hinsicht mit zunehmender Spieldauer die Luft auszugehen. Den rasant geschnittenen, verwackelten Bildern aus den ersten 30
bis 40 Minuten hat «28 Days» im zweiten Teil nichts Erwähnenswertes mehr hinzuzufügen. Die Charakterzeichnung überzeugt fürderhin, zumal Thomas die Handlung ganz auf die Protagonistin fokussiert.
Weder Fisch noch Fleisch, weder Drama noch Komödie, hinterlässt «28 Days» trotzdem vor allem wegen des Mangels an Konsequenz einen zwiespältigen Eindruck, obschon die Leistungen der Akteure,
allen voran die von Sandra Bullock, helfen, über einige Schwächen wohlwollend hinwegzusehen.