Kinder filmen sich an die Macht

Die britische Komödie «Son of Rambow», Publikumsliebling am diesjährigen Filmfestival in Locarno, bietet leichte und bisweilen auch seichte Unterhaltung mit bekannten Mustern.

 

von Sandro Danilo Spadini

In Locarno scheinen sie Komödien britischer Provenienz derzeit besonders gern zu haben. So hat wie schon im Vorjahr auch heuer an den dortigen Filmfestspielen ein Schmunzelstück von der Insel den Publikumspreis ergattern können – und wie schon im Falle von «Death at a Funeral» sieht es auch bei «Son of Rambow» von Garth Jennings («The Hitchhiker’s Guide to the Galaxy») verdächtig danach aus, dass dies zuallererst auf einen eklatanten Mangel an Konkurrenz zurückgeführt werden muss. Denn wohl handelt es sich hierbei um gepflegt gestaltetes, süffig amüsierendes Kino für jedermann; doch dass die Macher dieses eben gewiss liebenswerten und -würdigen Klamauks da im Sommer ein mit siegreichem Lorbeer umwundenes Haupt in die Höh recken durften, ist dann vielleicht doch ein bisschen viel der Ehre – insbesondere eingedenk inszenatorischer Mankos wie des ausbaufähigen Timings und von Drehbuch-Makeln wie der für das britische Unterhaltungskino ohnehin lamentabel üblichen Exklusiv-Verwendung von Stereotypen.

Zwei ungleiche Knirpse

Auf ziemlich zertrampelten Pfaden wandelt da dieser Sohn von Rambow – und dazu noch auf einem Seitensträsschen, das allmählich so bevölkert ist wie der Jakobsweg. Was es zu bedeuten hat, dass sich jüngst immer mehr Kinoschaffende auf die Metaebene verpflanzt und Filme übers Filmemachen gedreht haben, sei mal dahingestellt. Klar ist jedenfalls, dass darunter kein «Otto e mezzo» war. Anthony Hopkins hat mit seinem Regiedebüt «Slipstream», ein ganz vertracktes Stück Kopfkino, zwar einen auf Fellini gemacht; doch war das Ganze am Ende dann doch kaum der Rede wert. Andere, wie die deutsche Produktion «Pornorama», der Jeff-Bridges-Schwank «The Amateurs» oder Michel Gondrys «Be Kind Rewind», suchten derweil den Tücken und Freuden des (amateur-)filmischen Schöpfungsakts mit komödiantischen Mitteln beizukommen und erzeugten so immerhin Nettes. Gleiches lässt sich auch über «Son of Rambow» sagen. Hier sind es zwei ungleiche Knirpse, die ihre Liebe zum Kino entdecken und diese mit Kamera und Kostümen ausleben. Dem von den Erziehungsberechtigten grob vernachlässigten Teufelskerl-Satansbraten Lee (Will Poulter) und dem strengstens religiös erzogenen Aussenseiter Will (Bill Milner) hat es dabei vor allem der Einzelkämpfer Rambo angetan, dem sie fantasiebegabt und unter Geheimhaltung vor den autoritären Instanzen eine filmische Hommage erschaffen. Gerade für Will, der wegen strikten mütterlichen Fernsehverbots während der Vorführungen von Lehrfilmen jeweils das Schulzimmer verlassen muss, kommt das cineastische Erwachen einer eigentlichen Erweckung gleich. Als sich sein filmisches Tun auf dem Pausenhof herumspricht, bedeutet dies für ihn einen Popularitätsschub und letztlich sogar den sozialen Aufstieg – während der zuvor noch klar profiliertere Lee darob jäh im Abseits steht.

Dürre Liebeserklärung

Wie sich die Zieleinfahrt von «Son of Rambow» gestaltet, braucht wohl nicht ausformuliert zu werden. Doch schon davor ist der Überraschungsgehalt gering – auch in der mal hübsch detaillierten, mal lässig ungenauen Illustration der dem Film den Rahmen gebenden Achtzigerjahre. Regisseur Jennings variiert hier im Grunde nämlich bloss die klassischen Themen von Erwachsenenfilmen und sendet dergestalt die ewigen Binsenweisheiten aus: Ruhm hat seinen Preis, Isolation ist schlecht, die richtigen Freunde sind die wichtigen usw. Derlei garantiert natürlich leichte und bisweilen eben auch seichte Unterhaltung sowie Akzeptanz bei einem breiten Publikum mit einem Ulk, der gerade so frech ist wie Kaugummi stibitzende Springinsfelde. Anarchische Elemente, wie sie die sich ebenfalls ums Filmemachen drehenden aktuellen Streifen von Ben Stiller («Tropic Thunder») und Kevin Smith («Zack and Miri Make a Porno») auszeichnen, sind so indes per se ausgeschlossen. Das geht selbstredend in Ordnung, haben sich doch Jennings und Co. halt nicht dem Rabaukentum verschreiben wollen. Dass aber die Liebeserklärung ans Kino mangels Authentizität und aufgrund des weitgehenden Verzichts auf Satirisches oder süffisante Filmzitate letztlich etwas dürr ausfällt, ist dann schon ein wenig schade.