Diebische Freude unter strahlender Sonne

Pierce Brosnan als eleganter Meisterdieb und Woody Harrelson als gehörnter FBI-Mann kreuzen im überaus formelhaften, aber eher kurzweiligen Ganovenstück «After the Sunset» die Klingen.

 

von Sandro Danilo Spadini

Ein Mann auf der Suche nach einem neuen Betätigungsfeld: Was für Pierce Brosnan nach seinem altersbedingten 007-Ruhestand auf dem Programm steht, ist auch für dessen Figur in der Gaunerkomödie «After the Sunset» von «Rush Hour»-Regisseur Brett Ratner angesagt. Meisterdieb Max Burdett hat nämlich ebenfalls seinen Job an den Nagel gehängt, im Gegensatz zu seinem Verkörperer mehr oder minder feiwillig indes und nur auf Drängen seiner Herzensdame und Ex-Komplizin Lola (Salma Hayek). Nach einem letzten brillanten Coup hat sich das schmucke Paar in die Karibik verabschiedet, wo Amüsement aller Art im Angebot steht und so mancher leckere Hummer dem Verzehr harrt. Anstatt die Seele baumeln zu lassen, hätte Max aber lieber wieder einmal seine Nerven gekitzelt, weshalb die Ankunft seines einstigen Gegenspielers auf der anderen Seite des Gesetztes denn auch eine willkommene Abwechslung darstellt. FBI-Agent Stanley Lloyd (Woody Harrelson) ist aber nicht etwa zum Spass da, sondern vielmehr in von feurigem Ehrgeiz und brennendem Rachedurst gekennzeichneter beruflicher Mission unterwegs. Dass sich Max aufs Altenteil zurückgezogen hat, will Stanley partout nicht glauben, und hinter der Standortwahl für Max’ private Altersresidenz vermutet er unlauteres Kalkül: Just vor der lauschigen Laube seines Intimfeinds wird in Bälde ein Luxusdampfer andocken, der einem kostbaren Edelstein temporäres Obdach gewährt, was Stanleys Ansicht nach nun wirklich kein Zufall sein kann. Max schwört derweil – auch Lola gegenüber – Stein und Bein, dass ihm nach solcherlei nicht der Sinn steht. Ganz so überzeugend wirkt dies aber nicht.

Brosnans Suche

Wo Max’ Weg hinführt, wird hier nicht enthüllt. Was Pierce Brosnans Werdegang angeht, seien einige Gedanken aber erlaubt: Wie seine 007-Vorgänger Connery und Moore hat sich Brosnan schon während seiner Zeit im Dienste ihrer Majestät regelmässig auf anderen Tummelplätzen verlustiert. Solange er dabei sich bzw. den Bond-Manierismen treu geblieben ist, hat dies stets einigermassen hingehauen. Erinnert sei an die hübsche John-Le-Carré-Verfilmung «The Tailor of Panama», in der er einen charismatisch-undurchsichtigen Agenten gab, oder an seinen Part als gewandter Gentleman-Dieb in John McTiernans gelungenem «The Thomas Crown Affair»-Remake. Sobald sich der mittlerweile 51-Jährige anderweitig vorwagte, erwies sich das Parkett aber bald einmal als zu glitschig. Im unlustigen Schwank «The Laws of Attraction» offenbarten sich etwa unvorteilhaft die Grenzen seines komödiantischen Talents, und in Bruce Beresfords Drama «Evelyn» wirkte er als durstig-herzlicher Proletarier schlicht deplatziert. Der Vielfältigsten einer ist Brosnan halt nicht, und deshalb ist es ganz vernünftig, dass er in «After the Sunset» bei seinen Leisten bleibt. Die Rolle des coolen Bonvivants Max ist dem smarten Iren jedenfalls geradezu auf den behaarten Leib geschrieben, den er unter dem gerne offenen Hemd und der strahlenden karibischen Sonne jederzeit ins beste Licht zu rücken versteht. Dass er dabei bisweilen einen Tick zu selbstgefällig agiert, stört insofern nicht allzu sehr, als ihm in Woody Harrelson ein erstklassiger Possenreisser gegenübergestellt wird, der ihn immer wieder auf den Boden zurückholt.

Kurzweiliger Klamauk

Eher zur Last fällt demgegenüber der weibliche Input. Der wiederholt grosszügig gewährte Einblick in Hayeks Ausschnitt mag ja ein faires Äquivalent zu Brosnans Reizen sein und deren Inkompetenz oder Motivationsdefizit kurzzeitig übertünchen, doch schafft er letztlich keinen Ausgleich für all den Ungemach, den die Klischee-Latina einmal mehr beschert. Eine diebische Freude am Dreh in der Karibik hatte aber offensichtlich Regisseur Ratner («Red Dragon») – freilich scheint es ihm dort so gut gefallen zu haben, dass sich «After the Sunset» mitunter ausnimmt wie ein verfilmter Werbeprospekt der lokalen Tourismusbehörde. Ein Wunderkind ist dieser Ratner nun mal nicht, vielmehr ein sympathischer Kindskopf, der unambitioniertes, solides, mit der einen oder anderen spassigen Pointe versehenes Entertainment zu bieten vermag. «After the Sunset» ist denn auch durch und durch überraschungsarmer, grösstenteils aber kurzweiliger Klamauk, der ein kleines Stück davon entfernt ist, eine gänzlich runde Sache zu sein – und ein etwas grösseres Stück, ein echtes Ärgernis darzustellen.