Geständnisse eines Scheidungsanwalts

George Clooney und Catherine Zeta-Jones trumpfen in der Screwball-Komödie «Intolerable Cruelty» der Gebrüder Coen als schillerndes, scharfzüngiges und trickreiches Traumpaar auf.

 

von Sandro Danilo Spadini

Er ist wohlhabend, ungeheuer gut aussehend, und er ist der Beste seines Fachs: Miles Massey (George Clooney) ist der Scheidungsanwalt, dem nicht nur die Frauen vertrauen. Zu seiner Klientel gehört alles, was in Los Angeles Rang und Namen und ein Eheproblem hat. Miles ist ein Profi durch und durch, der ziemlich hart zur Sache gehen kann. Dank seines taktischen Geschicks kann es durchaus vorkommen, dass selbst Ehefrauen von in flagranti ertappten Schürzenjägern am Ende mit leeren Händen dastehen und sich ein sicher geglaubtes Leben in finanzieller Unabhängigkeit und ohne den abgehängten Gatten abschminken können. Auch Marylin Rexroth (Catherine Zeta-Jones) kann ein traurig Lied über dergestalt durch die Lappen gegangenen Luxus singen, hat aber unmittelbar nach ihrem K.o. im Ring des Gerichtssaals durch den smarten Junggesellen bereits eine neue Melodie im Kopf, die da lautet: «Scheidungsanwälte küsst man sehr wohl». Es bedarf dem durchtriebenen Vamp keiner allzu grossen Mühe, den vom Erfolg allmählich gelangweilten Miles um den Finger zu wickeln und schliesslich vor den Traualter zu schleppen, womit der Kampf der Geschlechter aber noch keineswegs entschieden wäre.

Schwarz, aber nicht tiefschwarz

Mit «Intolerable Cruelty» legen Joel und Ethan Coen ihr zehntes und bislang mit Abstand kommerziellstes und konventionellstes Werk vor. Ursprünglich sollten die beiden bloss das Drehbuch liefern, welches dann unter Beteiligung des für gewöhnlich eher für Seichtes verantwortlich zeichnenden Autorenduos Robert Ramsey/Matthew Stone entstand. Die in dieser Form ungewohnten Einflüsse von aussen – ihr Skript zu «The Hudsucker Proxy» war bis dato das einzige, das nicht im Alleingang entstand, wobei mit Sam Raimi allerdings ein Gleichgesinnter assistierte – haben sich jedoch weniger belebend als vielmehr zähmend ausgewirkt. Der typische «Coen-Touch» ist zwar zweifellos noch vorhanden, die geist- und witzreichen Rededuelle werden wohl mit spitzer Zunge vorgetragen und für ihre oft tollpatschigen Figuren halten deren Väter auch dieses Mal allerlei Gemeinheiten bereit, doch der gewiss hochklassigen, glatten Hochglanz-Inszenierung mangelt es an jener Atmosphäre und jener spielerischen Extravaganz, welche die bisherigen Coen-Filme auch optisch so einmalig und unverwechselbar gemacht haben. Der Humor mag schwarz sein und sich vom Humor herkömmlicher romantischer Komödien abheben, aber er ist nicht mehr schwarz wie die Mitternacht der mondlosen Nacht, wenngleich ein gewisser Herr mit Asthmaspray für den wohl fiesesten und denkwürdigsten Lacher der jüngeren Filmgeschichte sorgt.

Nette, kleine Fingerübung

In dem auch in den Nebenrollen etwa mit Geoffrey Rush und Billy Bob Thornton schillernd besetzten Darsteller-Ensemble sucht man überdies vergeblich nach den üblichen Coen-Verdächtigen. Gleichwohl ist ein ganz ansehnliches Skurrilenkabinett zu Stande gekommen. Perfekt ist die Besetzung der Hauptrollen: Derweil Clooney seinen eitlen, eloquenten Gecken aus «O Brother, Where Art Thou?», seiner ersten Zusammenarbeit mit den Coens, gleichsam weiterentwickelt und sich erneut als begnadeter Komiker beweist, versprüht seine zum Verzweifeln schöne Gegenspielerin Zeta-Jones exakt den Glamour, auf den die gesamte Inszenierung abzielt. Das von unverbrauchter Starpower, unterschwelliger Erotik und unnachahmlicher Nonchalance getragene Zusammenspiel der beiden erinnert an die Chemie zwischen den unsterblichen Traumpaare der grossen, alten Hollywood-Zeit, aus welcher auch der Film stammen könnte. Denn «Intolerable Cruelty» ist im Grunde eine altmodische, zuweilen bissige, zugleich aber harmlose Screwball-Komödie im Stile längst vergangener Kinotage, der es mit unbeschwerter Leichtigkeit gelingt, jederzeit auf hohem Niveau zu unterhalten. Für Könner vom Kaliber der Coens ist ein solcher Film letztlich aber lediglich eine nette, kleine Fingerübung, die selten an die Klasse früherer Werke heranreicht. Der Weg Richtung Mainstream dürfte für die kreativen Brüder aus Minneapolis indes weitergehen, wird doch in ihrem nächsten Projekt, dem Remake des 1955er-Hits «The Ladykillers», kein Geringerer als Tom Hanks in der Hauptrolle zu sehen sein.