von Sandro Danilo Spadini
Alles hatte bestens geklappt, der «italienische Job» war erledigt: Ohne auch nur eine Waffe zu zücken und ohne grössere Komplikationen auf ihrer Flucht durch die Kanäle Venedigs hatte die bunt
zusammengewürfelte Gaunerbande um Altmeister John (Donald Sutherland) und dessen Zögling Charlie (Mark Wahlberg) das erkleckliche Sümmchen von 35 Millionen Dollar in Gold erbeutet. Hoch oben in
den Bergen wurde auf den Erfolg angestossen, die Anspannung war weg. Doch einer in der munteren Runde wollte ob dem gelungenen Coup partout nicht in Jubelstimmung ausbrechen. Denn er, Steve
(Edward Norton), wartete noch auf die Nachspielzeit, an deren Ende eine gehörnte, ex-neureiche Diebesschar und ein toter John zurückbleiben sollten. Ein Jahr später ist Steve von seinen nach
Vergeltung strebenden einstigen Weggefährten endlich aufgespürt. Wieder werden Pläne geschmiedet und Spezialisten rekrutiert. Charlie gelingt es dabei, auch Johns Tochter Stella (Charlize
Theron), die zwar als professionelle Safeknackerin arbeitet, dies aber völlig legal im Auftrag von Tresorfirmen tut, für seinen kühnen Racheplan zu gewinnen, wobei es Stella selbstredend weniger
darum geht, sich das Gold unter den lackierten Nagel zu reissen, als vielmehr dem Mörder ihres Vaters in die Suppe zu spucken.
Hypothek Wahlberg
Richtig. Mit dem nicht übermässig spannenden, aber immerhin mit viel Dialogwitz, Charme und einem sehr präsenten Michael Caine aufwartenden englischen Original aus dem Jahre 1969 hat die Story
von «The Italian Job» anno 2003 mit Ausnahme des
Namens der Hauptfigur rein gar nichts gemein. Allenfalls ganz leise vorgebrachte Plagiatsvorwürfe wären vermutlich aufgekommen, hätte Regisseur F. Gary Gray («The Negotiator») einen anderen
Filmtitel gewählt und die Tatsache verschwiegen, dass es schon einmal einen Film gab, in welchem sich die Helden nach erfolgreich erledigter Arbeit mit drei bunten Mini Cooper dünnmachten. So
aber läuft der neuste Streich des Actionspezialisten unter der Rubrik Remake und komplettiert damit für Hauptdarsteller Mark Wahlberg einen lupenreinen Hattrick. Nach dem künstlerischen Flop mit
Tim Burtons Neuauflage von «Planet of the Apes» und Jonathan Demmes überaus dürftigem «Charade»-Remake «The Truth about Charlie» ist «The Italian Job» für den Jungstar der dritte Versuch in
Folge, einem alten Stoff neue Reize abzugewinnen. Dass auch diesen neuerlichen Anstrengungen kein allzu durchschlagender Erfolg beschieden ist, liegt nicht zuletzt an Wahlberg selber. Hatten sich
für den einst unter dem Namen Marky Mark musizierenden 32-Jährigen in Demmes Desaster die Fussstapfen von Cary Grant als doch ein wenig zu gross erwiesen, muss er sich nun dem Vergleich mit
Michael Caine stellen, was natürlich erneut nicht gut ausgehen kann. Trotz des Achtungserfolgs mit seiner ersten ernst zu nehmenden Hauptrolle in «Boogie Nights» steht der stichhaltige Beweis,
dass Wahlberg einen Film auch wirklich tragen kann, deshalb weiterhin aus. Besonders augenfällig wird dies in den Szenen mit dem durch einen äusserst unvorteilhaften Oberlippenbart verunstalteten
Jahrhunderttalent Edward Norton, der diesen Film bloss aufgrund vertraglicher Verpflichtungen gemacht hat, dem aber auch eine wohl motivationstechnisch bedingte Durchschnittsleistung genügt, um
sämtliche Kollegen relativ blass aussehen zu lassen.
Ordentlich Unterhaltung
Gray, der zuletzt mit dem Vin-Diesel-Vehikel «A Man Apart» nicht für sonderlich ekstatische Begeisterungsstürme gesorgt hat, lässt aber ohnehin in erster Linie die auf Hochglanz polierten Bilder
und die für zeitgenössische Caper Movies naturgemäss unerlässlichen Hightech-Spielzeuge sprechen. Meistens macht das einigermassen Spass, zumal das Ganze immer wieder durch einige nette Einfälle
und Gags angereichert wird. Zu mehr als zu einem ordentlichen, ohne Ansprüche unterhalten wollenden Actionfilm hat es aber letztlich nicht gereicht. Dazu mangelt es «The Italian Job» schlicht am
Glamour und an der nonchalanten Coolness vergleichbarer Produktionen wie etwa «Ocean’s Eleven». Anders als für Charlie und seine Bande gibt es für Gray, Wahlberg und Komplizen deshalb kein Gold,
sondern höchstens Bronze.