Und ewig lockt das Internet-Weib

Regie, Skript, Hauptrolle: Im Erstling «Don Jon» versucht sich Joseph Gordon-Levitt halbwegs erfolgreich als eine Art pornosüchtiger Woody Allen im Proletenmilieu von New Jersey.

 

von Sandro Danilo Spadini

Nur wenige Dinge seien ihm wichtig, sagt der kernige Jon vorweg klipp und klar: Sein Körper. Seine Bude. Sein Schlitten. Seine Familie. Seine Kirche. Seine Kumpels. Seine Frauen. Seine Pornos. Und wichtig für die von Hauptdarsteller Joseph Gordon-Levitt ersonnene und inszenierte Geschichte von «Don Jon» ist vor allem Letzteres. Denn wohl betreibt dieser Tagedieb aus New Jersey das Frauenaufreissen quasi als Sport, was ihm auch den Übernamen «Don» eingebracht hat; doch wenn er wählen müsste, würde er immer den nackten Pseudotatsachen auf seinem Rechner den Vorzug geben. Und daran kann auch eine Scarlett Johansson nur bedingt etwas ändern. Sie lümmelt in Person der feuerrot gewandeten Barbara eines Abends in Dons Stammclub herum und lässt sich von dem Proleten im ärmellosen Ripshirt auch tatsächlich abschleppen; aber wiewohl der sie als «lupenreine 10» und «das Schönste, was ich je gesehen habe», taxiert, kann er einfach nicht von seinen Herrenfilmen lassen. Das findet sie, in deren rosalastigem Zimmer ein Bild von küssenden Schwänen und ein «Titanic»-Poster hängen, dann wiederum das «Ekelhafteste, was ich je gesehen habe». Und deshalb muss sich Jon nun entscheiden: die Miezen im Netz oder die Prinzessin im Bett?

Mit dem gebührenden Humor

Der Geschlechterkonflikt, den sich der 32-jährige Gordon-Levitt für seinen Regie- und Drehbucherstling ausgesucht hat, ist vielleicht nicht uralt; einen wenigstens flaumigen Bart hat er aber dennoch bereits. Wenig spritzig sind denn auch die mit einem Hang zum Absolutismus vorgebrachten Standpunkte: «Alle Männer schauen Pornos» und «Ich betrüge sich ja nicht», versteift er sich mit dröhnender Machostimme aus dem Off; «Igitt, igitt, igitt» und «Warum?» stehen ihr derweil übers ganze schöne schockierte Gesicht geschrieben. Und recht müssig ist diese immerhin mit dem gebührenden Humor angezettelte Debatte auch. Das umso mehr, als es einem eigentlich egal sein kann, ob Jon und Barbara ihr Glück finden werden. Denn zum Knuddeln sind sie beide nicht gerade. So ist er nebst seinen triebgesteuerten Sünden auch noch von Scheinheiligkeit beseelt – wähnt er sich doch im Reinen, wenn er brav wöchentlich sein voreheliches und autoerotisches Tun beichtet und die ihm auferlegten «Ave Maria» und «Vaterunser» mechanisch in der Muckibude runterbetet. Und sie entpuppt sich als reichlich manipulative Braut, die es «so sexy» fände, wenn er einen «richtigen Job» hätte, es aber ganz «unsexy» findet, dass er daheim selbst staubsaugt. Da dämmert es dann auch Don langsam, dass er längst Barbaras Schosshündchen ist und es sich kaum lohnt, sich ihretwegen derart zu kasteien. Zumal es da noch die schon etwas reifere Esther (Julianne Moore) aus dem Abendkurs gibt. Mit ihr kann Don immer besser und irgendwann gar so gut, dass sich ihm die Chance auftut, seine Sucht doch noch zu überwinden.

Der Trumpf liegt im Detail

Es ist nicht viel, was in «Don Jon» passiert, und das, was passiert, ist arg repetitiv: das Beichten in der Kirche, das Fluchen im Auto, das Sabbern vor dem Computer, das Beten im Fitnessstudio, das Labern am Familientisch. Spätestens im letzten Drittel wird diese Routine ermüdend. Gerade auch, weil sich da trotz auf einmal ernsteren Tönen abzeichnet, dass die Geschichte im Banalen und zwischen den Genres hängen bleiben wird: So ist «Don Jon» als Komödie letztlich zu wenig lustig, als Drama aber zu wenig emotional. Seinen unbestrittenen Reiz bezieht der Film auch nicht aus dem Bombardement an Klischees des italienisch-katholischen Milieus von New Jersey, der Bellorgie mit über 120 F-Wörtern oder dem Bildersturm aus nackten Brüsten. Nein, der Trumpf liegt im Detail: wenn in Dons Proloschlitten der Rosenkranz baumelt etwa. Oder wenn der Pfarrer dank Pornoabstinenz die Busse auf fünf Gebete reduziert. Wenn Anne Hathaway und Channing Tatum einen Gastauftritt haben. Wenn Dons Schwester (Brie Larson) in jeder ihrer Szenen am Handy klebt. Oder immer wenn Dons Vater (Tony Danza) auftaucht. All das und das mimische Vermögen der Stars aufsummiert, ergibt dann doch noch ein achtbares Debüt. Ein bisschen wie bei Woody Allen ist das sogar, einfach ungleich rustikaler.