Eins, zwei, drei: Action!

Unter der explosiven Regie von «Alias»- und «Lost»-Erfinder J. J. Abrams geht Tom Cruise in «Mission: Impossible III» abermals als Superagent Ethan Hunt auf Verbrecherjagd.

 

von Sandro Danilo Spadini

Nein, dieser J. J. Abrams ist kein Mann des behutsamen Vorspiels. Abhängige der von ihm erfundenen, produzierten und teils inszenierten TV-Suchtmacher «Alias» und «Lost» wissen das: Den ersten Keulenschlag gibts bei Abrams bereits vor der Vorspannsequenz. Und weil das auf dem kleinen Bildschirm immer so prima klappte, fackelt der Fernsehzampano auch auf der grossen Leinwand nicht lange und geht bei seinem Kinoerstling «Mission: Impossible III» ebenfalls sogleich in medias res: Noch bevor die vertraute Titelmusik erklingt, sehen wir einen zerzausten Superagenten Ethan Hunt (Tom Cruise), machtlos, gedemütigt, an einen Stuhl gekettet. Er wimmert, er fleht, er weint. Bösewicht Davian (Philip Seymour Hoffman) faselt derweil unablässig von einer ominösen Hasenpfote, die er in Hunts Besitz wähnt. Dass er selbiger gerne habhaft werden möchte, glaubt der finstere Fiesling betonen zu müssen, indem er Hunts Frischangetrauter (Michelle Monaghan) eine Faustfeuerwaffe an die Schläfe hält und anfängt, bis zehn zu zählen. Eins, zwei, drei – Hunt schweigt. Vier, fünf, sechs – Hunt lügt. Sieben – Hunt brüllt. Acht – Hunt bettelt. Neun – Hunt beschwört. Zehn – bumm!

Geheimniskrämerei

Wie gesagt: «M:I III» zündet subito – und ist damit quasi das Gegenprogramm zu seiner Entstehungsgeschichte. In der Produktionsphase legte die Actionrakete nämlich einen regelrechten Stotterstart hin und schien gar nicht erst aus den Startlöchern zu kommen. Ehe das erste Take im Kasten war, wurden mit «Fight Club»-Ringrichter David Fincher und Joe Carnahan («Narc») gleich zwei Regisseure wieder weggeschickt, deren (düstere) künstlerische Visionen sich nicht mit jenen des wiederum als Produzent waltenden Kontrollfreaks Tom Cruise deckten. Die für eine Nebenrolle angeheuerte Scarlett Johansson ging derweil von sich aus – offiziell wegen Terminproblemen, inoffiziell wegen Cruise’ aggressiver Scientology-Bekehrungsversuche. Mag Letzteres stimmen oder nicht; klar ist, dass der einstige Sunnyboy durch seinen öffentlich zu diagnostizierenden Dachschaden einen Imageschaden von monumentalem Ausmass erlitten hat. Höchste Zeit also, wieder einmal für Erbauliches zu sorgen. Das PR-Getöse um die explosive Fortsetzung der «M:I»-Reihe kommt da gerade recht. Wie inzwischen chic geworden, gab man sich indes auch hier im Vorfeld geheimnisumwunden: Vorabrezensionen unterlagen einem weltweiten «Embargo», und bezüglich Plot wurde rein gar nichts verraten – was immerhin implizierte, dass es einen eigentlichen Plot geben würde.

Süffiger Cocktail

Und tatsächlich kommt «M:I III» nicht als testosterongesteuertes Klopperkino mit Pseudohandlung daher, sondern als adrenalingeladenes De-luxe-Spektakel, das etwas zu erzählen hat und seinen Helden als menschliches Wesen zeigt. Geballert und gesprengt wird darob natürlich trotzdem nicht zu knapp. Etwa beim oft augenzwinkernden und in den abstrusen Passagen ein Augenzudrücken verdienenden Skript, beim Schnitt und der Musik auf seine TV-Komplizen bauend, hat Abrams seine Feuertaufe wie eine Dreifachfolge von «Alias» mit Zehnfachbudget inszeniert – und das ist absolut positiv zu sehen. Nach dem klassischen Agententhriller des Hitchcock-Verehrers Brian DePalma und der opernhaften Orgie des Hongkongers John Woo liefert so auch das dritte Hunt-Abenteuer massig Augenfutter und karosseriegewordene Männerträume. Ob auf der Strasse, zu Wasser oder in der Luft: Die realistische, sprich: wacklige Kamera ist stets auf Augenhöhe, die gerührten, geschüttelten und hektisch geschnittenen Bilder fesseln auch ohne exzessiven Rückgriff auf am PC fabrizierte Super-Hyper-Mega-Effekte. Das Schirmchen im süffigen Cocktail ist freilich das traumhafte Darsteller-Ensemble: Cruise müht sich wie lange nicht und erweckt die Kunstfigur Ethan Hunt mithilfe der wundervollen Michelle Monaghan erstmals richtig zum Leben; sein Agententeam um den alten «M:I»-Kämpen Ving Rhames, Maggie Q und Jonathan Rhys-Meyers leistet mehr als Dienst nach Vorschrift; Billy Crudup und Laurence Fishburne treiben als beanzugte Geheimdienstler lustvoll Machtspielchen; und Hoffman ist als Oberschurke die erwartete Offenbarung. Fazit: Mission klar erfüllt.