von Sandro Danilo Spadini
Sie wird bewundert und vergöttert, gefürchtet und gehasst, auf Händen getragen und zur Hölle gewünscht. Sanft ist ihre Stimme, schneidend sind ihre Worte, ihrem Auge entgeht nichts, ihr Blick
kann töten. Schritt für Schritt verplant sie ihr Leben und das ihrer Untergebenen, Schlag auf Schlag kommen Anweisungen und Demütigungen, Hand in Hand gehen Eleganz und Arroganz. Sie ist eine
Macherin und ein Machtmensch, eine Despotin und ein Unmensch. Kurzum: Sie ist Miranda Priestly, Chefredaktorin des Modemagazins «Runaway» und ein in Prada gehüllter Teufel. Und in leicht
modifizierter Form existiert sie sogar im richtigen Leben. Dort heisst sie Anna Wintour, bestimmt mit manikürter Eisenhand die Geschicke der «Vogue» und scheint durchaus Sinn für Selbstironie zu
haben. Die Abrechnung ihrer einstigen Assistentin Lauren Weisberger, die in ihrem nun verfilmten semi-autobiografischen Bestseller «The Devil Wears Prada» den Teufel nur behelfsmässig kaschiert an die Wand malt, nahm sie wenigstens scheinbar
gelassen hin. Zur New Yorker Filmpremiere erschien sie jedenfalls prompt und natürlich in Prada.
Die perfekte Assistentin
Was Weisberger niedergeschrieben und «Sex and the City»-Regisseur David Frankel auf die Leinwand gezimmert hat, ist indes auch nicht gar so brisant und taugt anders als etwa Robert Altmans
«Prêt-à-Porter» nur leidlich als aufschlussreiche Satire auf das Modegeschäft. Gewährt wird bloss ein flüchtiger Blick durchs Schlüsselloch ins Schminkzimmer der Glitzerwelt, und was dabei zu
erspähen ist, vermag nicht übermässig zu erschüttern. Mit den Rehaugen der als Weisbergers Alter Ego fungierenden College-Abgängerin Andy (Anne Hathaway, «The Princess Diaries») sehen wir die
erwartet attraktiv glänzende Oberfläche, auf der lediglich die Manolo-Blahnik-Stilettos magersüchtiger Glamour-Zicken Kratzer hinterlassen. Viele der Letzteren und Millionen anderer Girls würden
für Andys Job töten, denn Andy ist die Assistentin von Miranda Priestly (Meryl Streep). Als solche hat sie ihrer Gebieterin keine Fragen zu stellen, immer erreichbar zu sein und auch Unmögliches
möglich zu machen. Scheitern ist hier keine Option, und Andy scheitert nicht – nicht am Gespött ihrer Kolleginnen und nicht an dem durch steigenden Stress und erhöhten Ehrgeiz wachsenden
Beziehungsknatsch mit ihrem bodenständig bleibenden Lover (Adrian Grenier). Nach kleineren Anlaufschwierigkeiten mausert sich unser Mauerblümchen nämlich nicht nur zum modebewussten Mordsfeger,
sondern auch zur fähigen Assistentin – faktisch zur besten Assistentin, die Miranda je hatte, wie diese am Ende konstatieren wird.
Vergnügliche Plattitüden
So distanziert und moralisch überlegen sich Weisberger meist auch gibt, so wenig mag sie eine gewisse Faszination für die Welt des schönen Scheins verhehlen. Das macht ihr Buch und den deutlich
pfiffigeren Film sympathisch. Etwas billig und verlogen ist es derweil, wenn auch sie das Grossstadtgetue spöttisch an den Pranger stellt und ihr vielleicht «Kleider machen Leute kaputt» zu
nennendes Loblied auf die Integrität der «einfachen» (und deshalb zwingend unsorgfältig gewandeten) Menschen jodelt. Schliesslich wollte sie es sich ja auch nicht nehmen lassen, sich im urbanen
Dschungel zu messen und die Verlockungen des Glamours zu geniessen. Doch kosten darf das natürlich nichts. Und falsch ist das sowieso, weil daran der Charakter zugrunde geht. Solch Bahnbrechendes
erkennt ihre Andy freilich erst, wenn ihr der Liebste und die Freunde davonrennen und Miranda ihr abwegigerweise kundtut, sie erkenne sich selbst in ihr. Das ist ungeachtet aller sonstigen
komödiantischen Köstlichkeiten eigentlich nicht der Stoff, aus dem die kinematografische Haute Couture gefertigt ist. Weil diese Hollywood-Plattitüden erster Güte nun aber von einer teuflischen
guten Meryl Streep an die gewinnende und längst emanzipierte Ex-Teenieprinzessin Anne Hathaway herangetragen werden, schlägt dieses schlicht inszenierte und mit peppiger Popmusik untermalte
Eitelkeiten-Fegefeuer so manches Möchtegern-Schmunzelwerk trotzdem noch um Längen.