Schlangen im Garten Eden

«Trainspotting»-Regisseur Danny Boyle verfilmte Alex Garlands Kultroman «The Beach». Obschon er die Brillanz der Romanvorlage bei Weitem nicht erreicht, gelang ihm ein in erster Linie optisch überwältigender Film.

 

von Sandro Danilo Spadini

Was ist bloss dran an diesem Mann? An dem hübschen Gesicht allein kann es nicht liegen, dass ein Regisseur wie Martin Scorsese um jeden Preis mit ihm zusammenarbeiten wollte (und dies demnächst für den Film «Gangs of New York» auch tun wird). Viel wahrscheinlicher ist, dass auch Scorsese aufgefallen ist, dass Leonardo DiCaprio ein ungemein talentierter Schauspieler ist. Zuletzt gezeigt hat er dies mit seinem herrlich selbstironischen Kurzauftritt in Woody Allens Satire «Celebrity». In Danny Boyles neuem Film «The Beach» schickt sich der 25-jährige nun an, sein Können aufs Neue unter Beweis zu stellen. DiCaprio spielt den amerikanischen Rucksacktouristen Richard, der in Thailand von einem völlig durchgeknallten Typen (grandios: Robert Carlyle) eine Karte erhält, auf welcher der Weg zu einer gänzlich unberührten Insel eingezeichnet ist. Mit seinen französischen Ferienbekanntschaften Etienne und Françoise begibt sich Richard auf die Suche nach diesem mysteriösen Ort. Am Ziel angekommen erwartet sie ein wahrhaftes Paradies auf Erden, in welchem eine Schar von Abenteurern im Stile einer Hippiekommune haust. Nach anfänglicher Idylle verwandelt sich jedoch dieser vermeintliche Garten Eden bald in einen wahren Sündenpfuhl, wo zwischenmenschliche Konflikte unweigerlich den Weg in die Katastrophe ebnen.

Gescheiterte Romanverfilmung

«The Beach» ist die Verfilmung von Alex Garlands gleichnamigem Kultroman. Regisseur Danny Boyle hält sich allerdings nicht strikt an die Romanvorlage und beraubt so die Geschichte leider seiner interessantesten Aspekte. Während in Garlands Meisterwerk beispielsweise Richard ebenso heimlich wie vergeblich um die atemberaubende Françoise wirbt, erliegt die junge Französin in der Filmfassung schon recht bald seinem Charme. Dies ist wohl als Zugeständnis an das Sexsymbol DiCaprio zu werten. Die Produzenten waren offensichtlich der Meinung, dass ein Mann mit seinem Aussehen keine Mühe haben dürfte, die Frau seines Herzens zu erobern. Auch der weitere Handlungsablauf wird von Boyle äusserst frei interpretiert, ohne dabei zu irgendeiner Zeit die dramaturgische Stärke und die psychologische Tiefe des Buches zu erreichen.

Visuell herausragend

Ist «The Beach» als Romanverfilmung also gescheitert, so ist er als Film an sich gleichwohl ein vor allem visuell überwältigendes Ereignis. Den widrigen Produktionsbedingungen zum Trotz (inklusive Morddrohungen seitens radikaler Umweltschutzorganisationen) schuf Boyle einen packenden, rasanten Abenteuerthriller. Skurrile Einfälle, wie man sie in  «Trainspotting» gesehen hat, eine grandiose Kameraführung sowie ein fantastischer Soundtrack tragen ihrem Teil dazu bei, dass «The Beach», sieht man ihn losgelöst vom Roman, ein ganz wundervoller Film geworden ist. Und das Wiedersehen mit Leonardo macht in jedem Fall Spass.