Bedenkliche Ausweitung der Kampfzone

Mit dem Terrorismus-Thriller «Rendition» gibt der südafrikanische Regisseur Gavin Hood ein durchwachsenes Hollywood-Debüt. Sehenswert ist der Film aber trotzdem.

 

von Sandro Danilo Spadini

Das Gegenteil von gut gemeint soll ja gut sein, besagt ein bekanntes und beliebtes Bonmot, das sich ziemlich tauglich auf das Hollywood-Debüt des südafrikanischen Regisseurs Gavin Hood übertragen liesse. Der unter dem etwas kryptischen rechtswissenschaftlichen Titel «Rendition» laufende Terrorismus-Thriller verfolgt in der Tat nur die besten Absichten, vermag aber trotz eines beachtlichen Schlussspurts lediglich leidlich zu überzeugen. Dass der Film gleichwohl sehenswert ist, ist ganz ursächlich und ohne Eigenleistung von Regie, Drehbuch oder (Haupt-)Darstellerschaft der Themenwahl geschuldet und am Rande noch einer schneidigen Performance von Meryl Streep in einer erinnerungswürdigen Nebenrolle.

Unklare Motivation

Als CIA-Direktorin Corrine Whitman lässt Streep dieses leider uramerikanisch gewordene gruselige Gemisch aus Arroganz, Ignoranz und Zynismus sichtbar werden, wenn sie im Anschluss an ein Selbstmord-Attentat in Ägypten und dem dort verursachten Tod eines US-Agenten die Verhaftung des unbescholtenen, aber halt arabischstämmigen Ingenieurs Anwar (Omar Metwally) auf US-Boden anordnet. Jeglicher verfassungsmässig geschützter Bürgerrechte beraubt, findet sich Anwar alsbald in einem Folterkeller in Ägypten wieder – derweil sich seine ahnungslose hochschwangere Frau Isabella (Reese Witherspoon) zu Hause in Chicago zusehends wie eine Kafka-Figur vorkommt. Licht ins Dunkel könnte ihr allenfalls ein alter Schulfreund (Peter Sarsgaard) bringen, der sich als initiativer Assistent eines Senators (Alan Arkin) auf dem Weg in die oberen Washingtoner Gefilde befindet. Das Durchdringen zum verkümmerten menschlichen Kern von Leuten wie Corrine Whitman gestaltet sich indes noch mühseliger als das Vorstossen zu einem Catenaccio-geschützten italienischen Fussballtor, und so ist Isabellas einziger Hoffnungsträger ein junger Mann, von dessen Existenz sie gar nichts weiss: Den jungen CIA-Analyst Douglas (Jake Gyllenhaal), der den Folterungen Anwars als stiller Beobachter beiwohnt, plagt nämlich ein schlechtes Gewissen. Weshalb dem so ist, erklärt uns das Drehbuch indes ebenso wenig wie manch anderes, was die Motivation der Figuren anbelangt. Und was das Liebesleben der Tochter des ägyptischen Polizeichef-Foltermeisters (Yigal Naor) mit alldem zu tun hat, bleibt grad auch die längste Zeit unklar.

Patchwork und Mainstream

Dass Regisseur Hood dem Filmschaffen hollywoodscher Prägung ausgesprochen offen gegenübersteht, liess sich bereits an dem 2006 mit wenig Recht mit dem «Ausland-Oscar» prämierten Vorgänger «Tsotsi» ablesen. Auch in «Rendition» verlässt sich Hood allzu sehr auf rustikale Mainstream-Formeln und emotionale Kraftmeierei, sodass vieles in Kitsch und Naivität mündet, was zur ernsthaften Auseinandersetzung mit einem hochbrisanten und topaktuellen Thema anregen soll. Das Zurückgreifen auf die in diesem Genre derzeit so beliebte Patchwork-Struktur wirkt überdies mehr gewollt und aufgesetzt, zumal es eine Komplexität vorspiegelt, die in dem auch bei den Dialogen kaum glänzenden Skript schlicht nicht enthalten ist. Offenbar wird diese Oberflächlichkeit gerade in jenem Nebenstrang, der sich der anderen, der islamischen Seite widmet. Wenngleich sich einem der dramaturgische Sinn und Zweck des Ganzen am Ende doch noch erschliesst, riechen die darin auf ungeheuer platte Weise zum Menscheln gebrachten Schicksale der bestenfalls holzschnittartigen Figuren etwas gar stechend nach politischer Korrektheit und universellem Erklärungsversuch; und dass es diese Ebene für die Botschaft des Films wirklich gebraucht hat, bleibt wenigstens fraglich. Freilich ist das Bemühen um eine breite und gleichzeitig fundierte Analyse der Thematik wie auch um eine unterhaltungsträchtige Inszenierung jederzeit erkennbar, doch findet der Film nur schwer in Tritt, verweilt hier zu lange, tändelt dort herum und belässt es bei den eigentlich entscheidenden Stellen oftmals bei einem kurzen Streifen. Erst in der letzten halben Stunde findet er den richtigen Rhythmus und wird so wenigstens noch dem Unterhaltungsanspruch gerecht.