von Sandro Danilo Spadini
Es ist gewiss nicht cool, als Cineast ständig von den guten alten Zeiten zu schwärmen – dies umso weniger, wenn man die fragliche Zeit gar nicht erlebt hat. Aber egal. Mit Mut zum Uncoolen sei
mal drauflos geschwärmt. 1937 gabs das: «The Awful Truth», eine locker heitere Beziehungskomödie, welche die «schreckliche Wahrheit» über das Verhältnis von Mann und Frau rapportierte, gedreht
von Regiemeister Leo McCarey, funkelnd besetzt mit den Charismatikern Cary Grant und Irene Dunne in den Hauptrollen. Wunderbar! Und heute gibts das: «The Ugly Truth», eine harzig unlustige
Beziehungskomödie, welche die «hässliche Wahrheit» über das Verhältnis von Mann und Frau rapportiert, gedreht von Stümper Robert Luketic, matt besetzt mit dem ausdrucksarmen «300»-Raufbold Gerald
Butler und der zugeknöpften «Grey’s Anatomy»-Blondine Katherine Heigl. Nicht so wunderprächtig.
Falscher Macho
Trotzdem, «The Ugly Truth» also: Es geht hier mal wieder um zwei Ungleiche, die sich letztlich zusammenraufen werden. Heigl spielt mit gelegentlichen Anflügen von Witz die neurotische Fernsehfrau
Abbie, die wohl ihr Berufs-, mitnichten aber ihr Privatleben im Griff hat und deshalb chronisch solo ist. Entgegen kommt ihr im kalifornischen Sacramento eines Tages der konstant blass bleibende
Butler in der Rolle des chauvinistischen Trash-TV-Moderators Mike, auf hohem Ross sitzend, aber keineswegs ein Ritter in strahlender Rüstung und folgerichtig ebenfalls Single. Abbie hasst Mike
wohlverstanden schon, bevor sie ihm das erste Mal leibhaftig begegnet ist – ein Blick in die Glotze und auf Mikes Programm «The Ugly Truth» genügt, um sie in Rage zu bringen. Was der Kerl da als
Wahrheiten über Männer und Frauen verzapft, ist schliesslich auch unter aller Kanone. Da muss die doch etwas biedere Abbie aber gleich in die Sendung anrufen und sich beschweren. Nützt aber
nichts, zumal dieser Mike nun wirklich ein Rüpel ist und sie im Nu k.o. schwadroniert. Die nächste Chance gibts indes schon tags darauf, hat ihr Boss doch just ebendieses Schandmaul engagiert, um
seinen schlingernden Sender mit einem eher niedrigschwelligeren Programmformat wieder auf Kurs zu bringen. Da Abbie die Chose produzieren soll, wird man sich in Zukunft nah sein und ordentlich
zanken können. Sobald die ersten Gefechte geschlagen sind, entdeckt Abbie in einer spektakulären und cineastisch revolutionären Wendung jedoch, dass Mike gar nicht mal so ein übler Kerl wäre und
seine Machonummer wohl nur gespielt ist. Faktisch ist Mike sogar so ein super Typ, dass er ihr mit Tipps und Tricks hilft, sich den von ihr zum «Mr. Perfect» erkorenen Nachbarn zu angeln. Doch
jetzt kommt ein ganz dickes Ding: Mike merkt, dass er selbst eigentlich auch auf Abbie steht. Und der Wahnsinn geht noch weiter: Auch Abbie merkt, dass sie gehörig was für Mike übrighat. Wo das
wohl enden wird?
Dümmliche Rollenbilder
Wiewohl der grobe Plot von «The Ugly Truth» also kein Iota Originalität aufweist – er ist bestimmt nicht das Kardinalproblem hier, zumal es am klassischen Gerüst solcher Geschichten ohnehin kaum
was zu rütteln gibt und man dieses deshalb zur Not komplett übernehmen kann. Ärgerlich ist vielmehr, dass auch noch sämtliche Gags von anderswo importiert worden sind und diese daher jeweils mit
ungünstig langer Ankündigung kommen (wobei Katherine Heigl in der Restaurantorgasmus-Szene immerhin fast so eine gute Figur macht wie weiland Meg Ryan). Und widerlich ist schliesslich, wie hier
einmal mehr Rollenbilder zementiert werden, die in diesem Jahrhundert selbst in solch anspruchslosen romantischen Komödien wie der vorliegenden nichts mehr zu suchen haben. Warum fällt es
Hollywood bloss so schwer, zu akzeptieren, dass es beruflich erfolgreiche Frauen geben könnte, die sich im Privaten nicht wie zurückgebliebene Teletubbies aufführen? Dass sich an dieser
Einstellung nichts ändern wird, solange Männer wie Robert Luketic («Monster-in-Law») Filme machen dürfen, ist ja klar. Aber schockierenderweise wurde «The Ugly Truth» von drei Frauen geschrieben,
und das macht einen fast ein wenig ratlos.