Täglicher Terror auf der Arbeit kann einen töten

Kevin Spacey, Colin Farrell, Jennifer Aniston: In «Horrible Bosses» gefallen in erster Linie die topbesetzten Nebenfiguren. Daneben liegt noch komödiantisches Potenzial brach.

 

von Sandro Danilo Spadini

Vordergründig ist es eher abwegig, die klingendsten Namen eines Ensembles auf das Besetzen der Nebenfiguren zu ver(sch)wenden. In «Horrible Bosses» hat das aber durchaus seinen Sinn. Denn diese Neben- sind auch die Titelfiguren, sind also die schrecklichen Chefs. Und weil Chefs einen höheren Status haben als gewöhnliche Angestellte, ist es ein hübscher Casting-Coup, mit Kevin Spacey, Colin Farrell und Jennifer Aniston die Grosskopferten in die kleinen Rollen zu stecken. Es ist das nicht der einzige clevere Schachzug, auf den die Verantwortlichen dieser schwarzen Komödie stolz grinsend verweisen dürfen. Das Team um Regisseur Seth Gordon («Four Christmases») und die Drehbuch-Troika Michael Markowitz, John Francis Daley und Jonathan Goldstein hat auch anderweitig manches getan, damit dieser Schwank in Erinnerung bleibt.

Das Befremdliche im Büro

Allein schon die Grundidee hat ihren (makabren) Reiz – wiewohl sie mitnichten neu ist. Übernommen wurde sie aus «Strangers on a Train», wobei sich hier natürlich niemand mit Alfred Hitchcock (Regie), Raymond Chandler (Drehbuch) und Patricia Highsmith (Buchvorlage) messen möchte. Aber klar: Es geht in «Horrible Bosses» darum, übers Kreuz zu morden. In anderen, konkreten Worten: Banker Nick (Jason Bateman) hasst seinen schikanierfreudigen Tyrannen-Chef (Spacey) so sehr, dass er ihn umbringen könnte. Selbiges gilt für Buchhalter Kurt (Jason Sudeikis) und seinen koksumnachteten Rüpel-Boss (Farrell). Und nochmals das Gleiche für Zahnarztgehilfe Dale (Charlie Day) und seine sexbesessene Grüsel-Arbeitgeberin (Aniston). Weil nun Nick, Kurt und Dale beste Freunde sind, ist die Bereitschaft gegeben, einander zu helfen. Und weil Nick, Kurt und Dale nicht übermässig hell sind, reift bald einmal die (Bier-)Idee heran, den Boss tatsächlich zu killen – allerdings nicht den eigenen, wie ihnen ein vermeintlicher Schwerverbrecher (Jamie Foxx) rät, sondern unverdächtigerweise jeweils den eines der beiden anderen. Selbstverständlich stellen sich die drei tapsigen Knilche schon bei den allerersten Vorbereitungen sagenhaft ungeschickt an, was oft recht spassig ist. Ins Laufen kommt die Komödie freilich weniger bei diesen mit einigem Slapstick angereicherten Szenen als vielmehr den mit viel Dialogwitz ausgestatteten Duellen zwischen Boss und Untertan. Nebst der Schreibe liegt das vornehmlich an den Starkonstellationen. Die im Fernsehen komödiantisch geschulten Bateman («Arrested Development), Sudeikis («Saturday Night Live») und Day («It’s Always Sunny in Philadelphia») harmonieren wohl prächtig miteinander. Doch im Zusammenspiel mit den arrivierteren Grössen wird dann schon ein Klassenunterschied deutlich, wenigstens beim hölzernen Schönling Sudeikis und beim nervigen Schreihals Day. Entsprechend mindert sich das Amüsement proportional zu den zusehends geringeren Einsatzzeiten Spaceys, Farrells und Anistons. Teils kompensiert wird das indes durch die wiederholten Stippvisiten von Jamie Foxx. Im Stile eines Altstars begnügt sich dieser nun zum dritten Mal in Folge mit einer Komödien-Nebenrolle. Anders als in «Valentine’s Day» und «Due Date» tut er dies hier aber mit dem rechten Engagement.

Konsequent albern

In den Szenen mit Foxx liesse sich freilich auch so etwas wie Rassismus ausmachen. Darüber hinaus ist «Horrible Bosses» extraherb maskulin, latent sexistisch, akut homophob. Zu verdammen ist der Film dafür aber nicht zwingend. Zum einen geht der grösste Teil seiner Gags trotzdem auf die Kappe von dummen weissen Hetero-Männern; zum anderen steht er zu seiner Albernheit. Anders als viele artverwandte Erzeugnisse flüchtet sich «Horrible Bosses» am Ende denn auch nicht in heuchlerische Sentimentalität, die all das Anstössige ungeschehen machen möchte. Das ist konsequent und irgendwie ebenso sympathisch wie das mancherorts durchschimmernde Klassenbewusstsein und die damit einhergehende Kritik an der heutigen Arbeitswelt. Eine anregende Satire ist «Horrible Bosses» zwar nicht gerade geworden, eine pechschwarze Farce auch nur bedingt – aber eine ziemlich flott und unkompliziert unterhaltende Komödie allemal.