Booksmart

 

Diese Highschool-Komödie ist dermassen smart, dass sie es sogar auf die Jahresbestenliste von Barack Obama geschafft hat. Und weil es mit smart allein noch nicht getan ist, wie hier unsere beiden Heldinnen recht schnell lernen, sei noch dies gesagt: Zum Schreien lustig ist das Regiedebüt der Schauspielerin Olivia Wilde («House M.D.») auch noch. Ein präsidiales Lob und ein geradezu universelles von (amerikanischer) Kritikerseite holt man sich freilich nicht ab, wenn man «bloss» auf kluge Art komisch ist – wenn man also wie Wilde in «Booksmart» so clever an den altbewährten Genreformeln dreht und schraubt, dass sie zwar noch wie eh und je funktionieren, gleichzeitig aber auch frisch wirken. Was es ferner braucht, um es zur Sensation zu bringen, ist Zeitgeist – und zwar den richtigen, namentlich jenen, der das Inklusive und Progressive in Regenbogenfarben abfeiert und wach oder halt wachsam, «woke» jedenfalls eine Hymne auf die «Diversity» schmettert. Wer jetzt aber meint, diese beste Coming-of-Age-Komödie der letzten Jahre operiere darob mit Samthandschuhen oder sei gar politisch korrekt, der irrt gewaltig. Vielmehr nimmt sich Wilde hier den alten Harald-Schmidt-Leitsatz zu Herzen, dass auch Minderheiten ein Recht darauf haben, verarscht zu werden. Die Frage ist einfach, wie man das tut. Und Wilde tut es eben auf die richtige Art, wenn sie wie die Highschool-Klamotten aus den seligen Achtzigern zwar auch stereotype Figuren, ja absolute Klassiker des Genres paradieren lässt, diesen aber doch den einen entscheidenden Drall gibt, damit sie nicht auf altbackene und heutzutage nun wirklich nicht mehr zulässige Weise beknackt wirken.

Alles andere als beknackt sind auch die angesprochenen Heldinnen von «Booksmart»: die superschlaue und sehr ehrgeizige übergewichtige Jahrgangssprecherin Molly (Beanie Feldstein) und die ähnlich helle und fast so eifrige lesbische Entwicklungshelferin in spe Amy (Kaitlyn Deaver). Molly und Amy sind beste Freundinnen wie aus dem Bilderbuch – und zwar nur beste Freundinnen und nicht etwa «spezielle» Freundinnen, wie Amys Jesus liebende Eltern (Lisa Kudrow und Will Forte) in toleranter Kenntnis der sexuellen Ausrichtung ihrer Tochter meinen. Was Molly und Amy auch sind: neunmalkluge Nervensägen und ziemliche Langweilerinnen, deren grösster Highschool-Unfug es war, sich einen gefälschten Ausweis zu besorgen – um sich damit in der Bibliothek austoben zu können. Ein Problem haben die beiden mit ihren ausbaufähigen Popularitätswerten indes nicht, jedenfalls so lange nicht, bis sie merken, dass es auch die Partykids an die Eliteuniversitäten geschafft haben und dass die ganze Streberei am Ende vielleicht ein bisschen übertrieben war. Und so wollen es Molly und Amy nun, am Abend vor der Diplomfeier und mithin im letztmöglichen Moment, doch noch wissen und einen draufmachen. Aber wie das eben so ist, wenn zwei Unbedarfte zum Zechen in die Nacht ziehen, sind die Fallstricke nicht weit und die Missgeschicke zahlreich. Und von den Erwachsenen – dem Lyft fahrenden Rektor (Jason Sudeikis) etwa oder der Teenie-affinen Lieblingslehrerin (Jessica Fine) – sind jetzt auch nicht unbedingt die ganz gescheiten Lebenshilfen zu erwarten. Zum Glück nicht, kommen so doch letzten Endes nicht nur Molly und Amy in dieser im besten Sinn turbulenten Nacht voll amouröser, narkotischer und verkehrstechnischer Irrungen auf ihre Kosten, sondern auch wir, die uns eine gewisse Sehnsucht nach Filmen wie «Fast Times at Ridgemont High» oder «Sixteen Candles» umtreibt. Denn was Wilde hier veranstaltet, erinnert doch weit mehr an diesen irrwitzigen Klamauk von anno domini als an die ungleich brachialeren pubertären Zoten von neuzeitlichen Genreerfolgen wie «Superbad» oder «Project X». Und etwas Wichtiges ist eingangs noch untergegangen ob all des smarten und witzigen Zeitgeists: Dieser Film, der die Sorgen seiner jungen Heldinnen gebührend ernst nimmt und mit zwei auf wunderbare und wundersame Weise harmonierenden Miminnen ein dezent feministisches Fest der Freundschaft feiert, hat das Herz am richtigen Fleck. Gut möglich, dass es das war, was Barack Obama am meisten gefallen hat an «Booksmart».