Der Gezeichnete und die Zeichen

Wie schon mit dem Vorgänger «Unbreakable» vermag Regisseur M. Night Shyamalan auch mit seinem neuen Film «Signs» den hohen Erwartungen, die sein Grosserfolg «The Sixth Sense» geweckt hatte, nicht gerecht zu werden.

 

von Sandro Danilo Spadini

Was haben sie bloss zu bedeuten? Seit Jahrzehnten schon tauchen sie unvermittelt an den verschiedensten Orten auf, und kein Mensch weiss, wie sie entstanden sind. Sind sie Zeichen von Ausserirdischen, eine Botschaft Gottes oder am Ende doch bloss Streiche von irgendwelchen Spassvögeln? Die Rede ist von den mysteriösen Kornkreisen, die gerade kürzlich wieder in den hiesigen Medien für Aufsehen sorgten. Lange hat es gedauert, doch nun nimmt sich auch eine Hollywood-Grossproduktion diesem Phänomen an. «Signs» heisst der Film, und er wurde nicht – wie etwa zu erwarten wäre – von Steven Spielberg gedreht, sondern von M. Night Shyamalan, einem Mann, der sich noch etwas ausgiebiger mit Übernatürlichem zu beschäftigen scheint.

Aliens ante portas?

Im Zentrum der Geschichte von «Signs» steht ein vom Leben gezeichneter Geistlicher (Mel Gibson), der nach dem Tod seiner Frau den Glauben an Gott verloren hat und zurückgezogen mit seinem Bruder (Joaquin Phoenix) und seinen beiden Kindern auf einer Farm lebt. Sein neu geordnetes Leben und die umgekrempelte Lebensphilosophie geraten jedoch aus den Fugen, als er eines Tages in seinen Feldern eben jene berüchtigten Kreise entdeckt. Zunächst glaubt er an einen Streich von Nachbarn, doch mit der Zeit mehren sich die Zeichen: Steht eine Invasion von Ausserirdischen bevor?

Erst hui, dann pfui

M. Night Shyamalan hat mit seinem Überraschungserfolg «The Sixth Sense» bewiesen, dass er genau weiss, wie man Spannung erzeugt. Auch beim insgesamt enttäuschenden Nachfolger «Unbreakable» wurde augenfällig, dass der indischstämmige Regisseur offenbar ganz genau hingeschaut hat bei Alfred Hitchcock, dem Mann, der Suspense quasi erfunden hat. In «Sings» nun überzeugt diesbezüglich bloss die erste Hälfte. Solange die Dinge noch im Unklaren sind, hält Shyamalan – handwerklich geschickt, mithin gar bestechend – ein hohes Spannungspotenzial aufrecht. Im zweiten Teil hingegen wird die subtil auf blossen Andeutungen aufgebaute, bisweilen beklemmende Stimmung zugunsten eines wenig aufregenden Aktionismus über Bord geworfen. Hier wird gezeigt, erklärt und ausgesprochen, was im Dienste der Suspense besser verborgen, ungewiss und ungesagt geblieben wäre. Neben der in ihrer Ausdrücklichkeit recht gewöhnungsbedürftigen Auflösung scheitert «Signs» letztendlich auch an seiner Überladenheit. Shyamalan mischt seinem übersinnlichen Thriller eine nicht zu knappe, der Atmosphäre insgesamt abträgliche Prise Humor bei, fügt eher halbherzig eine Portion Familiendrama hinzu und garniert das Ganze schliesslich noch mit ein wenig Philosophischem. Sein Film möchte vieles gleichzeitig sein, ist letztlich aber von allem ein bisschen und nichts so richtig. Und so langsam steigt in einem die Gewissheit hoch, dass mit Shyamalan womöglich ein neuer Spielberg heranreift, wohl aber kaum ein neuer Hitchcock – oder etwas überspitzt formuliert: eher ein «Master of Nonsense» als ein «Master of Suspense».