About Elly

 

Eine Gruppe von Freunden fährt fürs Wochenende ans Kaspische Meer. Unter ihnen tummelt sich freilich auch eine Unbekannte: die schüchterne Kindergärtnerin Elly, die man mit einem geschiedenen Freund verkuppeln möchte, der gerade aus Deutschland zu Besuch ist. Es ist dann aber keine amouröse Verstrickung, die nach dem recht üppigen Aufwärmprogramm ihren Lauf nimmt, sondern eine Katastrophe: Ein Kind verschwindet im Meer; und nachdem es hat gerettet werden können, fehlt jede Spur von Elly, die mit dessen Aufsicht betraut gewesen ist. Während die Gruppe noch rätselt, ob die mysteriöse Fremde beim Versuch, das Kind zu retten, umgekommen ist oder ohne ein Wort des Abschieds nach Teheran zurückgefahren ist, beginnen die Schuldzuweisungen. Lüge reiht sich an Lüge; und wie sich weisen wird, ist vieles nicht so, wie es den Anschein gemacht hat.

Mit «About Elly» (2009), seinem in Berlin prämierten vierten Film, offenbarte der iranische Regisseur Asghar Farhadi erstmals sein ganzes immenses Potenzial. Wie in den beiden Oscar-prämierten Streifen «A Separation» und «The Salesman» oder auch den internationalen Produktionen «Le passé» und «Everybody Knows» steigert Farhadi die Spannung sachte, aber stetig – bis sie so unerträglich wird wie die Lügen und Geheimnisse, in die sich die Figuren verstricken und verheddern. Nichts ist schwarz, nichts ist weiss – alles ist grau: ein einziger Nebel, in dem niemand mehr den Durchblick hat. Trotz unverkennbarer Parallelen zu Michelangelo Antonionis «L’avventura» steckt hier mindestens so viel Hitchcock drin. Sprich: Wie immer bei Farhadi funktioniert der Film sowohl auf der Ebene des Thrillers als auch als ein, zwei Etagen höher – als philosophisches Parabel mit dezent gesellschaftskritischer Komponente.