Gagfeuerwerk in doppeltem Dschungel

In seiner starbesetzten Actionkomödie «Tropic Thunder» nimmt Ben Stiller gleichzeitig brachial und raffiniert sämtliche Akteure der Filmindustrie auf die Schippe.

 

von Sandro Danilo Spadini

Das muss man auch zuerst mal schaffen: Noch bevor der eigentliche Film begonnen hat, haben Tätschmeister Ben Stiller und seine Mitstreiter für erste wohlige Gefühle in der Zwerchfellgegend gesorgt und das Publikum somit schon im Sack. Der Schmäh rennt nämlich bereits im roten Bereich, wenn in den drei dem Hauptprogramm vorgeschalteten Fake-Vorschauen die Helden der Actionkomödie «Tropic Thunder» präsentiert und detaillierte Vorahnungen zum gleich Folgenden provoziert werden. Dass man es bald mit einer weniger filigran-satirischen denn brachial-komischen Veräppelung der Filmwelt zu tun haben wird, ist an den Trailern für ein tumbes Actionfilm-Sequel, eine noch blödere Komödien-Fortsetzung und ein Oscar heischendes Schwulendrama schliesslich unschwer abzulesen. Und auch die jeweiligen Prototypen hinter den darin gezeigten Stars sind mühelos zu identifizieren: Da wäre der debile Testosteronheld (Stiller), den es allmählich ins ernstere Fach zieht; dann der beleibte Scherzkeks (Jack Black), der mehr mit Drogenkonsum als Karriereplanung beschäftigt ist; und endlich der fünffache australische Oscar-Preisträger (Robert Downey Jr.), der die Sache mit dem «Method Acting» etwas übertreibt und sich für den ebenfalls mit «Tropic Thunder» betitelten (Kriegs-) Film-im-Film sogar einer Pigmentbehandlung unterzieht, um einen in der Buchvorlage als dunkelhäutig beschriebenen Sergeant glaubhaft verkörpern zu können.

Chaos im Chaos

Smart und clever ist diese Form der Figuren- und Werkeinführung, offeriert sie doch einen so originellen wie ökonomischen Einstieg ins Geschehen. Selbiges geht in gleich zwei Dschungeln vonstatten: einem buchstäblichen und einem sprichwörtlichen, wobei der buchstäbliche auch ein sprichwörtlicher ist. Während die Filmcrew um die drei neurotischen Stars und einen verzagten britischen Regisseur (Steve Coogan) in Vietnam wie einst das Coppola-Team zusehends im apokalyptischen Chaos versinkt, ist zu Hause in Hollywood die Hölle los. Im dort domizilierten Dschungel, der ja auch noch ein sehr grosses Haifischbecken beheimatet, geht ein nicht allzu heller Agent (Matthew McConaughey) wegen unerfüllter Privilegien für seinen Klienten gerade die Bäume hoch – wiewohl bereits das böse Wort des Produktionsstopps die Runde macht. Der, der einen solchen anordnen könnte, ist ein steinreicher Choleriker und wird gespielt von einem optisch wie anderweitig kaum wiederzuerkennenden Tom Cruise. Nur weil es dieser auf lediglich ein paar handverlesene Auftritte bringt, vermag er den anderen nicht restlos die Show zu stehlen. Derlei wäre vordergründig freilich alleine schon insofern schwierig, als es am Set nicht nur verbal, sondern auch real knallt. Dies erst recht, als der Regisseur beschliesst, das Ganze fortan im Guerillastil zu drehen – will heissen: Die Stars sollen die Angst der echten Soldaten plastisch erfahren und sich fürderhin allein durchs Dickicht kämpfen. Schöner Plan eigentlich, doch geht der dann ganz gewaltig in die Hosen.

Downey Jr. in Topform

«Tropic Thunder» ist Ben Stillers erste Regiearbeit seit dem ziemlich grauenhaften «Zoolander» und also seit sieben Jahren. Im Vergleich zu Letzterem ist Ersterer einen Tick weniger überdreht – und um Längen besser. An der Oberfläche ist der Humor zwar unverändert rustikal, und weil es sich hierbei halt immer noch um einen Ben-Stiller-Film handelt, ist das alles auch nicht frei von Rohrkrepierern und weit im Voraus angekündigten Gags. Doch finden sich daneben und darunter immer wieder lupenreine Perlen raffinierter (Insider-)Komik, die sich zum süffisanten Rundumschlag gegen sämtliche Akteure Hollywoods verketten. Mit der politischen Korrektheit hat es Stiller dabei erwartungsgemäss nicht so. Indem er die Ausschlachtung ethnischer und sonstiger Klischees auf die Spitze treibt, nimmt er dem so evozierten Empörungspotenzial selbige aber gleich wieder. Weil der Film überdies auch noch eine Weltklasse-Leistung von Robert Downey Jr. und einen erstmals seit «Magnolia» wieder richtig die Sau rauslassenden Tom Cruise hat, geht «Tropic Thunder» für Stiller so doch glatt als Rehabilitierung für vergangene Verbrechen durch.