Mit Kind und Kegel aus der Krise

Die fast vergessene Oscar-Gewinnerin Helen Hunt hat mit der Komödie «Then She Found Me» ihr Regiedebüt gegeben. Sie hätte dies geradeso gut auch sein lassen können.

 

von Sandro Danilo Spadini

Dass sich versierte Akteure und Aktricen nicht zwangsläufig auch auf anderen filmischen Feldern tüchtig zu profilieren vermögen, hat schon so manches von der schauspielernden Prominenz zu verantwortende Regieunglück aufgedeckt. Mit Helen Hunt schickt sich nun eine zum Seitenwechsel hinter die Kamera an, die ihre kurze beste Zeit bereits etwas länger hinter sich hat. Mehr als zehn Jahre ist es her, dass die einstige Fernsehfrau für ihre Rolle an der Seite von Jack Nicholson in «As Good as It Gets» einen leidlich verdienten Oscar einheimsen und auf die grosse Karriere schielen konnte. Im Anschluss an den freudetrunkenen Abend im Shrine Auditorium gab es dann aber kaum mehr nennenswerte News zu Frau Hunt mehr zu vermelden; und so hat sie sich, nach der für eine Hollywood-Frau über 40 fast üblichen längeren Durststrecke, also initiativ gezeigt und den ultimativen Spagat gewagt mit einer Produktion, in welcher sie gleichzeitig vor der Linse stand und hinter selbiger sass.

Gestrige Geschichte

Duplizieren oder gar zweiteilen musste sich Frau Hunt dafür freilich nicht, eine Parforceleistung wird es aber schon gewesen sein, die sie bei der Fertigung der Komödie «Then She Found Me» einbringen musste. Umso unlustiger ist es, dass sich all die Müh eher nicht lohnte. Die Doppelbelastung war am Ende vielleicht doch etwas zu gross, zumal Hunts Arbeit die meiste Zeit weder darstellerisch noch inszenatorisch auf der Höhe ist. Mit der von ihr selbst im Verbund mit ihrem «Mad About You»-Komplizen Victor Levin und der Routinière Alice Arlen («Silkwood») zu Papier gebrachten Adaption des fast 20 Jahre alten gleichnamigen Romans von Elinor Lipman hat sie aber ohnehin schon rein stoffmässig einen eigentlichen Missgriff getan – wirkt doch die Geschichte um die jüngst leidgeprüfte und schon längst vom Kinderwunsch beseelte 39-jährige Lehrerin April Epner (Hunt) in vielem gestrig, wenn nicht vorgestrig. Und als ob damit der Unbilden nicht schon genug wären, hapert es auch noch bei der Besetzung. Die Probleme beginnen hier bei Matthew Broderick in der Rolle von Aprils abtrünnigem Gatten, setzen sich bei Colin Firth als deren neuem Galan Frank fort und enden bei Bette Midler, deren Figur gleich nach dem Tod von Aprils Adoptivmutter mit Pauken und Trompeten, einigem Lug und Trug sowie einer spektakulären familiären Enthüllung ins Leben der omnipräsenten und gleichwohl eindimensional bleibenden Protagonistin platzt. Wiewohl oder gerade weil alle drei wie auch Hunt selbst ihr (generell im Komödiantischen liegendes) Talent meist ausschöpfen, bleiben ihre Figuren letztlich Karikaturen und die eben an der nicht bewerkstelligten Überwindung des inneren Gaudifex krankenden Auftritte mangels Akkuratesse lamentabel.

Mangelhafte Balance

In der Summe sind Hunt einfach zu viele Anfängerfehler unterlaufen, als dass «Then She Found Me» den Debütfilm-Charakter verbergen könnte. Nebst den offenbaren Mängeln in der Schauspielerführung sind es insbesondere Ungeschicklichkeiten in Tempo, Timing, Takt und Ton, welche die (noch) fehlende Könnerschaft aufzeigen. So bekundet Hunt oftmals Mühe bei der Prioritätensetzung, etwa wenn sie Wichtiges zu wenig und Nebensächliches zu stark gewichtet oder wenn sie selbst in den dramatischen Schlüsselszenen statt der Chance auf Vertiefung den am Strassenrand aufdringlich lauernden Kalauer beim Schopf packt. Die unbefriedigende Balance zwischen Komik und Tragik, zwischen beinahe Sitcom-hafter Hysterie und nachdenklicher Stille zeigt sich derweil krass im letzten Drittel mit einem sehr schroffen Wechsel im Ton und kulminiert schliesslich auf den letzten Metern, wo noch hurtig die Glaubenskrise-Hürde aufgestellt und sogleich genommen wird. Da über alldem auch der typisch jüdische New-York-Wortwitz-Stakkato nur selten zündet und viel öfter in Altbackenes mündet, bleiben zur Erquickung am Ende bloss jene paar wenigen isolierten Szenen, die eine vage Hoffnung aufkeimen lassen, dass es Hunt bei einem zweiten Mal besser machen wird.