von Sandro Danilo Spadini
Die Ouvertüre hat es in sich: Nach einem philosophischen Exkurs über den Realitätsgehalt von Hollywood-Filmen, vorgetragen von Gabriel, einem skurpellosen, mysteriösen Superterroristen, fliegen
die Fetzen. «Swordfish», der neue Actionthriller von Regisseur Dominic Sena («Kalifornia»), eröffnet mit einer Explosionsszene, wie man sie dergestalt noch nicht im Kino gesehen hat. Neue
Massstäbe für das Actionkino wollte Sena mit dieser Szene setzen. Sage und schreibe 135 Kameras setzte er ein – das Ergebnis ist beeindruckend, das Attribut revolutionär drängt sich geradezu auf.
Sena macht mit seiner Eröffnungssequenz sogleich deutlich, was bei «Swordfish» auf dem Programm steht: rasende Action, gefilmt in hochgradig stilisierter Hochglanzästhetik mit den Techniken des
Videoclips, grösser, schneller, explosiver, untermalt von lauter, elektronischer Musik, eingerahmt von schönen Menschen in schicker Designerkleidung, teuren technischen Spielzeugen und coolen
Sprüchen. Modern ist «Swordfish», sehr modern.
Auch hinsichtlich der Handlung bewegt er sich auf der Höhe der Zeit – ab einem gewissen Punkt allerdings eher unfreiwillig: Ein weltbekannter Hacker (Hugh Jackman) soll für den undurchsichtigen
Gangster Gabriel (John Travolta) an über neun Milliarden Dollar, die auf geheimen Konten der Regierung schlummern, herankommen. Verwendungszweck des Geldes: Kampf für den Schutz Amerikas vor dem
internationalen Terrorismus. Die Waffe in diesem Kampf: Terrorismus.
Richtige Richtung
Terrorismus, Explosionen und Fragen der nationalen Sicherheit: Eigentlich sollte «Swordfish» ja schon früher ins Kino kommen, der Starttermin wurde jedoch aus verständlichen Gründen verschoben.
Für John Travolta, seit seinem inzwischen bereits legendären Auftritt in «Pulp Fiction» der Mr. Cool von Hollywood, hätte der Film der Wendepunkt seiner wieder einmal ins Schlingern geratenen
Karriere bedeuten sollen. Der ganz grosse kommerzielle Wurf ist ihm zumindest in den USA freilich nicht gelungen. Auch Regisseur Dominic Sena befand sich – allerdings eher künstlerisch – vor
«Swordfish» an einem kritischen Punkt. Hatte er mit seinem Debüt «Kailfornia» noch allenthalben Lob geerntet, war dann sein letzer Film, «Gone in Sixty Seconds», in welchem mehr oder weniger
nichts anderes geschieht, als dass reihenweise schnittige Luxusautos zu Schrott gefahren werden, exakt selbiges: Schrott. Mit «Swordfish» ist ihm wieder ein kleiner Schritt in die richtige
Richtung geglückt.
Oberfläche zählt
«Swordfish» ist beileibe kein Meisterwerk des Actionkinos, doch vermag der Film dank einigen raffinierten, zum Teil ziemlich verblüffenden Wendungen in seiner nicht übertrieben logischen Handlung
durchaus zu fesseln. Senas furiose, gehetzte und mitunter etwas gar dick aufgetragene Inszenierung garantiert überdies den einen oder anderen Adrenalinstoss. Eine allzu komplexe
Auseinandersetzung mit den behandelten Themen bietet Sena jedoch nicht – will er auch nicht, muss er auch nicht. «Swordfish» ist technisch perfektes Actionkino, und als solches funktioniert er
einwandfrei. Bei «Swordfish» glänzt die Oberfläche, er glänzt durch die Oberfläche, und er bleibt konsequent an der Oberfläche.