Zähmung durch einen Widerspenstigen

Wenngleich Regisseur Peter Segal es nicht verstanden hat, seine Möglichkeiten voll auszuschöpfen, verbucht seine starbesetzte Komödie «Anger Management» eine ordentliche Gag-Quote.

 

von Sandro Danilo Spadini

Wenn sich der Regisseur von «The Naked Gun 33 1/3» mit dem Star von Filmen wie «Big Daddy» zusammentut, ist zweifellos mit Grobschlächtigem zu rechnen. Wenn sich nun aber zu besagten Herren ein dreifacher Oscar-Preisträger gesellt, darf gleichwohl etwas einigermassen Substanzielles erwartet werden. Peter Segal, Adam Sandler und Jack Nicholson sind für die Komödie «Anger Management» eine ungewöhnliche und durchaus verheissungsvolle Liaison eingegangen; und jeder der drei weiss seine Stärken geschickt einzubringen: Segal präsentiert eine atemlose Parade von Gags, die zwar nicht alle zünden, unter welchen sich aber nebst Deftigem und Brachialem (wenn auch nicht allzu Deftigem und Brachialem) ebenso einige Perlen des Wortwitzes und der Situationskomik sowie ein paar mehr oder minder subtile Seitenhiebe und bisweilen auch Breitseiten auf den Status quo der amerikanischen Gesellschaft mitsamt ihrem Political-Correctness-Wahn befinden. Sandler gibt derweil wie gehabt den unbedarften Naivling, dem die Sympathien des Publikums gehören, und Nicholson legt die ihm zuletzt in «The Pledge» und «About Schmidt» auferlegte Zurückhaltung wieder ab und lässt die Sau raus.

Brachliegendes Potenzial

Alles bestens also? Nun, nicht ganz, zumal es Segal versäumt hat, das Potenzial, das eine solch ungewöhnliche Kombination mit zwei so gegensätzlichen Typen wie Sandler und Nicholson birgt (man denke an die Billy-Wilder-Komödien mit Jack Lemmon und Walter Matthau!), konsequent auszuschöpfen. Auch aus der gefälligen Grundidee wäre etwas mehr herauszuholen gewesen: Der konfliktscheue, hochanständige und friedfertige Angestellte Dave (Sandler) wird von einem Gericht wegen einer Lapalie zwecks Abbau seines vermeintlich latenten Aggressionspotenzials zu einer «Wut-Therapie» verdonnert. Mit der Zähmung des so gar nicht Widerspenstigen wird der charismatische Therapeut Dr. Buddy Rydell (Nicholson) beauftragt, bei dem selbst die eine oder andere Schraube locker zu sein scheint, was für Dave eine Tour de Force zur Folge hat, in der die Sitzungen im Kreise der sehr, sehr exzentrischen Patienten noch die harmloseste Etappe darstellen.

Jack glänzt

«Anger Management» ist – zumindest auf dem Papier – eine originelle Variante der klassischen Buddy-Filme-Grundkonstellation, die unter dem Zeitgeist angepassten Vorzeichen umgesetzt wurde und eingedenk der Starpower in den Hauptrollen einen todsicheren Hit abgibt. Um nichts mehr anbrennen zu lassen, engagierten die Macher für die Nebenrollen zudem eine kaum überschaubare Riege von profilierten Darstellern (u. a. Marisa Tomei, Luis Guzmán, Woody Harrelson, John Turturro, Heather Graham, Harry Dean Stanton und John C. Reilly) sowie zahlreiche Promis für Cameos, die teils peinlich (New Yorks Ex-Bürgermeister Rudolph Giuliani als Gutmensch), teils herrlich selbstironisch (Ex-Tennis-Rüpel John McEnroe als Patient der Wut-Therapie) gerieten. Eine clevere Taktik, zumal dieses «Who is Who» für Kurzweile sorgt und so manche Schwäche zu übertünchen vermag. Eine weise wie grosszügige Entscheidung namentlich von Adam Sandler, der auch als ausführender Produzent verantwortlich zeichnete, war es überdies, die besten Zeilen des Skripts dem grossen Jack Nicholson vorzubehalten, auf dass dieser einmal mehr in hellem Glanz erstrahlen darf. Erst gegen Ende wird es zunehmend albern, gerät «Anger Management» quasi doch noch zu einer richtigen Adam-Sandler-Komödie, was aber in Anbetracht der zuvor doch recht strapazierten Lachmuskeln nicht mehr allzu sehr wehtut – obzwar aus Peter Segal wohl nie ein Billy Wilder wird.