Rustikales aus der Economyklasse

Regisseur David R. Ellis mixt in «Snakes on a Plane» die Genres des Splatter-Movies und des Katastrophenfilms auf dermassen krude Weise, dass das Ganze mitunter sogar Spass macht.

 

von Sandro Danilo Spadini

Um alle etwaigen Unklarheiten sogleich zu bereinigen, das Wichtigste vorneweg: Der Titel «Snakes on a Plane» ist kein Code, kein Wortspiel, keine Metapher – hier geht es tatsächlich um Schlangen in einem Flugzeug. Eine Schnapsidee? O ja. Und womöglich kann man auch dies ganz wörtlich nehmen. Lebhaft kann man sich nämlich vorstellen, wie die drei für Skript und Story verantwortlich zeichnenden jungen Männer eines Abends bei allerlei Alkoholischem zusammensassen und unter unkontrolliertem Gegröle die Idee zu diesem Film erbrachen. Und wenigstens ein Damenräuschchen hatten wohl auch jene Leute von der Produktionsfirma, die alsdann das grüne Licht über diesem Projekt anknipsten. Doch Obacht! Aus Bierlaunen und Ähnlichem heraus ist schon grosse Kunst entstanden, derweil von den allzu nüchternen Top-Vertretern des Action-Genres in letzter Zeit fast nur noch Verkatertes kommt. Nun, mit Kunst hat «Snakes on a Plane» natürlich in etwa so viel gemein wie mit «Sielmanns Tierwelt» oder einem Instruktionsvideo der Swiss; gemessen an seinen in konstantem Tiefflug befindlichen Ansprüchen und verglichen mit anderen Mainstream-Menüs aus der Economyklasse, ist dieser bisweilen brüllend komische Unfug der rustikaleren Sorte aber alles anderen als ein Schlangenfrass.

Kruder Mix

Den Platz im Cockpit hat sich hier der 54-jährige ehemalige Stuntman David R. Ellis gesichert, für den dies nach dem zahmen Familienfilm «Homeward Bound II», dem durchaus gelungenen ersten Sequel zu «Final Destination» und dem einigermassen unterhaltsamen Thriller «Cellular» erst die vierte Regiearbeit ist. In Person des nach unzähligen Bruchlandungen allmählich hitbedürftigen Samuel L. Jackson liess sich zudem ein richtiger Star zum Einchecken bewegen. Dieser spielt in seinem 21. Film in diesem Jahrzehnt den vierschrötigen FBI-Agenten Neville Flynn, der für die sichere Überführung eines Kronzeugen (Nathan Phillips) von Hawaii nach Los Angeles sorgen soll – ein Unterfangen, das gründlich durchkreuzt wird von einer an Bord geschmuggelten Hundertschaft von Kobras, Klapperschlangen und was die Hölle sonst noch Ekliges und Giftiges hervorgebracht hat. Filmtechnisch gesehen erweisen sich diese recht gut, das heisst: gefährlich ausschauenden Computer-generierten Killerviecher freilich als recht praktisch, lassen sich doch aufgrund deren auf Passagiere wie Flugzeugtechnik zielende Zerstörungswut gleich zwei Genres mit einer Klappe schlagen. Ein kruder Mix aus Splatter-Komödie und Katastrophenfilm kann so seinen Lauf nehmen, in welchem nebst den gerne unter die Gürtellinie zielenden und teils ziemlich ungustiös endenden Attacken auf das mit Stereotypen aller Couleur besetzte Ensemble auch immer wieder die genretypischen Tücken des Flugverkehrs zu bewältigen sind. Langweilig wirds hier also bestimmt nicht.

Kein Kulthit

Bei aller atemberaubenden Action und aller grobschlächtigen Gaudi ist mitunter gleichwohl ein gewisses Vakuum auszumachen. Die hier machtlosen Spielverderberinnen Logik, Intelligenz und Geschmackssicherheit lässig ignorierend, fliegt «Snakes on a Plane» sozusagen im gesetzfreien Raum; und dort oben liesse es sich doch eigentlich vollends ungeniert leben und sterben. Unter dem Strich fehlt dann aber nichtsdestotrotz der letzte Wille, das riesige Trash-Potenzial der Grundanordnung auch wirklich konsequent auszuschöpfen. Schade drum. Denn wer eine dermassen beknackte Idee umsetzen darf, hat schliesslich quasi den Freiflugschein zum Blödeln ausgestellt bekommen und sollte entsprechend auf nichts weniger als die Erschaffung eines Kulthits zielen. Doch davon ist «Snakes on a Plane» selbst bei der im Medienzeitalter sattsam vollzogenen Streckung letzteren Begriffes und trotz imposanten Einspielergebnisses an den amerikanischen Kinokassen am Endes immer noch einen ganzen Inlandflug entfernt. Vielleicht hätte die Runde der feixenden jungen Männer ja noch einen mehr heben sollen...