Brot im Ofen und Flausen im Kopf

Die zeitgeistige Komödie «Knocked Up» weiss auch dank unverbrauchter Darsteller weitestgehend zu gefallen, wenngleich sie im letzten Drittel etwas sehr ins Konventionelle abdriftet.

 

von Sandro Danilo Spadini

Eigentlich ist Alison (Katherine Heigl aus «Grey’s Anatomy») eine Pragmatikerin, praktisch denkend, wohlüberlegt handelnd, Herrin über ihre Gefühle, Launen und Gelüste. Eine, die man zwar zum Pferdestehlen mitnehmen kann, die dann aber darauf besteht, dass der Gaul zurückgebracht wird. Vor einem faustdicken Fauxpas ist freilich auch eine solch Seriöse nicht gefeit: Als Alison in ihrem Job beim Fernsehen zur Moderatorin befördert wird, brennen bei ihr vor Freude die Sicherungen durch. Nun ist Party angesagt. Mit ihrer überspannten älteren Schwester Debbie (Leslie Mann) gehts in einen Club, mit dem daselbst im Rausch aufgegabelten Ben (Seth Rogen) in die Kiste und ein paar Wochen später zunächst mit Brechreiz und sodann mit dem Schwangerschaftstest aufs Klo.

Es besteht Hoffnung

Nun – der zweite Streifen verräts – hat Alison den Salat: Das Brot ist im Ofen, im Job könnte selbiger bald aus sein, und der werdende Papa denkt nur ans Rauchen eines solchen und bedarf aus ihrer Sicht schleunigst einer Runderneuerung, will er dereinst den Paterfamilias geben. Der leicht mollige Ben ist nämlich nicht nur vom Optischen her nicht gerade das, was sich Alison zum Vater ihres Kindes gewünscht hat: Unreif, unerfolgreich, unerwerbstätig ist er auch noch, was sich in einem mehr müssiggängerischen Lebensstil niederschlägt. Und die Geschäftsidee, die er mit seinen ebenso gerne Betäubungsmittel konsumierenden Wohngenossen dezidiert ungehetzt verfolgt, dürfte Reichtum und soziales Ansehen auch kaum mehren: eine Website mit einem Verzeichnis von Filmen, in denen bekannte Schauspielerinnen nackt zu sehen sind. Was indes sehr für Ben spricht und Hoffnung macht: Er ist ein lieber Kerl, der sich nicht allzu wichtig nimmt und daher gegenüber Justierungen seines Tuns und Seins grundsätzlich aufgeschlossen sein sollte. Und da es sich bei «Knocked Up» trotz einiger subversiver Schweinigeleien in letzter Konsequenz um eine konventionelle, wenn auch nicht brave oder gar moralinsaure Komödie handelt, wird Ben ebendies tun, Alisons Herz erobern, deren proportional mit der Grösse ihres Bauches wachsende Zickigkeit ertragen und schliesslich erwachsen werden.

Witzig und weise

Im Grunde ist das freilich schade, zumal der alte Ben mit seiner relaxten Loser-Attitüde ein richtig sympathischer Kerl war und hauptverantwortlich für die im romantischen letzten Drittel rarer werdenden Lacher zeichnete. Andererseits muss die Geschichte von «Knocked Up» ja irgendwo hinführen; und was sich Regisseur Judd Apatow («The 40 Year Old Virgin») hierfür vorgenommen und auch erfolgreich umgesetzt hat, ist keine kecke Gagparade, sondern eine in ihrer Essenz sehr wohl überlegte und vor allem zeitgeistige Auseinandersetzung mit dem Thema Schwangerschaft und den je verschiedenen Implikationen einer solchen für Männlein und Weiblein. Entsprechend darf nach 129 gut gefüllten Minuten konstatiert werden, was noch bis weit nach der Halbzeit und einem Feuerwerk von bevorzugt schlüpfrig-schmutzigen Scherzen völlig absurd schien: Apatow hat hier gleichzeitig eine weitestgehend erfrischende Komödie mit unverbrauchten Darstellern und eine ziemlich lebensweise Geschlechterstudie mit nur leicht überdrehten Identifikationsfiguren fabriziert. Geradezu liebevoll ist sein Umgang mit Letzteren, wiewohl eine gewisse Verbrüderung mit den männlichen Protagonisten bei aller auch andernorts zur Schau gestellten Neutralität und Neugierde für das andere Geschlecht nicht ausbleibt: Wenn er dem bisweilen tyrannischen Gezänk der beiden mit veritablen Xanthippen-Qualitäten ausgestatteten Schwestern Alison und Debbie abermals die fast aufreizende Langmütigkeit Bens und von dessen Schwager in spe (Paul Rudd) entgegenstellt, lässt das dann doch erahnen, dass dieser Film nicht von einer Frau gedreht wurde. Aus dem für Gelächter wie für Kopfnicken sorgenden «Krieg der Geschlechter» gehen so denn auch die sich anpassungsfähig zeigenden Männer wenigstens als moralische Sieger nach Sympathiepunkten hervor. Na ja, zugegebenermassen mögen dies Angehörige des vermeintlich schwächeren Geschlechts wiederum ganz anders sehen…