Wer hat die schönsten Zähne im Land?

Regisseur James Mangold setzt in seiner Actionkomödie «Knight and Day» mehr auf Spektakel denn auf die Strahlkraft der Stars Tom Cruise und Cameron Diaz.

 

von Sandro Danilo Spadini

Es ist Sommer, und im Sommer darf es gerne auch mal ein kühles Bier anstelle eines schweren Rotweins sein. Gleichfalls darf es anstelle grosser Filmkunst im Sommer gerne auch mal ein leichtes Kinovergnügen sein. Deshalb: einmal «Knight and Day», bitte! Serviert wird uns diese Actionkomödie von James Mangold («Walk the Line»), dem unermüdlichen Wandler zwischen den Genres, der auch in seiner achten Regiearbeit wieder neues Territorium erkundet – das verspricht Erfrischung. Und ein warmes Dosenbier aus preiswerter Supermarkt-Eigenproduktion wird dieses 100-Millionen-Dollar-Spektakel garantiert schon deshalb nicht sein, weil darin keine Geringeren als Tom Cruise und Cameron Diaz die Geschmacksrichtung vorgeben. Das heisst freilich auch: Wir kriegen hier keinen herben Tropfen einer Independent-Brauerei kredenzt, sondern ein kommunes Industriebier mit zielsicherer Ausrichtung auf den Massengusto. Wohl bekomms!

Kaum Zeit zum Flirten

Und wohl bekommt es in der Tat, einigermassen jedenfalls. Denn Mangold weiss genau, was ein Film wie «Knight and Day» können muss und was nicht. Rasant hat es zu- und herzugehen, mondäne Schauplätze schaden auch nicht, und die hübschen Gesichter sollten dann und wann leinwandfüllend zu sehen sein. Nicht so sehr not tut derweil, dass das Ganze übermässig viel Sinn hat. Das hat es dann auch nicht, wenn der auf Abwege geratene Agent Roy Miller (Cruise) auf der Flucht vor seinen Ex-Kollegen die patente Autonärrin June (Diaz) in Schlepptau nimmt. Getroffen hat man sich am Flughafen von Wichita – ein purer Zufall. Erst krachts, als die beiden zusammenstossen, dann funkts, als man im Flieger manierlich schäkert. Sogleich kracht es aber wieder, und zwar gewaltig. Während sich June am Klo die Nase pudert, murkst Roy – in Notwehr – mal hurtig sämtliche Passagiere und die komplette Crew ab, und es kommt zur Bruchlandung im Nirgendwo. Jetzt sind die beiden unzertrennlich, nicht ganz freiwillig, aber zu beider Wohl, wie sich weisen wird. Ebenfalls weisen wird sich, dass nicht Roy, sondern seine Ex-Kollegen jene sind, die auf Abwegen wandeln –was es natürlich nicht nur uns, sondern auch June leichter macht, dem Teufelskerl von einem Götteragenten einen Platz im Herzen zu reservieren. Zeit zum Flirten bleibt freilich nicht gross. Die Flucht vor den Schergen ist stets turbulent und führt von Boston über die Karibik bis nach Salzburg und Sevilla.

Nett und laut

So alt wie das Kino selbst ist die Konstellation von «Knight and Day», und aus ihr wurde schon mancher Klassiker gefertigt. Ein solcher ist das hier bei aller erfreulichen Kurzweil mitnichten. Das Drehbuch etwa hält selbst der langmütigsten Erwartungshaltung nur bedingt stand. Zugeschrieben wird es einem gewissen Patrick O’Neill, einem Debütanten; es könnte indes auch geradeso gut vom iPhone-App eines Skriptprogramms stammen, so dünn und formelhaft ist es. Die Autopilot-Schreibe liesse sich noch knapp verzeihen, wären wenigstens die Dialoge spritziger geraten. Der Chemie zwischen Cruise und Diaz, die es hier zehn Jahre nach «Vanilla Sky» abermals miteinander versuchen dürfen, hätte das jedenfalls geholfen. So jedoch bleibt hier Luft nach oben. Für sich genommen machen die beiden ihre Sache aber nicht schlecht. Sie gebärden sich wie die Ikonen, die sie sind, und das ist das, was man hier von ihnen möchte. Und natürlich strahlen sie um die Wette – just so wie immer und also so, als ginge es um Product-Placement für Extraweiss-Zahnpasta. Nachgelassen hat zuletzt derweil die sprichwörtliche Strahlkraft der beiden. Schmerzlich deutlich wurde das just an den US-Kinokassen, wo «Knight and Day» komplett abgeschmiert ist. Das miese Einspielergebnis ist indes nicht wirklich verdient. Denn ernsthaft vorzuwerfen ist Mangold einzig, dass er sich das Charisma von Cruise und Diaz nicht konsequenter zunutze macht und es zu oft unter einem letztlich austauschbaren Action-Furioso vergräbt. Fast scheint es, als habe auch Mangold selbst Cruise und Diaz schon halb abgeschrieben – im Wissen, dass selbst die unverminderte Kraft ihres Strahlens die nachlassende Strahlkraft auf den Plakaten nicht wird ausgleichen können.