Turbulenzen in Blassrosa

Die Reanimation der «Pink Panther»-Serie gerät aufgrund der zweifelhaften Fähigkeiten von Regisseur Shawn Levy und des unsachgemässen Spiels von Steve Martin als Inspektor Clouseau zur Totgeburt.

 

von Sandro Danilo Spadini

Wenn seriell operierende Filmfiguren neu besetzt werden, sorgt dies in aller Regel für lebhafte und müssig-heitere Diskussionen. Welcher Bond hat am coolsten Wodka-Martinis geschlürft? Welcher Batman ist am flinksten durch Gotham City geflattert? Welcher Kottan hat mit dem bissigsten Schmäh ermittelt? Erlaubt die Beantwortung dieser konkreten Fragen noch einen gewissen Spielraum, gibt es freilich auch Fälle, wo partout keine zwei Meinungen zugelassen werden können. Dass etwa Peter Sellers der einzig wahre Inspektor Clouseau war, ist und für immer und ewig sein wird, muss zwingend fern jeglichen Abwägens stehen. Denn Sellers, der Mann ohne Eigenschaften, hat die Rolle des «irren Flics mit dem heissen Blick» gelebt, so wie er all seine Rollen gelebt hat. Die Spur der Verwüstung, die er unter der Regie von Blake Edwards als trotteliger Ermittler der Pariser Sureté zu hinterlassen pflegte, führte direkt auf den höchsten Gipfel des Slapsticks. Es war einmalig, wurde weder von Alan Arkin in «Inspector Clouseau» noch von Roberto Benigni als «Son of the Pink Panther» auch nur annährend erreicht und hätte gefälligst auch einmalig bleiben sollen. Mit dem 1980 verstorbenen Sellers möge man auch Inspektor Clouseau in Frieden ruhen – oder wüten – lassen. 

Fliegende Fetzen

Nicht dieser Ansicht ist offenbar Steve Martin. Dieser hat sich nämlich unlängst hingesetzt und mit Len Blum ein Drehbuch für ein neues Abenteuer des schnauzbärtigen Chaoten verfasst. Und weil er selbst ja auch ein ganz lustiger Vogel ist, hat er sich die Hauptrolle gleich selbst unter den Nagel gerissen. Mit ungelenker Gestik und bald gehörig auf den Zeiger gehendem Akzent stolpert und stottert nun also ein weisshaariges Milchgesicht in Sellers’ Paraderolle durch Paris und New York, auf dass die Fetzen fliegen und en passant ein Heiligtum des Komödienkinos geschändet wird. Behelfsmässig dirigiert wird Martin dabei von seinem Kumpel und vormaligen Kollaborateur Shawn Levy, der mit Filmen wie «Just Married» oder «Cheaper by the Dozen» bereits deutlicher als nötig bewiesen hat, dass er immer für ein laues Schwank-Lüftchen gut ist. Krampfhaft bemüht, mittels Anleihen an einige der legendärsten Gag-Sequenzen den Geist der Originale einzufangen, will hier die Vorgeschichte zur «Pink Panther»-Serie erzählt werden: Um von seinen Ermittlungen zum Mord am französischen Fussballnationaltrainer und dem damit verbundenen Raub des berüchtigten «Rosaroten Panther»-Diamantrings abzulenken, beauftragt der auf einen Verdienstorden schielende Chefinspektor Dreyfus (Kevin Kline) den spektakulär unfähigen Landpolizisten Clouseau mit dem prestigeträchtigen Fall. Doch wider Erwarten ziehen der Neu-Inspektor und sein Assistent (eine Art Kato-Ersatz: Jean Reno) nicht nur den Fokus der Öffentlichkeit auf sich, sondern fördern auf unorthodoxe Weise auch mehr und mehr Stichhaltiges zu Tage. Wobei Dreyfus am Ende, na klar, durch die Finger schaut.

Fehlbesetzte Darsteller

Dass «The Pink Panther» nicht über ein allzu ausgeklügeltes Skript verfügt, ist ebenso wenig wie Levys uninspirierte Regie das Kardinalproblem dieser sterilen, seelenlosen, ihre Bananenschalen-Scherzchen meist schon gefühlte fünf Minuten im Voraus ankündigenden Plastikproduktion. Das Hauptübel liegt vielmehr in den Performances begründet. Derweil der unvermeidliche Jean Reno sich nicht an einem vertrauten Vorbilder messen lassen muss, scheitert neben Martin auch der farblos bleibende Kevin Kline. Anstatt ihn in der definitiven Herbert-Lom-Rolle des Chefinspektors Dreyfus vor sich hin langweilen zu lassen, hätte man ihm womöglich besser den Hauptpart übertragen. Gut vorstellbar, dass Kline ein tauglicherer Clouseau gewesen wäre. Martin jedenfalls erfasst nicht im Ansatz das Wesen dieser Figur. Natürlich muss er nicht Sellers nacheifern – dabei würde er ohnehin scheitern. Auch imitieren soll er ihn nicht – Roger Moore hat ja auch nicht Sean Connery imitiert. Aber parodieren darf er ihn schon gar nicht. Doch gerade das ist es, was Martin letztlich macht, indem er Clouseau zum Clown mit Hochwasserhosen und Ringelsocken degradiert. Eine eigene Note, die Argumente für ein allfälliges In-Serie-Gehen des zahmen wie zahnlosen Panthers in Blassrosa liefern würde, vermag er mit seinem Rumgekasperle freilich nicht einzubringen. Und so bleiben ein Gastauftritt von Clive Owen als Agent 006 und eine Gesangseinlage der R&B-Schönheit Beyoncé Knowles die einzigen Lichtblicke in dieser tiefsten Nacht hollywoodscher Komödienverfehlung. Während Letzterem dürfen sich wenigstens die Schenkel vom vielen Klopfen für einen – leider viel zu flüchtigen – Moment erholen.