Der King: Seinem Präsidenten stets zu Diensten

Die Komödie «Elvis & Nixon» schildert, wie es 1970 zu einem wahrhaft bizarren Treffen zweier Über-Berühmtheiten kam – eine trotz kurioser Besetzung enorm amüsante Sache.

 

von Sandro Danilo Spadini

Hollywood hats gerade wieder mal mit den Musikikonen: Durch die amerikanischen Kinosäle tourt derzeit Ethan Hawke als Chet Baker, tingelt Don Cheadle als Miles Davis und trampt Tom Hiddleston als Hank Williams. Alles gut und schön, gewiss, und im Grossen und Ganzen auch okay gemacht. Aber letztlich dann halt doch nichts gegen das, was Regisseurin Liza Johnson nun auffährt: Michael Shannon als der King höchstpersönlich; Hollywoods aktueller Psychopath vom Dienst also als Elvis Aaron Presley. Wie man auf so was kommt, ist natürlich fraglich, fragwürdig vielleicht sogar; und es ist nicht wenigen so sauer aufgestossen wie eine Wagenladung dieser Bananen-Erdnussbutter-Speck-Sandwiches, die der King so gemocht hat. Aber das eigentlich Verrückte daran ist: Es funktioniert. Es funktioniert hervorragend. Und das ist eine feine Sache auch für Michael Shannon, der sich zuletzt in «Midnight Special» und in «99 Homes» schon sachte von seinem Image zu lösen versucht hat.

«Ich will eine Dienstmarke»

Im Umkehrschluss bewirkt dieser Besetzungscoup freilich auch, dass man in «Elvis & Nixon» nicht die rationalste Version des King zu sehen kriegt. Aber das gebietet die halbwegs wahre Geschichte dieses in flüssigen 86 Minuten erzählten Films nun wirklich nicht. Es ist das die Geschichte hinter der meistnachgefragten Fotografie im Nationalarchiv in Washington: dem Bild mit dem Handshake zwischen Elvis und Präsident Richard Nixon, aufgenommen am 21. Dezember 1970 im Oval Office. Und es ist zunächst vor allem Elvis’ Show: die des einsamer werdende Menschen hinter der schmuckbehangenen Kunstfigur, der sich eines wirren Moments in seinem Fernsehzimmer mit der 45er in der Hand dazu berufen fühlt, als Undercoveragent zusammen mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten die Jugend vor dem allgegenwärtigen Elend zu erretten. «Krieg, Verbrechen, Drogen: Was wäre ich für ein Mann, wenn ich ihm nicht meine Hilfe anböte?», fragt er seinen Manager Jerry Schilling (Alex Pettyfer). Das Land versinke im Chaos, es gehe um die nationale Sicherheit, und ergo: «Ich will eine Dienstmarke.» Auf dem Weg dahin gibts als Zehrung dann bereits manch herrliches Schmankerl: ein Recontre mit einem Haufen Elvis-Imitatoren etwa, die denken, er sei einer von ihnen; der Hauptgang indes ist noch köstlicher: die Dynamik des Treffens mit dem erst noch kategorisch kritischen Nixon und die Vorbereitung darauf. Er solle ja die Finger von Nixons M&Ms lassen, wird Elvis da beschieden. Und das Dr. Pepper sei ebenfalls tabu. Die Knarre, die er als Präsent mitbrachte, hat er da schon dem Secret Service abgeben müssen. Ebenfalls draussen bleibt später beim legendären Treffen Jerry, der bei alldem als Vernunftsinstanz und Identifikationsfigur auftritt. Aus seiner Perspektive ist das alles zwar auch reichlich seltsam, selbst für Elvis-Verhältnisse; aber gerade seine geerdete Art ist es, die das Geschehen aus dem bloss Bizarren hebt und ihm die menschliche Note gibt. Ohne die macht es Regisseurin Johnson ohnehin nicht, wie schon ihr ziemlich zähes Drama «Hateship Loveship» zeigte. Und daselbst erfuhr man zudem, dass sie nicht mit Augenfutter zu geizen pflegt – wunderbar denn auch, wie sie hier den Bling der 70s zum Leuchten bringt! Was derweil fehlt: der Sound des King. Noch so eine kuriose Idee – und erneut eine goldrichtige.

Ein Fest der Schauspieler

Wie tauglich Shannon seinen abenteuerlichen Job erledigt, ist also bemerkenswert. Nicht minder erstaunlich ist es indes, wie mühelos die Besetzung der zweiten Hauptrolle hinhaut: wie nämlich Kevin Spacey seinen «House of Cards»-Fernsehpräsidenten abschüttelt und im Commander-in-Chief Nixon aufgeht. Er tut das wohl weniger überwältigend als damals Anthony Hopkins, dafür trotz komischer Überzeichnung weit präziser als unlängst Frank Langella; und er packt das in der charakteristisch gekrümmten Haltung, mit dem gefürchtet grantigen Grummeln und indem er Nixons Ticks, goddammit!, nicht ganz bis zum Letzten ausreizt und dem Mann so doch noch seine Würde belässt. Im finalen Tête-à-tête der beiden Giganten schwingt sich «Elvis & Nixon» mithin endgültig zum Spektakel der Schauspielkunst auf. Seine Story mag eine kurze sein, eine recht dünne auch. Aber es ist das eine derart farbenfrohe, wortgewandte, charmeoffensive, menschenmögende und zwerchfellreizende Angelegenheit, dass es eine Freude ohnegleichen ist.