Nicole im Geisterland

Auf Nicole Kidmans Anwesen spukt es: Die Australierin präsentiert sich im angenehm altmodischen, grossartig fotografierten Horrorthriller «The Others» des Spaniers Alejandro Amenábar in Topform.

 

von Sandro Danilo Spadini

Ihren Golden Globe und ihre Oscar-Nominierung hat sie zwar für die Rolle der Satine in Baz Luhrmanns schrillem «Moulin Rouge» erhalten, die bis dato wohl überzeugendste Leistung ihrer Karriere zeigt Nicole Kidman aber als überbesorgte allein erziehende Mutter im Horrorthriller «The Others» des spanischen Shootingstars Alejandro Amenábar. Was sich schon in Stanley Kubricks «Eyes Wide Shut» abzuzeichnen begann, wird nun allmählich zur Gewissheit: Die Kidman ist auf dem Weg zur Charakter-Mimin.

Viel beschäftigte Kidman

Seit ihrer Scheidung von Tom Cruise ist die rothaarige Australierin auf der Leinwand präsenter denn je. Voraussichtlich noch in diesem Jahr wird sie an der Seite der französischen Superstars Mathieu Kassowitz und Vincent Cassel als russische Prostituierte in «Birthday Girl» zu sehen sein. Ebenfalls angekündigt sind Robert Bentons «Human Stain» (mit Anthony Hopkins) und Stephen Daldrys («Billy Elliott») «The Hours», die Verfilmung des mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichneten Romans von Michael Cunningham, welche nebst Nicole Kidman (als Schriftstellerin Virginia Woolf) mit solch grossartigen Darstellerinnen wie Meryl Streep, Claire Danes und Julianne Moore aufwartet. Derzeit steht sie für «Dogville», den neuen Film des Dänen Lars von Trier, vor der Kamera. Kubrick, Luhrmann, von Trier: Nicole Kidman hat zuletzt mit einigen klangvollen Namen gedreht. Mit Alejandro Amenábar trifft sie in «The Others» auf ein vergleichsweise unbeschriebenes Blatt. Zum ersten Mal für internationales Aufsehen sorgte der erst 29-Jährige 1997 mit «Abre los ojos» – seinem zweiten Spielfilm, mit welchem er auch die Gunst von Tom Cruise gewinnen konnte. Dieser produzierte das amerikanische Remake «Vanilla Sky» (in welchem er auch die Hauptrolle spielte) sowie nun Amenábars mittlerweile dritte Regiearbeit «The Others». Letzterer zeigte, dass mit Okkultem und Parapsychologischem derzeit an den Kinokassen eine ganze Menge Geld zu verdienen ist, entwickelte sich doch die auf einem abgelegenen viktorianischem Anwesen spielende Geschichte um eine offenbar von Geistern verfolgte Familie in den USA zu einem veritablen Box-Office-Hit.

Dichter Spannungsbogen

«The Others» beginnt wie ein klassischer Gruselfilm, was eingedenk der jüngsten Versuche zur Wiederbelebung dieses Genres durch Jan de Bonts lächerlichen Flop «The Haunting» und William Malones fast noch grösseres Desaster «House on Haunted Hill» durchaus unschöne Erinnerungen weckt. Amenábar verzichtet glücklicherweise auf modernen technischen Firlefanz, verschafft seinem Film gerade durch Auslassungen eine mystische Atmosphäre und erzeugt so ein dichtes Spannungspotenzial, das er bis zum – «The Sixth Sense» lässt grüssen – verblüffenden Schluss halten kann. Die in jeder Hinsicht perfekt fotografierten Bilder von Kameramann Javier Aguirresarobe tragen überdies einen nicht unwesentlichen Teil zum sehr erfreulichen und gruseligen Ergebnis bei. Selbiges darf auch die bloss sieben Leute umfassende Darsteller-Crew für sich in Anspruch nehmen – allen voran natürlich Nicole Kidman.