Wenn Glauben nicht alles ist

Geglücktes Regiedebüt: Schauspieler Edward Norton gelang mit «Keeping the Faith» eine leichtfüssige Komödie, die durch gewitzte Dialoge und wunderbare Darsteller zu überzeugen weiss.

 

von Sandro Danilo Spadini

Die Freundschaft zwischen einem Rabbi (Ben Stiller) und einem katholischen Priester (Edward Norton) droht zu zerbrechen, als eine gemeinsame Jugendfreundin (Jenna Elfman) in ihr Leben tritt und beiden den Kopf verdreht. Zugegeben, die Ausgangslage von Edward Nortons Regiedebüt «Keeping the Faith» klingt eher nach einem Klamauk auf unterstem Niveau als nach einer kurzweiligen, angenehm unaufdringlichen Komödie. Wer jedoch die bisherige Vita des Charakterdarstellers etwas gründlicher verfolgt hat, dem dürften jegliche Bedenken dieser Art fremd sein, steht doch der Name Edward Norton seit knapp vier Jahren für Qualitätskino.

Beeindruckende Bilanz

Kurz zur Erinnerung: Norton gab 1996 seinen Hollywood-Einstand als psychopathischer Priestermörder in Gregory Hoblits Gerichtsthriller «Zwielicht» (Oscar-Nominierung Nummer eins). Noch im selben Jahr drehte er mit Woody Allen das Musical «Everyone Says I Love You» und mit Milos Forman, der in «Keeping the Faith» eine kleine Nebenrolle besetzt, «The People vs. Larry Flint». Das 1998 von John Dahl inszenierte Spielerdrama «Rounders» floppte zwar an den Kinokassen, doch Norton glänzte noch im selben Jahr als geläuterter Neonazi in Tony Kayes «American History X» (Oscar-Nominierung Nummer zwei). Zuletzt schliesslich verblasste Brad Pitt an Nortons Seite in David Finchers Thriller «Fight Club». Es ist bestimmt nicht übertrieben, Edward Norton als einen der heissesten Newcomer der 90er Jahre zu bezeichnen. Nun wagt sich der Hochgelobte also erstmals hinter die Kamera. Die Zusammenarbeit mit Woody Allen scheint indes seine Spuren hinterlassen zu haben, denn nicht bloss die gewitzten Dialoge, sondern auch die äusserst liebevolle Inszenierung der Stadt New York erinnert stark an Allen. Der Nortonsche Big Apple mutiert mit zunehmender Spieldauer zu einem Star des Films, was sicherlich nicht daran liegt, dass mit Donna Hanover die Ehefrau von New Yorks Bürgermeister Rudolph Giuliani einen Cameo-Auftritt hat. Grosses Geschick bewies Norton auch bei der Besetzung. Dass Ben Stiller nicht nur in derben Komödie zu überzeugen vermag, war bereits bekannt. Als grosse Entdeckung hingegen darf die im Kino noch recht unerfahrene Jenna Elfman bezeichnet werden.

Der neue De Niro?

Was für die drei hervorragend agierenden Hauptdarsteller gilt, darf ohne Bedenken auch auf die Nebenrollen übertragen werden. Altstars wie Ron Rifkin oder Anne Bancroft verleihen «Keeping the Faith» mit ihrem Charisma das gewisse Etwas. Dass Norton den religiösen Konflikt nicht grossartig vertieft, mag ebenso wie die etwas zu lange Spieldauer des Films ein Kritikpunkt sein, doch wird das positive Gesamtbild dadurch nicht allzu sehr getrübt. Schnörkellos inszeniert und gewürzt mit einigen gelungenen Slapstick-Einlagen überzeugt Nortons überraschend altmodischer Erstling in erster Linie durch seinen Wortwitz. Und eines hat «Keeping the Faith» ein weiteres Mal gezeigt: Edward Norton hat definitiv das Zeug zum neuen Robert De Niro.