Abrakadabra – das wird ein teurer Zauber

Ein Hauch Kinomagie: Im enorm unterhaltenden Hochglanz-Thriller «Now You See Me» trickst und schwindelt eine Illusionistentruppe, bis die Polizei kommt.

 

von Sandro Danilo Spadini

Auf den ersten Blick sind sie Kartentrickser, Hypnotiseure, Löffelbieger, Entfesslungskünstler. Doch auf den sich hier immer lohnenden zweiten Augenschein sind Atlas (Jesse Eisenberg), McKinney (Woody Harrelson), Wilder (Dave Franco) und Reeves (Isla Fisher) auch dies: Schwindler, Hochstapler, Trickbetrüger – und vor allem: Bankräuber! Zu solchen schwingen sich diese als «Four Horsemen» auftretenden Schlingel freilich nicht im ganz Geheimen auf – sondern in aller Öffentlichkeit auf einer Bühne des MGM Grand in Las Vegas, wo sie vor vollen Rängen ein Geldinstitut in Paris ausnehmen. Äh, wie bitte? Und sonst alles okay bei euch, liebe Freunde von der Regie- und Drehbuchfront? Oder sind wir hier im falschen Film? Nein, nein, genau richtig sind wir hier, in einem goldrichtigen Schmuckstück gar mit Namen «Now You See Me». Rasant inszeniert und mit reichlich Bling-Bling versehen hat dieses der französische Bum-Bum-Filmer Louis Leterrier («Transporter», «The Incredible Hulk»); raffiniert geschrieben und trefflich verschachtelt wurde es von Ed Solomon («Men in Black»), Boaz Yakin («Prince of Persia») und Debütant Edward Ricourt – und es scheint bei diesen vier Herren so weit alles in tipptopper Ordnung zu sein. Was sie hier bieten, ist jedenfalls gar kein fauler Zauber. Und wie die Sache in Paris vonstattenging, wird eh noch erklärt.

Keine Zeit in 2 Stunden

Bevor der Trick-Entlarver Bradley (Morgan Freeman) auf den Plan tritt, dürfen hier aber erst mal alle ein bisschen protzen: Leterrier legt einen knackigen, knalligen, knisternden Stakkato-Start hin mit einem Feuerwerk an Tricks und Gags; Jesse Eisenberg quasselt ohne Punkt und Komma, als sei er noch immer Mark Zuckerberg; Woody Harrelson gibt sich ulkig, James Francos kleiner Bruder Dave sportlich und «Shopaholic» Isla Fisher kess. Am unterhaltendsten ist aber die Zauberei. Das sieht auch der Versicherungsmagnat Tessler (Michael Caine) so, dank dessen Sponsoring die «Four Horsemen» überhaupt erst eine Bühne vorfinden. Aber ob er auch etwas mit jenem gesichtslos gebliebenen Typen im Kapuzenpulli zu tun hat, der zu Filmbeginn die vier abgeklappert und vereint hat? Das wird bei diesem ewigen Rätselraten Gegenstand einer der zahllosen Wendungen sein, denen zwar der Hang zum Plausiblen schon etwas abgeht, die aber nie komplett abstrus sind. Sowieso hält Leterrier das Tempo während der fast zwei Stunden derart hoch, dass weder Zeit zum Luftholen noch zum Logiklöcherfinden bleibt. Was dafür ganz viel bleibt: Spass!

Immer einen Schritt voraus

Den haben auch die «Four Horsemen». Ganz im Gegensatz zum Rest und gerade zu FBI-Agent Rhodes (Mark Ruffalo). Der rückt nach dem Bankraub der Magiertruppe auf die Pelle; und weil das Ding ja auch in Paris ablief, hat er zu seinem Missfallen bald noch Interpol-Agentin Dray (Mélanie Laurent) an der Backe. Lustvoll zelebriert das französisch-amerikanische Filmemacher-Team dabei französisch-amerikanische Animositäten. Doch wie so oft, wenn zwischen Männlein und Weiblein Giftpfeile fliegen, hat davor Amor noch was in die Köcher geschmuggelt. Für lässliche bis lästige Liebeleien bleibt freilich ebenfalls kaum Zeit, zumal die «Four Horsemen» mit dem Coup in Vegas längst nicht ihren Clou präsentiert haben. Stattdessen stehlen sie auf Anordnung von unbekannt noch weiter von den Reichen und avancieren so zu Volkshelden, die das stets zu spät kommende FBI Mal um Mal blamieren. Dass sich Leterrier dabei nur zu je einer Verfolgungsjagd und Schlägerei sowie zwei, drei Technik-Muskelspielen hinreissen liess, ist ein Glück. So raubt die Action diesem hochglanzpolierten Schabernack denn auch nicht die Show und die Magie, was angesichts der Vita von Monsieur Leterrier durchaus eine Gefahr war. Er sah aber offenbar ein, dass es keinerlei Kraftmeiereien bedurfte, um das Publikum zu verblüffen; dazu brauchte es nur das Vertrauen in den Stoff, liegt der ultimative Trick hier doch in der Natur der Sache: Man kann nie wissen, was man glauben und wem man trauen darf; und so ist man schnell richtig platziert und wähnt sich in einer guten Illusionisten-Show: immer aufs Neue reingelegt – und am Ende ein wenig verzaubert.