Gemini

 

Das ist ein Film für Menschen, die Los Angeles lieben. Für Leute also wie den 1981 in Oregon geborenen Regisseur und Drehbuchautor Aaron Katz. Oder den Kameramann Andrew Reed, der recht eigentlich der Star dieses Mysterythrillers ist – oder sagen wir: der grösste Star in diesem Mörderrätsel, in dem auch die junge Hauptdarstellerin Lola Kirke oder Komponist Keegan De Witt ein dickes Ausrufezeichen setzen. Kirke spielt in «Gemini» die mit eigenen und fremden Dämonen kämpfende Jill, die ergeben für die impulsive Hollywood-Schönheit Heather (Zoë Kravitz) als persönliche Assistentin wirkt. Wie so vieles hier ist freilich auch das Verhältnis zwischen den beiden Frauen nicht eindeutig; rein beruflich scheint es jedenfalls nicht zu sein. Ein umso grösserer Schock ist es für Jill mithin, als sie eines Morgens Heather tot in deren Villa auffindet – erschossen mit einer Waffe, die sie sich eben erst besorgt hat. Als sie kurz darauf ins Zentrum der Ermittlungen von Inspektor Ahn (John Cho) gerät, macht sich Jill daran, den Mord eigenhändig aufzuklären.


Die im indigofarbenen Nachthimmel wehenden Palmen in der Auftaktsequenz machen es von aller Anfang an klar: Das hier ist ein düsteres «mood piece», ein Low-Budget-Film, dem die Atmosphäre wichtiger ist als die Handlung, dem mehr an Stimmung als an Spannung gelegen ist, der also Stil über Substanz stellt. Das natürlich ist nicht jedermanns Sache, zumal «Gemini» nach einer dann wider Erwarten doch recht flotten ersten halben Stunde gleichsam traumwandlerisch-schlaftrunken, halluzinierend-delirierend geradewegs auf ein durchaus antiklimaktisches Finale zusteuert – und der neondurchfluteter Neo Noir trotz Hollywood-Topos und einer gewissen lynchigen Verschachtelung nicht gerade «Mulholland Dr.» ist. Hintergründig indes arbeitet er seriös an seinen Figuren und hat unterschwellig sehr wohl einiges Gescheites zu sagen über verkrachte Identitäten und vertrackten Promikult im goldenen Käfig. Vor allem aber hat er eben etwas zu zeigen: nicht nur den Elfenbeinturm Hollywood, sondern die Stadt der Engel in all ihren Facetten und endlich ihrer ganzen Pracht. Seit Michael Mann in «Collateral» hat kaum mehr jemand Los Angeles mit einem derart wachen Blick und solch einer stilsicheren Coolness ins rechte Licht gerückt. Und so sollte man diesen Aaron Katz, auch wenn ihm hier bei Weitem nicht alles gelingt, unbedingt im Auge behalten.