Das Skurrile im Normalen

 

von Sandro Danilo Spadini

Flotte und hintersinnige Unterhaltung in Loriot-Manier bietet das Spielfilmdebüt des jungen deutschen Regisseurs Ingo Rasper um eine vertrackte Vater-Sohn-Beziehung. Grossartig ist der aus der «Polizeiruf 110»-Reihe bekannte Edgar Selge als Familienoberhaupt an der Grenze des Erträglichen und am Rande des Nervenzusammenbruchs. Der von ihm mit konsequenter Charmelosigkeit verkörperte Wolfgang Zenker ist nicht nur Vertreter für Damenoberbekleidung, sondern auch Repräsentant des deutschen Klein- und Spiessbürgertums, über dessen Macken sich der Film mit Lust, aber ohne herablassend-intellektuellen Ton zu mokieren weiss. Den bald schelmischen, bald verdutzten Blick von aussen auf die Welt des modischen Grauens und des von nervöser Verzweiflung und verbissenem Konkurrenzdenken geprägten Vertreterdaseins gewährt uns Rasper durch die Augen von Wolfgangs Sohn Karsten (Florian Bartholomäi), der höchst widerwillig seinem Papa unter die Arme greifen muss, als dieser seines Führerscheins verlustig geht. Anstatt seinen Spanien-Sprachaufenthalt anzutreten, muss der sensible Junge den selbstsüchtigen Alten zwecks Kundenfang nun durch die Gegend kutschieren und wird dabei Zeuge zusehends brenzligerer Situationen, die Rasper so unbarmherzig wie die Coen-Brüder für seinen jeweils gnadenlos schlecht aussehenden Helden kreiert. Erfreulicherweise wird dabei kaum auf Klamauk und selten auf Slapstick gesetzt; beim Aufspüren des Skurrilen im Normalen kommt der staubtrockene Humor mal in Form von schneidigem Wortwitz, mal im Zuge von lässiger Situationskomik, mal in Person von wunderbar kauzigen Nebenfiguren vielmehr durch die Hintertür. Und im freilich etwas zu konventionell geratenen Finale, wenn alle Hauptfiguren ihre Lektion fürs Leben gelernt haben, beweist die Regie schliesslich doch noch, dass sie das Herz am rechten Fleck hat. Wenn es so etwas gibt und es kein Widerspruch in sich ist, dann ist «Fashion Victims» typisch deutscher Humor im besten Sinne.