Möge Gerard Butler Amerika beschützen

Im lachhaften Polit-Actionthriller «Olympus Has Fallen» gerät nicht nur das Weisse Haus unter Beschuss – sondern auch der Glaube an die Urteilskraft aller Beteiligter.

 

von Sandro Danilo Spadini

Wenn eine zerfetzte US-Flagge im Abendrot in Zeitlupe vom Dach des Weissen Hauses fliegt und dazu wehklagende Militärmusik ertönt – ja dann weiss man, was die Stunde geschlagen hat. Dann weiss man, dass gegen Ende todsicher noch ein Zeitzünder gestoppt wird – bei einstelliger Sekundenzahl! Und dass ganz zum Schluss hundertprozentig eine vor Pathos bebende Rede gehalten wird, die mit den Worten schliesst: «Möge Gott Amerika beschützen.» Dass hier einem Filmschaffen solch unbedarfter Art gefrönt wird, ist freilich schon lange davor klar geworden. Es hat dazu nur der ersten zehn Sekunden von Antoine Fuquas «Olympus Has Fallen» bedurft. In diesen nämlich war die Kamera durchs Schneegestöber auf Camp David zugerast, und brachial-präsidiales Orchestergedudel hatte auf den dortigen Hausherrn verwiesen: «Ladies and gentlemen, the President of the United States», möchten die Pauken und Trompeten achtungsvoll, ehrfurchtsvoll, demutsvoll ins Kinorund hämmern. Präsi Asher (Aaron Eckhart) erweist sich dann aber als super lässiger Typ, der sich ganz unkompliziert mit seinem Leibwächter Mike im Boxring misst. Und dieser Mike erst! Ein Patriot reinsten Wassers, ein Amerikaner mit jeder Faser seines vom Schotten Gerard Butler geliehenen Muskelkörpers. Kein Wunder, gehört er quasi zur First Family aus dem Katalog mit der adretten Gattin (Ashley Judd) und dem busperen Spross (Finley Jacobsen).

Die Nordkoreaner kommen!

Doch dieser Weihnachtsabend wird der letzte in trauter Viersamkeit sein. Denn auf der Fahrt zu einer Party kommts zum Crash, und für Ashley Judd ist schon Schluss. Schuld am Tod der First Lady ist zwar nicht zwingend Mike; aber der Präsi mag ihn jetzt trotzdem nicht mehr dahaben, und deshalb schiebt der Mann, der es doch so gut mit den Fäusten kann, jetzt Frust als Sesselfurzer im Finanzdepartement. Dort sitzt er 18 Monate nach der Unfalltragödie auch an diesem 5. Juli, als es plötzlich scheppert: Kerle asiatischen Typs (man ahnt: Nordkoreaner) beschiessen die Hauptstadt von Kampfjets aus, feuern auf Passanten, treffen in einer taktlosen 9/11-Reminiszenz das Washington Monument. Das lässt sich Mike aber nicht bieten. Kurzum rennt er auf die Strasse – wohl um die Kampfjets eigenhändig vom Himmel zu pflücken. Dazu kommt er indes nicht. Denn nun ist das Weisse Haus unter Beschuss – und bald darauf unter Kontrolle der, jawohl, Nordkoreaner. Diese verschanzen sich sodann mit Asher und weiterer Politprominenz im Schutzbunker und senden von dort ihr Begehr ins Pentagon zum Interims-Präsidenten (Morgan Freeman).

Monoton und brutal

Doch keine Sorge: Kann eine Handvoll Halunken das sicherste Gebäude der Welt stürmen – wenn das Kim Jong-un spitzkriegt! –, dann kann es ein Recke wie Mike auch solo wieder zurückerobern. Denn Mike ist Amerikaner, und Amerika ist halt das Beste! Oder wo sonst findet man eine wie Verteidigungsministerin Ruth McMillan? Von der ausser Rand und Band geratenen Oscar-Preisträgerin Melissa Leo gespielt, sorgt sie hier für die spassigsten Episoden: etwa wenn sie von den Terroristen durchs Weisse Haus geschleift wird und dazu in schönster Stallone-Manier ächzt: «Ich habe meine Treue auf die Flagge der Vereinigten Staaten von Amerika geschworen.» Mimisch monoton wie eh und je gibt sich derweil Butler, den uns Hollywood ums Verrecken als Superstar beliebt machen will. Ihm liegt mehr das Blutrünstige und Zerstörungswütige, womit er hier am richtigen Ort ist. Einmal droht er dem Ober-Schikaneur (Rick Yune), ihm ein Messer ins Hirn zu jagen – aber eben: Das Feine ist seine Sache nicht. Ist sie im Übrigen auch nicht von Antoine Fuqua, der aber immerhin einst «Training Day» und das Fast-Meisterwerk «Brooklyn’s Finest» drehte. Und ist sie sowieso nicht vom Drehbuchdebütanten-Ehepaar Katrin Benedikt und Creighton Rothenberger. Sie wollten einen Actionthriller nach Lehrbuch drehen – hantierten dabei aber wohl mit einer Auflage aus den Achtzigern. Das tun in letzter Zeit freilich ziemlich viele – siehe den jüngsten «Die Hard»-Erguss. Vielleicht macht es Roland Emmerich besser, wenn auch er demnächst das Weisse Haus attackiert. Schwierig wäre es ja nicht, allzu wahrscheinlich ists aber auch nicht.