von Sandro Danilo Spadini
Als äusserst hartnäckig erweist sich derzeit die Sequelititis, die Hollywood vor geraumer Zeit befallen hat. Die auch als Fortsetzungsfieber bekannte Krankheit, die sich meist in einer
Insuffizienz von Künstlerseelen und Managerhirnen manifestiert, hat in den letzten rund 30 Jahren so viel Leid und Pein verursacht, dass ihre potenziell positiven Nebensymptome bisweilen
vergessen werden. Zur Erinnerung: Hollywood ist zwar schon jene Industrie, die auf «Police Academy V» unerbittlich noch einen sechsten und siebten Teil folgen liess und einen jüngst mit der
Fortsetzung eines schalen Schwanks wie «Miss Congeniality» behelligte; Hollywood hat uns jedoch einst auch den zweiten «Paten» geschenkt und unlängst die Akte Jason Bourne wieder geöffnet.
Jüngerem Kinovolk haben zudem all diese tendenziell von den kleinen Bärtigen beaufsichtigten Serien mit Ausserirdischen und Riesenviechern gefallen, und die Ehrenrunde(n) von so manchem Krawall-
und Klamaukbruder, Comic- und Actionhelden, Serienschlitzer und Sportdesperado haben teils zu Recht auch ältere Semester bejubelt. Nur: Dass Hollywood neuerdings alles, was nicht niet- und
nagelfest ist, «sequeliert», ist gleichwohl höchst befremdlich. Gar über einem offiziellen «Seven»-Nachfolger wird gerne mal gebrütet, und irgendwo in einer CEO-Schublade liegt bestimmt bereits
ein Treatment zu einem von George Lucas oder Steven Spielberg zu produzierenden Sequel von «The Passion of the Christ», in dem unser Erlöser von einem Ufo in eine ferne Galaxie entführt wird, von
dort auf dem Rücken eines Dinosauriers auf die Erde zurückkehrt, um mithilfe eines magischen Rings im Verbund mit Rocky und Batman die Welt vor Dr. No zu retten.
Absurde Gestalten
Was von alledem zu halten sei, ist für Chili Palmer längst entschieden: «Sequels sind zum Kotzen», lässt uns der Protagonist der von Elmore Leonard («Jackie Brown») ersonnenen satirischen
Gangsterkomödie «Be Cool» sogleich wissen. Dieser
Chili Palmer ist für den passionierten Kinogänger indes auch kein ganz Unbekannter. Den doch recht massig gewordenen Körper gibt ihm John Travolta, und kennen gelernt hat man ihn vor rund zehn
Jahren in Barry Sonnenfields Hit «Get Shorty». Damals wechselte er von der Kredithai- in die Filmbranche, nun versucht er sein Glück im von noch mehr zwielichtigen Figuren bevölkerten
Musikbusiness. Stramm zur Seite stehen im dabei die just verwitwete Produzentengattin Edie, die von Travoltas «Pulp Fiction»-Gefährtin Uma Thurman dargestellt wird, und der eher hölzern
agierende, sich selbst spielende Aerosmith-Frontmann Steven Tyler. Im Vertragskampf um eine aufstrebende Sängerin (Christina Milian) fliegen zwischen dem Chili-Team und allerlei absonderlichen
Parteien derweil die Fetzen. Russische Mafiosi haben ebenso ihre flinken Finger im Spiel wie ein schwarzer Produzentenguru (Cedric the Entertainer) samt Gangsta-Gefolge, ein skrupelloser Manager
(Harvey Keitel) sowie dessen debiler Assistent (Vince Vaughn), der von einem schwulen Bodyguard mit Schauspielerambitionen (The Rock) behütet wird. Und mit Danny DeVito schaut sogar noch ein «Get
Shorty»-Held kurz vorbei.
Muntere Star-Armada
Was im Detail in «Be Cool» so alles vor sich geht, ist freilich zweitrangig. Denn das halbgare Skript ist letztlich nichts weiter als ein Vorwand für ein überaus amüsantes, von
selbstreferenziellen und sonstigen Insider-Gags aus der Film- und Musikszene begleitetes Schaulaufen der Stars. Mit F. Gary Gray hat dabei ein komödienunerprobter Regisseur das Kommando, der sich
mit actionlastiger Ware wie «The Italian Job» einen gewissen Ruf erworben hat, sich hier aber dezent zurückhält und klugerweise seinen sich an der Grenze zum Übermut bewegenden und ihre Figuren
zu Karikaturen reduzierenden Blödelbarden das Feld überlässt. Derweil sich aus der Travolta-/Thurman-Reunion gewiss mehr hätte herausholen lassen, sorgen Cedric the Entertainer, Vince Vaughn und
nicht zuletzt – Respekt! – The Rock auf den mannigfachen Nebenschauplätzen für verkaterte Lachmuskulaturen. Abgesehen von den unvorteilhaft sülzigen, das ansonsten flotte Tempo störenden
Musikeinlagen ist «Be Cool» so eine ziemlich runde und natürlich coole Sache geworden – und damit ein Sequel, das für einmal keinerlei Verdruss bringt.