Ansichten eines gefährlichen Clowns

Einigen Schwächen zum Trotz überzeugt das aberwitzige Biopic «Confessions of a Dangerous Mind» dank gediegener Optik, einem gewitzten Drehbuch und einem genialen Hauptdarsteller.

 

von Sandro Danilo Spadini

Gleich für seine Premiere als Regisseur gelang es George Clooney, einen der heissesten Stoffe Hollywoods an Land zu ziehen. «Confessions of a Dangerous Mind» beruht auf der nachgerade absurden, in puncto Wahrheitsgehalt nicht über jeden Zweifel erhabenen Autobiografie von Chuck Barris, der in den 60er- und 70er-Jahren als Mastermind und Moderator von intellektuell eher wenig herausfordernden Gameshows zu einer amerikanischen Fernsehlegende wurde und gleichsam im Nebenberuf für die CIA als Auftragskiller gearbeitet haben soll. Eine Geschichte, die wie geschaffen ist für das Kino, die aber erst nun, rund zwanzig Jahre nach Erscheinen von Barris‘ Buch, adaptiert wurde. Es scheint fast so, als ob es hierfür schon eines leicht wahnsinnigen Genies wie Charlie Kaufman bedurfte, der dank seinen skurrilen Skripts zu «Being John Malkovich und «Adaptation» als der derzeit vielleicht angesagteste Drehbuchautor Hollywoods gilt.

Geklaut oder gekonnt?

Ein Kaufman-Drehbuch ist für einen Regisseur eigentlich schon die halbe Miete. So auch für Clooney, wenngleich «Confessions of a Dangerous Mind» in der zweiten Hälfte mitunter etwas die Luft auszugehen scheint. Das Timing der Erzählung ist aber insgesamt überzeugend, die Verflechtung von verschiedenen Zeitebenen ebenfalls, die Dialoge sind gewitzt, die Sprüche so cool wie aus einem Raymond-Chandler-Roman. Bei der Bewertung von Clooneys eigenem Beitrag zum Gelingen seines Regiedebüts wird es indes schon vertrackter. Unbestritten ist zwar, dass ihm ein absolut sehenswerter Treffer geglückt ist – allein, es riecht verdächtig nach, nun ja, Abseits. Etwas gar offensichtlich sind nämlich die Spuren jener Regisseure zu erkennen, von denen er sich – milde ausgedrückt – inspirieren hat lassen bzw. – (über-)kritisch formuliert – schamlos abgekupfert hat. Die Vorbilder sind naturgemäss Leute, mit welchen Clooney bereits zusammengearbeitet hat. Etwa Steven Soderbergh, Regisseur der Clooney-Hits «Out of Sight», «Ocean’s Eleven» und «Solaris», der als ausführender Produzent nicht nur Pate stand, sondern fraglos auch einer der Väter von Clooneys Inszenierungsstil ist. Oder – noch deutlicher – die Coens, die Clooney nach «O Brother, Where Art Thou?» für «Intolerable Cruelty» nun ein zweites Mal engagiert haben.

Tolles Ensemble

Ob Clooney nun ein verheissungsvolles Regietalent ist oder doch bloss ein dreister Nachahmer, sei fürs Erste einmal dahingestellt. Das Gesamtbild, das sein erster Regiestreich abgibt, überzeugt jedenfalls und nicht zuletzt auch visuell – eigene Handschrift hin, fremde Federn her. Zusammen mit Kameramann Newton Thomas Sigel, der bereits für die grandiose Optik des mitunter unterschätzten Clooney-Films «Three Kings» verantwortlich gezeichnet hatte, kreierte er eine reichhaltige Palette von düstere über pastellartige bis technisch verfremdete Farbtöne umfassende, insgesamt aber durchaus kohärente und mit zumeist recht originellem Schnickschnack angereicherte Bildsprache, welche die Handlung gekonnt unterstützt und sich ihr jeweils perfekt anzupassen weiss. Dass Clooney im Übermut des enthusiastischen, und womöglich ein wenig selbstverliebten Jungregisseurs bisweilen etwas über die Stränge schlägt, tut dem Spass keinen Abbruch und sei ihm verziehen; zumal auch vor der Kamera höchst professionelles und überzeugendes Kunsthandwerk dargeboten wird: Derweil die sekundenkurzen Cameos von Brad Pitt und Matt Damon kaum der Rede wert sind, überrascht Julia Roberts in einer eher kleinen, fiesen und so gar nicht ihrem Schätzchen-Image entsprechenden Rolle als CIA-Agentin. Die Hauptparts gingen an Drew Barrymore und den grossartigen, bislang eher aus der zweiten oder dritten Reihe heraus agierenden Sam Rockwell, der für seine Darstellung des Chuck Barris an der diesjährigen Berlinale gewiss nicht zu Unrecht als bester Hauptdarsteller ausgezeichnet wurde. Clooney selbst lässt es sich natürlich auch nicht nehmen, eine markante Rolle höchstpersönlich zu übernehmen. Und damit wäre dann auch die zweite Hälfte der Miete endgültig eingefahren. Denn nicht nur Charlie Kaufman und Sam Rockwell haben ganze Arbeit geleistet, sondern auch George Clooney – irgendwie.