Bühne frei für die majestätische Cate Blanchett

Im Historiendramen-Sequel «Elizabeth: The Golden Age» wird alles vom Pomp der Inszenierung erschlagen – ausser das Spiel der zu Recht Golden-Globe-nominierten Cate Blanchett.

 

von Sandro Danilo Spadini

Adäquaterweise war es die Rolle einer Königin, die der 38-jährigen Australierin Cate Blanchett den Durchbruch brachte. Fast zehn Jahre ist es her, dass man in «Elizabeth» die kinematografische Geburt dieser Filmgöttin beobachten und deren erste Schritte auf dem inzwischen zurückgelegten Weg in den Schauspiel-Olymp bestaunen durfte. Um dieses Jubiläum würdig zu begehen, setzt sich Blanchett nun in «Elizabeth: The Golden Age» abermals die Krone auf, und anders als den meisten Sequels ist diesem wiederum vom pakistanischen Regisseur Shekhar Kapur gefertigten Nachzügler mitnichten die Sinnhaftigkeit abzusprechen. So begnügte sich der siebenfach Oscar-nominierte Vorgänger ja mit der Porträtierung der jungen Elizabeth, womit also noch genügend Stoff für ein Folgeprojekt blieb – weitere Intrigen, die Problematik um Elizabeths Kinderlosigkeit, ihre Beziehung zum Seefahrer Sir Walter Raleigh, der Verrat der Schottenkönigin Maria Stuart und nicht zuletzt der hier etwas ungelenk ins Jetzt weisende «heilige Krieg» gegen das katholische Spanien wollten auch noch abgedeckt werden.

Menschliche Herrscherin

Leider hat man es nicht verstanden, diese historischen Eckwerte zu einem stimmigen, über einen spröden Abriss hinausgehenden Ganzen zusammenzufügen, worüber auch die von Regisseur Kapur behelfsmässig draufgeklatschte Zuckerschicht nicht hinwegtäuschen kann. Vielmehr wird Thema um Thema einmal angepackt und hernach als erledigt von der «To-Do-Liste» gestrichen, um sich sogleich wieder dem Auskundschaften der betont bühnenhaften Kulisse zu widmen und die Kamera in immer identischen Bewegungen durchs pompöse Dekor schleichen zu lassen. Wiewohl von einem recht ausgewogenen Mix aus Privatem und Politischem berichtet werden kann, bescheren die Unzulänglichkeiten des Skripts noch weiteres Ungemach. So braucht der Wille, die Königin möglichst menschlich darzustellen und ihr ein Herz so gross wie ihr Ego einzuverleiben, zwar nicht a priori verurteilt zu werden; doch stellt sich dann halt die Frage nach der historischen Akkuratesse – eine Frage, die auch anderweitig naturgemäss gerade britische Kommentatoren umtrieben hat und in deren Beantwortung öfters das böse Wort Revisionismus gefallen ist. Mag man hierzulande, zumal als unterhaltungswilliger Betrachter, solcherlei auch entspannter sehen, so stutzt man gleichwohl, wenn wiederholt die höfische Etikette nicht gewahrt wird. Einzig Blanchetts majestätischer Aura ist es dann geschuldet, dass die bisweilen gar volkstümlich gezeichnete Königin sich noch einen Rest von Würde und die standesgemässe Distanz etwa zu ihrer Lieblingszofe Lizzie (Toptalent Abbie Cornish) oder dem von Clive Owen verkörperten Raleigh bewahrt.

Gier nach grosser Geste

Ohne Reiz bleibt derweil das sich unter genannten Beteiligten entspinnende Dreiecksverhältnis, zumal kaum Interesse für die Nebenfiguren geweckt wird und so etwa Blanchetts australische Landsleute Abbie Cornish und Geoffrey Rush (erneut als Chefberater Walsingham kurz auftretend) um die Chance zur Profilierung gebracht werden. Einzig Samantha Morton in der Rolle der Maria Stuart vermag im zweiten Glied zu punkten, während Clive Owen ob seiner Grobschlächtigkeit zu Hofe wie im Film ein Fremdkörper bleibt. Zu einem solchen verkommt zusehends auch die Regie, die von einem unstillbaren Verlangen nach der grossen Geste getrieben wird und unvermittelt die eben noch vermenschlichte Königin in gleichsam sakrale Höhe zu wuchten sucht. Die Streicher auf der Tonspur lässt sie irgendwann gar nicht mehr verstummen, und im Schlussteil verliert sie endgültig die Kontrolle über sich selbst. Im Angesicht der nahenden spanischen Armada verfällt die gesamte Inszenierung in einen nachgerade orgiastischen Aktionismus und vergisst darob sogar die Königin. Man kann nun aber nicht einen Film über Elizabeth drehen und diese minutenlang aussen vor lassen, nur weil man gerade Lust hat, Schiffchenversenken zu spielen. Wie man es dezenter, kohärenter, akkurater und schlicht besser macht, hat vor zwei Jahren die von der grossen Helen Mirren getragene Channel-4-Miniserie «Elizabeth I» demonstriert. Hier jedoch wird von dem ganzen Pomp alles erschlagen – alles ausser das Spiel von Cate Blanchett natürlich.